Während des Lockdowns im Frühling überraschte die riesige Nachfrage praktisch über Nacht viele Betreiberinnen und Betreiber von Hofläden. Nicht immer war genügend Nachschub an Produkten da und die Umsetzung und Gewöhnung an Schutzkonzepte brauchte etwas Zeit.
Besser vorbereitet in die zweite Welle
So erging es auch Christine Burren, die gemeinsam mit ihrem Mann den bedienten Hofladen «Burrens Burehofmärit» im bernischen Liebewil betreibt. «Der Kundenansturm im März war enorm. Wir mussten damals viel improvisieren. Dieses Mal sind wir viel besser vorbereitet», sagt Christine Burren.
Der erneute Anstieg der Kundschaft um bisher zirka 20% habe sich gleichzeitig mit der Einführung der Maskenpflicht im Kanton Bern bemerkbar gemacht. Ab diesem Zeitpunkt kauften die Hofladen-Kundinnen und -Kunden zudem pro Einkauf ebenfalls etwa 20% mehr Produkte ein als in «Normalzeiten», hat die junge Direktvermarkterin festgestellt.
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Effekt auch in der Romandie
Ennet dem Röstigraben in Ecublens zwischen Morges und Lausanne im Kanton Waadt stellen Bäuerinnen und Bauern den Effekt der Corona-Massnahmen auf Hofläden, ebenfalls festgestellt. Mireille Ducret betreibt auf dem Betrieb «La ferme des huttins» einen Selbstbedienungs-Hofladen. «Die Corona-Massnahmen des Kantons Waadt, aber auch der ernste Ton der Staatsräte sowie die Berichte in den Zeitungen lassen die Menschen wieder vermehrt in den Hofläden einkaufen», sagt sie.
Auch Mireille Ducret und ihr Team sind aktuell viel besser auf die höheren Kundenzahlen vorbereitet als noch im März. «Es läuft um einiges besser als im Frühling. Wir haben uns mittlerweile so organisiert, dass alles reibungslos klappt», sagt sie.
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Nachfrage nach Eiern steigt wieder
«In unserem Selbstbedienungs-Hofladen stellen wir bis jetzt keinen so grossen Kundenansturm fest wie bei der ersten Welle», sagt Aline Gerber vom «Hof am Stutz» in Kaufdorf BE. sie. Eine leichte Steigerung lasse sich ebenfalls feststellen und sie gehe davon aus, dass die Nachfrage nochmals steigt. «Die Nachfrage nach Eiern ist jedenfalls wieder um einiges höher als noch während der Herbstferien», sagt Aline Gerber.
Die gleiche Menge Kabis verkauft
Erstaunt gewesen sei sie, dass bei der diesjährigen «Chabis-Imachet» in der Thurnen Sauerkraut AG in Mühlethurnen wieder die gleich hohe Menge Kabis bezogen worden sei wie im Vorjahr. Die diesjährige «Chabis-Imachet» musste nämlich coronabedingt ohne Festwirtschaft über die Bühne gehen. «Anscheinend ist die Nachfrage oder das Bedürfnis der Menschen nach Kabis so gross, dass sie gerne bereit sind Einschränkungen wie die Maskenpflicht oder das Fehlen der Festwirtschaft in Kauf zu nehmen», sagt Aline Gerber.
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Gut eingerichtet dank der ersten Welle
Die Tatsache, dass alle drei Hofladen-Betreiberinnen bereits mit einer möglichen zweiten Welle und einem nachhaltig etwas höher bleibenden Kundenvolumen seit dem Lockdown gerechnet hatten, hat es für sie leichter gemacht, sich auf die erneut steigende Nachfrage einzustellen.
«Wir hatten bereits im Frühling aufgrund des Schutzkonzeptes das Gemüse in einen anderen Bereich ausgelagert. So konnten wir mehr Platz für ein grösseres Angebot, aber auch für unsere Kundschaft schaffen», sagt Christine Burren. «Die neue Aufteilung und eine zweite Waage ermöglichen uns, in Zeiten mit hohem Andrang – also vor allem Freitag und Samstag – zu zweit oder gar zu dritt zu bedienen», sagt sie.
Zudem würden sie ihre Kundschaft via Website jeweils darum bitten, falls möglich auch unter der Woche einzukaufen, damit sich der Ansturm besser verteilt. Das habe insbesondere im Lockdown recht gut funktioniert habe, so Burren.
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Nach wie vor ist es für alle Hofläden eine grosse Herausforderung, immer ausreichend Produkte vorrätig zu haben. Oft ist die Nachfrage nach gewissen Lebensmitteln schwierig voraussagbar.
