Beim Milchverarbeiter Hochdorf nehmen vier von fünf Verwaltungsräten den Hut. Wie das Unternehmen am Dienstagmorgen (18. Februar 2020) mitteilt, treten Präsident Bernhard Merki, Vize-Präsident Jörg Riboni, Markus Kalberer und Walter Locher nicht mehr zur Wahl an der Generalversammlung vom 17. April an.
Neue Eigentümerstruktur
Laut Mitteilung ist der Exodus die «logische Konsequenz nach den umfassenden Verschiebungen im Aktionariat der Gesellschaft seit der letzten Generalversammlung im April 2019.» Gemeint sind damit der wachsende Einfluss von zwei ganz unterschiedlichen Investoren. Auf der einen Seite steht Amir Mechria, Unternehmer, Eigentümer der Pharmalys SA und Baby-Food-Verkäufer. Auf der anderen Seite Jethro Goldsmith, der mit seinem Hedgefonds Stichting General Holdings seit vergangenem August grösster Hochdorf-Aktionär ist und erst kürzlich mit einem grossen Fragenkatalog eine Sonderprüfung der Veräusserung von Pharmalys beantragte (Hochdorf hat Pharmalys 2016 gekauft und 2019 wieder verkauft). Der Verwaltungsrat lehnte das Begehren um eine ausserordentliche GV im Januar ab.
Hochdorf steht besser da, aber...
Zwar steht Hochdorf gemäss Mitteilung dank den Restrukturierungs- und Refinanzierungsmassnahmen und der Ernennung eines neuen operativen Führungsteams sowie durch die Erneuerung des Konsortialkredits und dem Ende 2019 erfolgten Verkauf von Pharmalys «wieder auf soliderem Boden». Ganz aus dem Schneider ist die Firma dennoch nicht. Nach der Wandelung der Anleihen von Amir Mechria dürften dieser und Goldsmith zusammen mit der ZMP-Invest und einem weiteren Aktionär* gegen 60 Prozent der Gesellschaft halten. Deshalb sei der Verwaltungsrat der Meinung, «dass die Grossaktionäre sich auf einen gemeinsamen Weg bezüglich künftiger Kapitalstruktur und strategischer Ausrichtung einigen müssen.» Dies sei nur mit neuen Köpfen möglich, die «die Interessen der Grossaktionäre direkt einbringen und vertreten können.» Nun müssen diese entsprechende Kandidaten für den Verwaltungsrat zur Wahl vorschlagen.
«Schlechte Neuigkeiten»
Für Hochdorf sind das schlechte Nachrichten, schreibt die «Finanz und Wirtschaft» in einer ersten Einschätzung. Das Unternehmen befinde sich erst am Anfang der Erholung, «Kontinuität wäre wichtig». Es blieben viele operative als auch finanzielle Herausforderungen, die der neue Verwaltungsrat schnell angehen müsse. Die Zukunft hänge nun von den Grossaktionären Amir Mechria und Jethro Goldsmith ab. Die Bauern, die durch ZMP-Invest zwar weiterhin im Gremium verbleiben, dürften weiter an Einfluss verlieren, heisst es weiter.
Mit dem neuerlichen Umbau im Verwaltungsrat kommt es bei Hochdorf ausserdem zu einem Paradigmenwechsel. Bis vor einem Jahr vertrat der Verwaltungsrat dezidiert die Haltung, dass er von den Aktionären unabhängig agieren können müsse. Dann wurde der alte VR um Daniel Suter abgewählt. Nun ändert sich die Zusammensetzung wieder, die Aktionäre erhalten nun noch mehr Einfluss auf die Geschicke der ganzen Gruppe. Im Verwaltungsrat verbleiben wird voraussichtlich lediglich Markus Bühlmann. Er ist der einzige Verwaltungsrat, der direkt die Interessen der ZMP-Invest vertritt.
ZMP: «Überlegungen sind für uns nachvollziehbar»
ZMP-Invest-Geschäftsführer Pirmin Furrer lässt auf Anfrage ausrichten, dass die Überlegungen des Verwaltungsrates nachvollziehbar seien. Trotz den anstehenden Veränderungen wertet die ZMP ihren Vorstoss vor etwas mehr als einem Jahr, der zum Wechsel im Verwaltungsrat geführt hat, als Erfolg. «Der seit April 2019 im Einsatz stehende Verwaltungsrat hat einen enormen Einsatz geleistet. Die kurzfristigen Probleme wurden gelöst», sagt Furrer. «Es besteht nun Klarheit mit Pharmalys und die Finanzierung ist sichergestellt.» Gemeint ist damit der Verkauf von Pharmalys ebenso wie die Verlängerung des Konsortialkredits bis 2023.
Die Veränderungen der Machtverhältnisse im Verwaltungsrat sind dabei besonders für ZMP-Invest einschneidend. Bis vor einem Jahr war der Finanzarm der Zentralschweizer Milchproduzenten mit einem Aktienkapital-Anteil von 14,5 Prozent der grösste Aktionär von Hochdorf. Mittlerweile ist die ZMP mit einem Anteil von 12,23 Prozent nurmehr drittgrösster Aktionär – hinter Stichting General Holdings und Amir Mechria. Daran wird auch die Wandelung der restlichen Pflichtwandelanleihen bis spätestens im März nicht mehr allzu viel ändern – die ZMP wird dann vorbehältlich weiterer Verschiebungen zirka 15 Prozent der Aktien halten.
*Nachträgliche Ergänzung des Artikels am 18. Februar 2020 um 14:41 Uhr.