Die Branchenorganisation Milch (BOM) hat an ihrer Vorstandssitzung vom Mittwoch, 16. November beschlossen, den Richtpreis für A-Milch von 78 auf 81 Rp./kg zu erhöhen. Diese Erhöhung gilt bis Ende Juni 2023. Sie sei vor dem Hintergrund der seit der letzten Erhöhung von Mitte April bis in den Herbst 2022 weiter erfolgten Preisanstiegen auf dem internationalen Milchmarkt.
Kosten für Produktionsmittel stark gestiegen
Es wäre deshalb vermessen, von einem verfrühten Weihnachtsgeschenk für die Produzenten zu sprechen. Mit ihrem Entscheid für eine Erhöhung um 3 Rp./kg hat die BOM vielmehr das umgesetzt, was der entsprechende Index des Bundesamts für Landwirtschaft zwingend vorgibt. Zudem sind die Produktionskosten derart stark angestiegen, dass ein weiterer Preisschritt unumgänglich war, auch im Sinne der fortgesetzten Lieferbereitschaft. Die BOM beziffert den Anstieg der Kosten für Produktionsmittel auf 9 % seit Dezember 2021.
Weiter relativiert wird die Richtpreis-Erhöhung durch eine Erhöhung der Abzüge: «Ab dem 1. Januar 2023 werden anstelle von bisher 2,5 wieder 4,5 Rp. / kg für die nicht verkäste Milch in den Fonds Rohstoffverbilligung eingezogen. Dies führt dazu, dass für A-Milch im Molkereimilchsegment der ausbezahlte Gesamt-Milchpreis pro kg Milch am 1. Januar 2023 nicht 3 Rappen steigen wird», schreibt die BOM in einer Mitteilung vom Mittwoch.
Im März gab man mehr
Der BLW-Index hätte gar für eine Erhöhung um 4 Rp./kg A-Milch gesprochen. Im Rahmen der Diskussionen im BOM-Vorstand haben aber diverse Erwägungen zu einem kleineren Schritt geführt. Zunächst müsse man einen Blick zurückwerfen, sagt Geschäftsführer Stefan Kohler auf Anfrage. Bereits in der März-Sitzung 2022 habe man sich für eine längerfristige Preisfestlegung entschieden, damals entschied man sich für eine Erhöhung um 5 Rp./kg ab April. Dies war zum damaligen Zeitpunkt etwas mehr, als der Index hergegeben habe. Diesmal entschied sich der Vorstand für etwas weniger, dafür wiederum längerfristig, was laut Kohler aus Sicht der Produzenten ein Vorteil sein könne.
Gleichzeitig habe sich der Vorstand auch mit der Entwicklung beim Käse aus Industriemilch befasst. Aufgrund der stagnierenden Entwicklung im Export werde es nicht allen Käsern, die mit Industriemilch produzieren, möglich sein, die Preiserhöhung um 3 Rp./kg mitzutragen, sagt Kohler.
B-Milch nurmehr 62 Rp./kg
Nun könnte man argumentieren, dass die Käser solchen Exportkäse aus Industriemilch auch mit B-Milch produzieren könnten. Deren Preis hat in den letzten Monaten um mehr als 7 Rp. abgenommen, laut Kohler liegt er aktuell noch bei 62,6 Rp./kg. B-Milch ist allerdings auf dem Markt nur beschränkt verfügbar, da die Milch nach wie vor gesucht ist und die Händler genügend Abnehmer für A-Milch haben.
Ein weiteres Argument für die Vorsicht war wohl auch die Situation der gewerblichen Roh-milch-Käsereien. In den letzten Monaten hat die Differenz zum Industriemilchpreis stark abgenommen. Gleichzeitig sind die Käselager voll und der Absatz stockt vielerorts.
«Dynamisches Umfeld»
«Wir befinden uns in einem dynamischen Umfeld», sagte dazu SMP-Direktor Stephan Hagenbuch diese Woche an einem Regionalseminar des Verbands im bernischen Zollikofen. Der höhere Aufwand in der Produktion von silofreier Milch und die deutlich gestiegenen Preise für Molkereimilch dürften zu Verschiebungen führen. «Es werden Produzenten von Käsereimilch zu den Molkereien abwandern», sagt Hagenbuch.
Ein weiterer Grund sei, dass es mit derart hochpreisigen Produkten, wie dem Schweizer Käse, im Export in diversen Ländern schwierig werden dürfte. Als Beispiel nannte Hagenbuch England. Das Vereinigte Königreich erlebt aktuell eine Inflationsrate so hoch wie zuletzt vor 40 Jahren. Insbesondere die Lebensmittel sind deutlich teurer geworden. Das spürt auch die Schweiz. «Beim Käseexport ist noch nicht alles gegessen», fasste Hagenbuch zusammen.
Lösungen für Grünen Teppich gesucht
Der Vorstand der BOM hat laut der Mitteilung im Weiteren einer Arbeitsgruppe den Auftrag gegeben, einen Lösungsvorschlag für Betriebe zu erarbeiten, denen es ab dem 1. Januar 2024 nicht möglich sein wird, nach den Richtlinien des Branchenstandards Nachhaltige Schweizer Milch (Grüner Teppich) zu produzieren, weil sie weder BTS noch RAUS erfüllen können. «Die Vorgabe des Vorstands an die Arbeitsgruppe ist es, dass solche Betriebe eine gleichwertige Kompensation erfüllen müssen, um den Grünen Teppich zu erfüllen», schreibt die BOM.
Beschäftigt hat den Vorstand auch der Entwurf des Bundes für einen Massnahmenplan zur Klimastrategie Landwirtschaft und Ernährung. Dieser schlägt 43 Massnahmen in 8 Kategorien vor, um damit im Bereich Landwirtschaft und Ernährung einen Beitrag zur Verbesserung der Klimabilanz in der Schweiz zu erreichen. Die allgemeine Stossrichtung des Berichts sei richtig, so die BOM, die Klimastrategie für die Landwirtschaft und Ernährung soll vom Konsum und nicht von der Produktion hergeleitet werden.
Schwachpunkte im Massnahmenplan zum Klima
Die BOM wehre sich aber dezidiert gegen diejenigen Massnahmenvorschläge, «mit denen einzelne Bereiche der Landwirtschaftspolitik umgestellt werden sollen und damit das Gesamtziel einer nachhaltigen Landwirtschaft aus den Augen verloren wird», heisst es weiter. So sei es für die Milchwirtschaft keine Option, Tierwohlbeiträge in Flächenbeiträge für die Nahrungsmittelproduktion umzuwandeln, damit anstelle von tierischen Produkten mehr pflanzliche Produkte hergestellt werden. Die Veränderung müsse über die Nachfrage kommen. «Wenn wir die Tierproduktion in der Schweiz einseitig herunterfahren, importieren wir einfach mehr und exportieren die Emissionen», so die Mitteilung.