Aline Gerber kann davon ein Lied singen, sind doch ihre Legehennen im Frühling kaum noch mit dem Eierlegen nachgekommen. Auch Mireille Ducrets Hühner konnten nicht so viel legen, wie hätte verkauft werden können. «Die Nachfrage nach Eiern ist schlichtweg explodiert. Dasselbe stellten wir bei den Kartoffeln fest», sagt sie. Der Rest sei schwierig zu vergleichen, dann jetzt sei das Angebot an Gemüse und Früchten viel kleiner als im Frühling.
Im Hofladen von Christine Burren erfreuten sich in der ersten Welle vor allem Kartoffeln, Mehl, Joghurt, Brot, Fleisch und insbesondere Gemüse grosser Beliebtheit. In der Zeit zwischen erster und zweiter Welle habe sich die Nachfrage wieder etwas ausgeglichener gezeigt.
Aktuell sind Kartoffeln und Fleisch der Verkaufshit
«Jetzt in der zweiten Welle werden vor allem Kartoffeln und Fleisch in grossen Mengen gekauft», sagt Christine Burren. Sie und ihr Team kaufen den Grossteil des Gemüses für den Hofladen aus dem Seeland zu, da die eigene Produktion nicht ausreichen würde, um die grosse Nachfrage zu decken. «Wir holen zweimal pro Woche Nachschub. Es ist wichtig, dass man die Ware dahat, die gefragt ist», weiss sie aus Erfahrung. Auch bei Milch und Joghurt müssten sie stets auf der Hut sein, damit es genügend Produkte an Lager habe, wenn die Leute in den Laden kommen. «Langsam können wir etwas besser einschätzen, wann welche Produkte besonders gefragt sind», sagt sie.
Die meistem kamen nicht wieder
Grundsätzlich haben alle drei Hofladen-Betreiberinnen ein leichtes und teilweise auch nachhaltiges Umdenken bei der Kundschaft feststellen können. «In der Zeit des Lockdowns kamen aber auch immer wieder Leute rein aus Neugierde im Hofladen vorbei, oder weil sie gerade Zeit hatten. Von ihnen sind die meisten nicht wiedergekommen», sagt Mireille Ducret. Das sei normal und verständlich.
Sie habe insbesondere in der Zeit des Lockdowns viele bestehende und neue Kundinnen und Kunden von der Qualität und Frische ihrer Produkte überzeugen können. Und vom Preis, der nicht höher sei als in Supermärkten. Zudem würden viele Menschen den persönlichen Kontakt mit den Produzenten sehr schätzen.
Das Virus steuert die Kundschaft
«Viele unserer Kundinnen und Kunden ist der Vorteil von ‘manger local’, also vom lokalen einkaufen und konsumieren, noch stärker bewusst geworden», sagt Mireille Ducret.
Doch grundsätzlich lasse sich bei ihrem Hofladen folgender Mechanismus feststellen: Ist das Virus sehr präsent, kommen die Leute verstärkt in die Hofläden, zieht sich das Virus etwas zurück, kommen viele Menschen nicht mehr in den Hofladen – bis das Virus wieder präsenter wird.
Wie steht es mit der Umsetzung der Schutzkonzepte?
Christine Burren: Wir mussten unser Schutzkonzept für die zweite Welle noch einmal etwas anpassen. Im Frühling hatten wir durch das Auslagern des Gemüses vor allem mehr Platz geschaffen und darauf hingewiesen, dass sich im Laden maximal 3 Kunden gleichzeitig aufhalten dürfen. Zudem stellen wir unserer Kundschaft bei beiden Ladenteilen Desinfektionsmittel zur Verfügung. Seit der Einführung der Maskenpflicht im Kanton Bern haben wir in beiden Ladenteilen je eine Plexiglasplatte aufgehängt. Und neu ist, dass wir als Verkaufspersonal immer Maske tragen im Laden.
Aline Gerber: Ich denke, dass sich die Leute in der Zwischenzeit an Hygiene-Konzepte gewöhnt haben. Deshalb klappt das auch gut. Ich kann mir vorstellen, dass die Leute in der zweiten Welle nicht mehr so panisch sind wie im Lockdown. Und vielleicht auch, dass manche, die im Lockdown in Hofläden eingekauft haben, in der zweiten Welle trotzdem weiterhin in Supermärkten ihre Lebensmittel holen, da diese mittlerweile ja viel bessere Schutzkonzepte haben als noch im Frühling.
Mireille Ducret: Wir haben gleich mit Beginn des Lockdowns ein Schutzkonzept umgesetzt und Hygienemassnahmen eingeführt. Dieses haben wir auch in der Zeit weitergeführt als die Coronazahlen wieder etwas rückläufig waren.