Hochdorf will mit dem Verkauf von Baby-Food das grosse Geld machen. Was schon Nestlé gross machte, soll auch dem Luzerner Milchverarbeiter die Gunst von Kunden und Kapitalgebern bringen. In der Umsetzung gelingt das nur halbwegs: Die Verkäufe der Tochtergesellschaft Pharmalys haben sich im letzten Jahr schleppend entwickelt, Hochdorf hat noch keine Zulassung für den chinesischen Markt und hat ausserdem in eine Schokoladen-Fabrik in Südafrika investiert.
In Kürze:
Hochdorf hat 2018 einen Netto-Umsatz von 561 Mio Franken erwirtschaftet – 6,6 Prozent weniger, als im Vorjahr. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern belief sich auf 18,6 Mio Franken (Minus 56,2% ggü. Vorjahr), der Reingewinn lag bei 8,7 Mio Franken. Hauptverantwortlich für das tiefere Ergebnis sind die schleppenden Abverkäufe bei Pharmalys, der fehlende China-Umsatz, Verspätungen bei der neuen Sprühturm-Linie in Sulgen TG und die Nachfolgelösung des Schoggigesetzes.
Zudem besitzt Hochdorf nach wie vor den Geschäftsbereich «Cereals and Ingredients», der Weizenkeime verarbeitet und eine Ölmühle betreibt. Zu allem Übel kommt die gemessen am Umsatz viertgrösste Schweizer Molkerei im Kerngeschäft massiv unter Druck. Hochdorf kann aufgrund der neuen Verteilung der Export-Beihilfen (Nachfolgelösung Schoggigesetz) weder kostendeckend arbeiten noch zu konkurrenzfähigen Preisen einkaufen.
Verluste bei Milchpulver
Dass Hochdorf in Schwierigkeiten steckt, wurde vor zwei Wochen klar, als Hauptaktionär ZMP-Invest in einer Medienmitteilung die Neubesetzung des Verwaltungsrates forderte und die strategische Verzettelung kritisierte. Am Montag darauf räumte CEO Thomas Eisenring nach knapp sechs Jahren an der Spitze per sofot seinen Posten.
An der Bilanzmedienkonferenz am Dienstag in Zürich musste interims-CEO Peter Pfeilschifter einräumen, dass Hochdorf beim wichtigsten Geschäftsbereich (Milchpulver) auf Stufe Ertrag vor Zinsen und Steuern Verluste schreibt. Dazu geführt haben die Deckungslücke bei der Nachfolgelösung des Schoggiesetzes sowie die Tatsache, dass laut Pfeilschifter Hochdorf-Kunden auf andere Milchpulver-Produkte ausweichen können. Der Umsatz betrug 2018 noch 354,4 Mio Franken; rund 50 Mio Franken weniger, als im Vorjahr. Wenig überraschend forciert Hochdorf bei Dairy Ingredients kein Wachstum.
Trotzdem muss laut Pfeilschifter der Geschäftsbereich und dessen Geschäftsmodell «mit allen Partnern, sowohl mit unseren Kunden als auch mit den Milchproduzenten» überdacht und entwickelt werden. Mit anderen Worten: Hochdorf wird durch die Nachfolgelösung des Schoggigesetzes gezwungen, sich neu zu positionieren. Für zusätzlichen Druck sorgt die Tatsache, dass Hochdorf im Winter die rote Laterne für die schlechtesten Milchpreise von Cremo übernahm und damit in der Gunst der Milchhändler nach hinten rutschte. «Wir haben Mühe, genügend Milch zu beschaffen», sagte Peter Pfeilschifter am Dienstag in Zürich.
Babynahrung solls richten
Die Lösung liegt auf der Hand: Babynahrung. So betonte Peter Pfeilschifter, dass dieser Bereich ausgebaut werden soll. Allerdings tut sich Hochdorf im neuen Geschäftsfeld schwer; die Umsätze konnten im vergangenen Jahr nur leicht von 168,8 Mio Franken auf 176 Mio Franken gesteigert werden. Hauptgrund für die schwache Entwicklung ist China, bzw. die Abwesenheit von Hochdorf auf dem chinesischen Markt. Hochdorf wartet nämlich nach wie vor auf die Zulassung für den Markteintritt und braucht laut Pfeilschifter dazu noch ein zusätzliches Audit für die Registrierung der Marke. 2019 soll das geschehen, 2020 sollen die ersten Lieferungen von Sulgen TG nach China erfolgen.
