Der aktive Veredelungsverkehr ist für viele Schweizer Milchproduzenten ein rotes Tuch: Dabei wird Milch aus dem Ausland importiert und hierzulande z. B. zu Käse verarbeitet, der anschliessend in den Export geht. Nachdem die Ostschweizer Firma Imlig im Dezember 2020 ein Gesuch für umfangreichen Veredelungsverkehr gestellt hatte, beriet das Parlament vor zwei Jahren über eine von Nationalrat Marcel Dettling eingereichte Motion, die dieses Vorgehen zur Käseproduktion verbieten wollte. Daraus ist nichts geworden, das Thema aber wieder aktuell – allerdings geht es nun um Biomilch.

«Milch nicht vorhanden»

«Im Sommer 2023 konnten gewisse Biomilchprodukte für den Detailhandel nicht hergestellt werden, da die Milch nicht vorhanden war», steht in den «ZMP-News» vom März 2024 der Zentralschweizer Milchproduzenten (ZMP) zu lesen. Aufgrund der Knappheit liefen aktuell Veredelungsverkehrsgesuche, um ausländische Biomilch in der Schweiz zu verarbeiten. Zudem kann gemäss ZMP aufgrund des langjährigen Wachstums davon ausgegangen werden, dass sich das Wachstum des Biomilchmarkts weiter fortsetzen wird.

«Die Branche ist sich einig: Das ist kein Problem.»

Stefan Kohler, BOM, über sommerlichen Veredelungsverkehr mit Biomilch.

Lange Wartelisten sind passéDie Biomilch wird knapp – Umsteller sind gesuchtFreitag, 20. Mai 2022 Dass Biomilch rar geworden ist, ist an sich nichts Neues. Man brachte die Verknappung in der Vergangenheit nicht nur mit einer steigenden Nachfrage in Verbindung, sondern auchmit herausfordernden neuen Fütterungsvorschriften im Biobereich (100 Prozent Schweizer Knospe-Futter für Biomilchkühe und reduzierter Kraftfutteranteil auf 5 Prozent). Diese machen einerseits die Umstellung weniger attraktiv und reduzieren andererseits die Milchmenge bestehender Bioproduzenten.

Jedes Jahr Importe

Importmilch zum VerkäsenDie SMP schauen beim Veredelungsverkehr genau hin – soweit sie könnenFreitag, 23. September 2022 Dass nun die ZMP, Aaremilch und Mooh unisono den Mangel thematisieren und um Biomilch bzw. Produzenten und Umsteller werben, ist ein Déjà-vu: Im Mai 2022 sah es genau gleich aus. Und: «Die Züger Frischkäse AG importiert seit Jahren im Sommer Biomilch für den aktiven Veredelungsverkehr», ordnet Stefan Kohler, Geschäftsführer der Branchenorganisation Milch (BOM) ein. «Die Branche – inklusive der Schweizer Milchproduzenten (SMP) – ist sich einig, dass das kein Problem ist.» Bei Bio sei die Saisonalität wegen überdurchschnittlich vieler gealpter Kühe noch ausgeprägter als bei konventioneller Milch. Durch die Verarbeitung von Importmilch könne Züger trotz des sommerlichen Biomilchmangels in der Schweiz ihre Kapazitäten auslasten und ihre Konkurrenzfähigkeit verbessern, gibt der BOM-Geschäftsführer zu bedenken.

Gesamtmenge etwa stabil

Droht angesichts sinkender Gesamtmilchmenge bald der ganzen Branche das, was im Biomilchbereich heute der Fall ist – die Verarbeitung importierter Milch, um die Kapazitäten auszulasten? Die neusten Zahlen sprechen eher dagegen: «Bei einer Abnahme von 0,6 Prozent der abgelieferten Milchmenge von 2022 auf 2023 würde ich von einer stabilen Produktion sprechen», sagt Stefan Kohler. Dies trotz weiter sinkender Anzahl Betriebe, da die produzierte Milchmenge pro Betrieb im Steigen begriffen ist. Hingegen sank die Biomilchproduktion 2023 im Vergleich zum Vorjahr mit 3,2 Prozent deutlich stärker – wohl aus den bekannten, oben erwähnten Gründen. «Bei der konventionellen Milch ist der Markt derzeit im Gleichgewicht mit einer Tendenz zu etwas zu viel Milch», fasst Kohler die Lage zusammen. Die 2023 tiefere Käseproduktion bei fast gleich hoher Milchmenge habe dazu geführt, dass im Molkereibereich, für die Butterherstellung und die Produktion von Milchpulver genügend Milch verfügbar war. «Da im Moment die Käseproduktion wieder anzieht, sehe ich keinen Grund zur Sorge», beruhigt der BOM-Geschäftsführer, «abgesehen davon, dass wie in jedem Frühling in den kommenden Wochen saisonal sehr hohe Milchmengen kommen.»

Keine Preise wie früher

Die Mooh-Genossenschaft hält es wegen der aktuellen Knappheit für realistisch, dass im August für Biomilch – inklusive Milchzulage – bis zu Fr. 1.–/kg ausgezahlt wird. Was die in den vergangenen Jahren gesunkene konventionelle Milchmenge für den zukünftigen Milchpreis bedeutet, könne er nicht sagen, meint Stefan Kohler. Bei einem geringfügigen Mengenrückgang seien die Preise aber mit plus 9 Rappen in den letzten drei Jahren stark gestiegen. «Ich rechne nicht mit einem Rückgang zu Preisen, wie wir sie früher hatten», hält Kohler fest.