In der Schweiz gibt es rund 1200 inventarisierte alte Apfelsorten. Da stellt sich natürlich die Frage, welche eignet sich besonders für welches Produkt? Und eine weitere könnte sein, wie bringe ich die Sortencharakteristik in mein Endprodukt? Schön wäre, es gäbe eine Liste, wo man dies einfach nachschlagen könnte. Doch leider ist es nicht ganz so einfach.
Kenne dein Ziel
Bei der Apfelauswahl könnte man mit folgendem Leitsatz beginnen: Kenne dein Ziel. Oder anders gesagt, welche Art von Qualität will ich bei meinem Endprodukt erreichen. Nehmen wir zum Beispiel den Cider oder zu Deutsch Apfelwein. Soll er herb und frisch sein? Auf diese Art findet das Produkt wohl eher Anklang beim klassischen Sauerenmost-Trinker. Oder soll er süsslich sein, erscheint deshalb aromatischer und weicher und wird so ein jüngeres Publikum ansprechen.
Bei Bewertungen von Äpfeln durch Konsumenten fällt auf, dass vor allem knackige, saftige Äpfel mit einem ausgewogenen Süsse-Säure-Verhältnis munden. Bei der Prämierung 2018 / 2019 von Apfelsaft hatten Goldprodukte einen Säuregehalt von 3,3–3,4 pH und 125–140 Gram Zucker pro Liter Saft; also süss, jedoch mit ausgewogener Säure.
Nachfolgend ein paar herausragende Apfelsorten für die Cider-Herstellung eingeteilt nach möglichen Kriterien:
Sensorisch: Rothenhauser Holzapfel (fruchtig), Die Süssen (bitter), Botset (adstingierend), Bittersüss (würzig)
Sehr gerbstoffreich: Botset, Cresson
Sehr säuerlich: Waldhöfler, Russiker Holzapfel, Engishofer
Krankheitsrobust: Heimenhofer, Grauer Hordapfel, Süsser Zila, Roter Lederapfel, Birnapfel/Mutterapfel
Kultureller Wert: Sternapi, Goldparmäne
Kleine Helfer für die Wahl des richtigen Apfels
Für die Herstellung von Cider hat Agroscope einen Sorten-Guide herausgegeben. Darin werden 40 alte Apfelsorten mit Angaben zu Baumeigenschaften, Werte zu Zucker, Säure, Gerbstoffe und Alkoholgehalt sowie der Grund für die Wahl aufgeführt.
Im Dokument «Beschreibung wertvoller Mostapfelsorten» werden 21 alte und neue Sorten für die Apfelsaftherstellung vorgestellt. Für die sensorische Beschreibung von Apfelsaft gibt es von Agroscope ein Sensorikrad für Apfelsaft und Cider.
Wer seine Äpfel lieber in der Küche verwendet, findet auf der Website von Fructus eine Liste für die Eignung von Obst beim Kochen und Backen. Dort ist auch eine Liste mit Dörrbetrieben aufgeschaltet.
Diverse Daten zu Sortenversuchen für die Obstverarbeitung: www.pgrel.admin.ch
Gibt man im Feld «Suchen» die Stichworte «Saftversuch» oder «Edelbrand» ein, findet man detaillierte Ergebnisse für die Herstellung von Süssmost oder Edelbrände aus alten Obstsorten.
Es liegt nicht nur am Apfel
Nebst der Apfelsorte haben folgende Faktoren Einfluss auf das Endprodukt:
- der Anbau (Standort, Baumgesundheit und Wuchs, Wetter, Erntezeitpunkt, …)
- die Lagerung (gesunde Früchte, Nachreifung, Sortierung, …)
- Verarbeitung und Reifung (Verfahren, Hefewahl, Zeit, …)
- die Präsentation (Verpackung, Geschichte hinter dem Produkt, …)
Die Präsentation des Endprodukts darf nicht unterschätzt werden. Es ist erwiesen, dass Produkte in wertigen Gebinden als wertvoller eingestuft werden. In Plastikbechern schmecken Getränke anders als in Gläsern. Sogar die Glasform hat Einfluss auf die Wahrnehmung der Konsumenten: Ein rundliches Glas verspricht Süsse und Fruchtigkeit, ein eckiges Glas eignet sich eher für saure oder bittere Getränke. Sogar die Textur des Tischtuchs beeinflusst: Samt vermittelt fruchtig und angenehm. Zum Schluss braucht man noch eine gute Geschichte. Der Berner Rosenapfel z. B. ruft bei vielen Konsumenten Kindheitserinnerungen hervor. Kein Wunder schmeckt ihnen ein sortenreines Berner-Rosen-Produkt besser als ein Produkt aus einer Apfelsorte, die man nicht kennt.
Buchtipp: Rezepte aus dem Obstgarten
Ein Kochbuch, in dem der Apfel die Hauptrolle spielt. Das Buch beinhaltet 100 Rezepte. Der Apfel wird nicht nur für süsse Gerichte verwendet, sondern auch bei pikanten. Da ist zum Beispiel die Kombination von Apfeltörtchen mit Ziegenkäse und Honig oder die Apfelessigsauce als
Begleitung zu Schweinskoteletts.
James Rich, «Äpfel, Rezepte aus dem Obstgarten», AT-Verlag, 224 Seiten, 29,90 Franken.
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