Romeos Name und seine Arbeitszeit werden seit 19 Jahren jeden Tag mit Kreide auf uralte Mauern geschrieben. Hier in Visperterminen, eingebettet in den Gipfeln des Wallis, steht die Hütte, mit dem Steinofen, in dem die Gemeinde Brot backt. Aber ein paar Täler weiter liegt Italien, wo das Coronavirus wütet, und die Schweiz wird in wenigen Tagen geschlossen. Das war es also. Romeos Zeit, seine letzte in Kreide gezeichnete Chance. Ich habe Visperterminen vor Jahren zufällig entdeckt, als ich über diese Berge wanderte, und war beeindruckt von der Besonderheit seiner Kultur. So spezifisch wie die Kultur von Schangnau ist, dort dokumentiere ich auch das Leben. Beides sind eigene Welten. Merkwürdigerweise fühle ich mich in beiden zu Hause: Jede Kultur ist anders, jede zieht mich an, bis ich die andere vergesse.

Aber das ist eine Geschichte für eine andere Zeit. Im Moment sind Romeo und ich mit Brot voller Milch, Nüsse, Obst und natürlich Schnaps beschäftigt. Er schenkt mir zwei, tut so, als höre er mich nicht sagen, ich sollte sie bezahlen, und der Rest wird aufgeteilt: 150 Brote für 10 Personen, gefroren und gegessen über eine ungewisse Zukunft, die zu Hause verbracht wird, um sich vom Virus fernzuhalten.