Es brutzelt und zischt, vom Grill steigt der Duft von grilliertem Fleisch, obwohl das Produkt gar nicht aus Fleisch besteht: Die neuen pflanzlichen Burgeralternativen kommen nicht nur optisch wie echtes Fleisch daher, sie schmecken auch fast wie Burger aus echtem Hackfleisch und fühlen sich auch auf der Zunge beinahe so an. Beispiele dafür sind die Burger von Beyond Meat, von der Nestlé-Marke Garden Gourmet oder von der zur Coop-Tochter Bell gehörenden Marke Green Mountain.
Warum es immer mehr Fleischalternativen gibt beziehungsweise braucht, lasse sich mitunter mit der Marktwirtschaft erklären, erklärt Danielle Cotten von Swissveg. Die Interessenvertretung der Vegetarier und Veganer vergibt unter anderem das gelbe V-Label in der Schweiz an die Hersteller. Veganismus sei mehr als nur ein Trend und «bietet einen Markt, der noch in den Anfängen steht und mit dem sich Geld verdienen lässt», so Cotten.
Der Vegi-Trend hat viel Potenzial
Das Potenzial solcher Fleischalternativen ist in der Tat riesig, wie das Beispiel des US-amerikanischen Unternehmens Beyond Meat zeigt. Nach einem fulminanten Börsenstart im Mai 2019 stieg der Kurs vom Ausgabepreis von 25 US-Dollar innert weniger Wochen auf 240 US-Dollar an. Obwohl die Euphorie inzwischen wieder etwas abgeflacht ist, liegt die Aktie derzeit bei 135,03 US-Dollar. Das 2009 gegründete Unternehmen ist damit gut ein Jahr nach Börsenstart rund 8,4 Milliarden Dollar wert.
Gemäss Expertenschätzungen geht es für den Fleischersatz-Markt in nächster Zeit weiter steil bergauf. Bis 2025 prognostiziert die UBS der Branche eine jährliche Wachstumsrate von 30 Prozent. Bis dann soll die Marktdurchdringung der Pflanzenfleischindustrie rund 2,5 Prozent des gesamten Fleischkonsumvolumens entsprechen und der Markt 50 Milliarden US-Dollar erreichen.
Noch mehr vegane Produkte
Auch die Migros möchte sich ein weiteres Stück dieses Kuchens abschneiden und lanciert eine neue Eigenmarke mit Fleischalternativen: Unter dem Namen «V-Love» verkauft die Detailhändlerin ab sofort vegane Burgerpatties, Bratwürste und Grillwürste. Später sollen noch mehr Produkte hinzukommen, darunter Molkereiersatzprodukte wie veganes Joghurt und Käse, Ei-Ersatz, Tiefkühlprodukte oder Fertiggerichte.
Die Migros führt bereits die Eigenmarke Cornatur mit vielen vegetarischen und veganen Fleischersatzprodukten und hat zudem unter anderem den Erfolgsburger von Beyond Meat im Sortiment. Dennoch ist sie vom Potenzial von V-Love überzeugt: «Dank der Einführung einer neuen Eigenmarke können wir in Zusammenarbeit mit unserer Eigenindustrie schneller auf Marktentwicklungen reagieren und unseren Kunden ein noch besseres Sortiment bieten», sagt Unternehmenssprecherin Cristina Maurer Frank auf Anfrage von AWP.
Den Originalen nachempfunden
Die Konsumenten möchten zwar auf Fleisch oder gar ganz auf tierische Produkte verzichten, ihre Konsumgewohnheiten wollen sie jedoch beibehalten. «Die Alternativen sind darum in Aussehen, Verwendung und Sensorik sehr ähnlich wie die Originalprodukte», sagt Maurer Frank. Ein Burgerpatty oder eine vegane Bratwurst sind also bei der neuen Marke möglichst einem Fleischburger beziehungsweise einer echten Bratwurst nachempfunden.
Ein Viertel Flexitarier
Auch Detailhändler Coop hat nebst den diversen externen Marken zwei eigene Marken mit Fleischersatzprodukten im Sortiment: Délicorn und Karma. «Wir rechnen momentan damit, dass die Nachfrage nach pflanzenbasierten Produkten mittelfristig nochmals steigen wird», sagt Sprecherin Marilena Baiatu.
Der Gesundheitsstatistik des Bundesamtes für Statistik BfS zufolge hat sich der Anteil an Vegetariern zwischen 1992 und 2017 in der Schweiz verdreifacht. 6 Prozent der Befragten gaben 2017 an, komplett auf Fleisch zu verzichten. 25 Jahre zuvor waren es noch 2 Prozent. Sogenannte Flexitarier, also Menschen, die nur selten Fleisch, Wurst oder Fisch isst und sonst überwiegend vegetarisch lebt, machen hingegen bereits rund ein Viertel der Schweizer Bevölkerung aus, wie Swissveg in einer Umfrage Anfang Jahr ermittelt hat.
Fleischnachfrage geht zurück
Dass die Nachfrage nach Fleischersatzprodukten zunimmt, legt nahe, dass der Fleischkonsum zurückgeht. Gemäss der Branchenorganisation Proviande nimmt der Konsum von Fleisch tatsächlich etwas ab. Der schweizweite Verbrauch über alle Fleischarten war 2019 um 0,8 Prozent tiefer als im Vorjahr. Grund sei gemäss Proviande der Trend zu einer Ernährung mit weniger oder ohne Fleisch, der unter anderem auch mit einem erhöhten Umweltbewusstsein der Konsumenten zusammenhänge.
Auch bei Coop verzeichnet man bei der Nachfrage nach Fleisch einen Rückgang, die Gründe dafür seien allerdings «vielschichtig». Die Migros hingegen sagt, sie stelle zwar eine abnehmende Nachfrage nach Schweinefleisch fest, dafür kaufen die Konsumenten aber mehr Geflügel und Fisch, wodurch dies ausgeglichen werde.