Bauern als Werbeträger
Um die Babynahrung künftig noch besser zu verkaufen, braucht Hochdorf Milchbauern als Werbeträger. Aus diesem Grund ist die Molkerei seit Mitte JanuarMehrheitsaktionär der Thur Milch Ring AG und mit drei von fünf Verwaltungsräten tonangebend. Für Urs Schwizer ist die Anbindung an Hochdorf eine Chance. Konkret sollen die Produzenten in der Vermarktung in den Vordergrund gestellt werden, sagt der Geschäftsführer der Thur Milch. Die Details des Marketing-Konzepts würden derzeit erarbeitet, für die Milchproduktion wird laut Schwizer das Elsa-Nachhaltigkeitsprogramm massgebend sein.
Für Peter Pfeilschifter ist die Nähe zu den Produzenten entscheidend, um die nötigen Botschaften im Marketing zu haben. Und es ist die Babynahrung, die Hochdorf verkaufen muss, um überhaupt zu konkurrenzfähigen Preisen Milch einkaufen zu können.
Weil sich der Markteintritt in China verzögert, soll laut Verwaltungsratspräsident Daniel Suter das Wachstum im Mittleren Osten, in Afrika und im asiatischen Raum forciert werden. Verwaltungsratspräsident und CEO zeigten sich überzeugt, dass Hochdorf die entsprechenden Kompetenzen hat, um in diesen schwierigen Märkten mit Zahlungsfristen von bis zu sieben Monaten bestehen zu können.
Umbau im Aktionariat
Dass vor diesem Hintergrund die Akquise von Bimbosan 2018 und der Zukauf von Pharmalys vor rund zwei Jahren von den Aktionären grundsätzlich nicht kritisiert wird, erstaunt nicht. Nur bringt Pharmalys derzeit nur in den einzelnen Märkten die gewünschte Leistung, nicht aber gegenüber dem Mutterkonzern Hochdorf. In Kombination mit der Nettoverschuldung von rund 140 Mio Franken und einem Ertrag vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen von 35,8 Millionen steigt die Nervosität im Aktionariat.
Aktionäre entscheiden
Die Aktionärsversammlung am 12. April dürfte aus zwei Gründen interessant werden.
Nominationen: Der Hochdorf-Verwaltungsrat hat noch-Emmi-Finanzchef Jörg Riboni für den Verwaltungsrat nominiert. Riboni ist nur einer der drei von ZMP-Invest vorgeschlagenen Verwaltungsräte und laut Daniel Suter der einzige Kandidat, der über die nötige Erfahrung und das nötige Wissen verfügt. Ausserdem nominiert ist der Unternehmer Hans Peter Hess.
Dividende: Trotz dem schlechten Ergebnis beantragt Hochdorf, die Dividende bei vier Franken zu belassen. Noch ist unklar, ob die Aktionäre diesem Vorschlag folgen werden.
Trotzdem bekräftigte Daniel Suter am Dienstag, dass er einen Verwaltungsrat möchte, der im Interesse der Firma und nicht im Interesse einzelner Aktionärsgruppen handelt; die Nomination von drei Verwaltungsräten durch die ZMP-Invest ist seiner Meinung nach eine Anmassung. Der Verwaltungsrat stimmt insofern mit der ZMP-Invest überein, als dass man Jörg Riboni für den Verwaltungsrat nominiert. Riboni ist gemäss Suter der einzige der vorgeschlagenen Kandidaten, der das nötige Profil mitbringt.
Im Milchhandel indes ist man, was die Unabhängigkeitswünsche angeht, etwas skeptischer; ein Milchhändler bezeichnet es als Glücksfall, wenn sich von der ZMP vorgeschlagene Verwaltungsräte bei Hochdorf engagieren würden. Ein anderer ist nicht sicher, ob ein ZMP-Engagement tatsächlich zu den gewünschten Resultaten führen wird. Unter dem Strich jedoch betonen alle Hochdorf-Lieferanten, dass sie die Zusicherung für die Milchgeldzahlungen hätten.
Hansjürg Jäger