Auf Schweizer Bauernhöfen läuft alles nach Plan, macht es den Anschein, blättert man in der Fachpresse. Die neuen Betriebszweige «rentieren», die Umstellung hat sich «gelohnt», der Umbau «sehr zweckmässig». Doch manchmal braucht es auch Umwege, bis es passt, wie das Beispiel Bättig zeigt.

Der Standort eignet sicht

Zugegeben, so einfach, wie im Titel oben weisgemacht wird, war es dann doch nicht. Die Rede ist vom «neuen» Betriebszweig auf dem Hof Falläsch von Eveline und Markus Bättig, in Kaltbach, Wauwil. Vor 15 Jahren haben sie der BauernZeitung Auskunft gegeben in der damaligen Serie «neue Wege».
Anstatt Zuchtschweine «nur» noch Mast, dafür werden neu Wein- und Tafeltrauben angebaut, so der Plan anno 2003. Als Abferkelbetrieb in einem AFP-Ring stand ein Umbau an wegen neuen Label-Vorschriften. «Dieser war in der bestehenden Bausubstanz nicht optimal umzusetzen», erinnert sich Markus Bättig, der 51-jährige Meisterlandwirt. Aus dem Jagerstall entstanden in der Zwischenzeit Hofladen und Degustationsraum, der ehemalige Abferkelbereich bietet noch 100 Mastschweinen Platz. Mehr Wertschöpfung war ein Ziel, denn flächenmässig war damals keine Expansion in Sicht. Ihr Hof mit seiner Südexponierung eignet sich als Weingut. «Wir haben hier viel Sonne und wenig Niederschläge», weiss Markus Bättig. Es sind nur etwa 1000 mm jährlich. Verhältnisse fast wie im Unterwallis also. Gut für die Trauben, nicht immer optimal für das Gras, die Futtergrundlage für 38 Kühe auf dem Betrieb am Santenberg.

Abhängig vom Grossverteiler

Doch zurück zu den Trauben und an den  Beginn des 21. Jahrhunderts. Plötzlich sprachen alle von Nischen, von Spezialkulturen und von Programmen wie «aus der Region für die Region». Bättigs wurden deswegen bei der Migros vorstellig und erhielten positive Signale. So wurden 2003 nebst 30 Aren Reben für Weintrauben 20 Aren für Tafeltrauben gesetzt. 2005 haben Bättigs die Tafeltrauben-Fläche auf 60 Aren ausgebaut. Bald mussten sie aber schmerzlich erfahren, dass der Absatz der Tafeltauben recht zufällig verläuft und sie darauf kaum Einfluss haben. In erster Linie komme es nämlich darauf an, wie und wo die grösseren Migros-Filialen ihre Trauben platzieren und vor allem wann und wie die Billigkonkurrenz aus Italien jeweils in Szene gesetzt wurde. Pushten einige Filialleiter die Wauwiler-Trauben, kam es zu Lieferengpässen. Wurden dann die italienischen Tafeltrauben zu Tiefstpreisen angepriesen, sank der Absatz der Trauben von Bättigs plötzlich gegen Null. «Regionalität sollte auch an der Ladentheke gelebt werden, nicht nur auf der Teppichetage», blickt Bättig ernüchtert, aber keineswegs verbittert zurück. Grossverteiler würden sich gerne ein grünes und regionales «Mänteli» umbinden und Werbung machen mit Schweizer Bauern, die Umsetzung lasse aus bäuerlicher Sicht dann manchmal doch zu wünschen übrig. Das Potenzial für einheimische Produkte sei riesig, findet Bättig noch heute. Schweizer Trauben sind im Laden zwar dreimal so teuer wie Ware aus Italien, dafür läge für die Detaillisten bezüglich Marge mehr drin, ergänzt er. Da Trauben im Gegensatz zu anderen Früchten nicht sofort «schlecht» werden, wurden Bättigs erfinderisch und machten daraus Eingemachtes, Grappa und Marc oder verkauften die Trauben anderweitig.

Schnee zerstörte Anlage

Der Absatz lief aber «schleppend», wie Markus Bättig es nennt. 2008, genauer am 28. Oktober, legte eine rund 30 cm dicke und schwere Schneeschicht die ganze Tafeltrauben-Anlage flach. «Wieder aufbauen oder es sein lassen», waren gemäss Bättig die Optionen damals. Man liess es sein, bis auf ein paar Aren. Das heisst, keine Tafeltrauben mehr, dafür wurde der damals eher kleine Weinberg auf 1,3 ha zu einem richtigen Weingut vergrössert. Heute stehen unter dem eigenen Label «Santenberger Wy» Weissweine (Chardonnay, Sauvignon blanc), Rotweine (Blauburgunder, Zweigelt, Blaufränkisch), Cuvée und Süsswein im Angebot. Dazu kommen Spirituosen, teils aus Trauben aber auch von den Obstbäumen. Gekeltert wird der Wein in Kastanienbaum und Altishofen.

Absatz in den eigenen Händen

Doch wie läuft nun beim Wein eigentlich der Absatz? Immerhin mussten Bättigs hier einen grossen Kundenstamm aufbauen. Der Wein von einem 130 Aren grossen Weinberg will vermarktet werden. Geht man davon aus, dass pro m2 rund 700 bis 800 Gramm Trauben geerntet werden können, ergibt dies doch einige Flaschen Wein. Privat, über Detaillisten, Dorfläden oder Landis und ab Hofladen – das sind die verschiedenen Kanäle. Dazu machen Bättigs auch Verkaufsevents im eigenen Degustationsraum, gleich neben dem Hofladen. Bättigs sind zufrieden. Dieses Mal haben sie die Fäden bei der Vermarktung in den eigenen Händen. Aber ein Selbstläufer ist es nicht. «Anfänglich waren noch alle neugierig auf die neuen Luzerner Weine», erzählt Markus Bättig. Das Angebot sei nun aber grösser geworden. Trotzdem haben man einen grossen und treuen Kundenstamm aufbauen können. Dann gibt es ja auch noch bezüglich Mengen gute und schlechte Jahre. 2012 hatten Bättigs rund 60 Prozent Ausfall wegen Hagel, trotz Netzen. Und 2017 konnten wegen Frost gerade noch ein Viertel der normalen Menge geerntet werden. Im Gegensatz zu den Tafeltrauben sei man aber flexibler, man habe immer etwas Reserve. Wein ist eben haltbar. Der Weinbau ist kein Hobby, sondern mit Investitionen, Risiken und viel Arbeit verbunden. Rund 20 bis 30 Prozent trage der Betriebszweig zum landwirtschaftlichen Einkommen bei.

Beliebte Traubenernte

Mit Weinbau und Milchwirtschaft haben Bättigs zwei intensive Betriebszweige. Unterstützt werden sie von einem Lehrling, ihren drei Kindern im Alter von 14 bis 18 Jahren sowie vielen treuen Helfern während des Wümmets. Dieser ist sowieso so eine Sache. «Die Anspannung ist immer hoch, bis es dann losgeht», sagt Bättig. Innert Tagen müssten 10 bis 15 Helfer aufgeboten werden. Zum Glück habe man eine lange Liste, erklärt der Bauer. Die Ernte dauere drei bis vier Tage und falle meist auf die ersten beiden Oktober-Wochen. Die Arbeit ist nicht unbeliebt. «Die Leute verschieben Termine deswegen», sagt Bättig lächelnd. Gehe es ums Auflesen der Birnen, sei dies jeweils nicht der Fall.