Die Reduktion der Treibhausgasemissionen ist eine der wichtigsten Herausforderungen der Zeit. Auch wenn es die Bauernfamilien zuweilen wohl nicht mehr hören, geschweige denn lesen mögen: Die Landwirtschaft ist sowohl Verursacherin von Treibhausgasemissionen als auch stark von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen.
«Wir reden heute für einmal nicht übers Klima», sagte Fritz Rothen, Geschäftsführer von IP-Suisse, an der jüngst abgehaltenen Delegiertenversammlung in Langnau i. E. – auch wenn das für die Labelorganisation ungewohnt scheint. Die Thematik Klima floss in der Folge aber mehrmals in die Beiträge mit ein, ohne dass direkt Bezug darauf genommen wurde.
Bauern haben das Werkzeug
«Wenn sich die Menschheit selbst retten will, dann muss ein radikaler Wechsel her», appellierte IP-Suisse-Präsident Andreas Stalder in seiner Ansprache. Die Bauern hätten das Werkzeug dazu, ist er sicher und ergänzt, dass IP-Suisse nicht Trübsal blasen wolle ob der Herausforderungen der Zeit, sondern lieber noch einen Gang hochschalten. Geschäftsführer Fritz Rothen erinnerte, dass das Ausnahmejahr die Lager mit IP-Suisse-Getreide geleert hat. «Wir brauchen dringend Brotgetreide», sagte er.
Das Klima zu schützen und die Ressourcen zu schonen, ist ein Kernthema bei IP-Suisse. Das ist nicht neu. Neu ist lediglich das Punkteprogramm, das es bis Ende Jahr auszufüllen gilt. Mit dem Programm wird ein ambitiöses Ziel verfolgt: Die Treibhausgasemissionen sollen bis 2025 über alle Labelbetriebe – heuer sind das erstmals über 10'000 – um 10 Prozent gesenkt werden.
Erfassen der Angaben auf dem Webportal
Das Ausfüllen des Punktesystems Klima- und Ressourcenschutz läuft über die Website von IP-Suisse, die unter www.ipsuisse.ch zu finden ist.
Login: Oben rechts auf der Website findet sich ein Schalter «Login». Hier können die E-Mail-Adresse und das persönliche Passwort eingetragen werden.
Schaltfläche «Klima»: Durch das Drücken auf den Schalter gelangt man auf das Webportal des Punktesystems Klima. Diese Seite weist am oberen Rand sieben Registerkarten auf.
«Übersicht Klima» und «Informationen»: Bei der Übersicht finden Sie oben rechts einen Schalter «Informationen». Dieser leitet weiter zu wichtigen Informationen und hält nach der Eingabe der Daten eine Zusammenfassung bereit.
«Bearbeiten»: Mit einem Klick auf die Schaltfläche «Bearbeiten» starten Sie die Erfassung der Daten, beginnend mit den Betriebsdaten. Durch einen Klick auf den Link «Betriebsdaten» sehen Sie die bereits eingetragenen Angaben.
«Speichern und weiter»: Nach dem Bearbeiten der Betriebsdaten können die Angaben gespeichert werden. Nun muss noch der Tierbestand eingetragen werden. Danach führt ein Klick auf die Schaltfläche «Klima» weiter.
Erfassung der Massnahmen: Starten Sie hier mit dem Register «Energie» mit der ersten Frage und gehen Sie alle durch, bis zu «Recycling». Bei jeder Frage muss zwischen «Ja» oder «Nein/nicht anwendbar» gewählt werden. Wo ein «Ja» gesetzt wird, müssen Mengen angegeben werden. Achtung – die erfragten Einheiten beachten. Sind alle Fragen auf einem Register beantwortet, erscheint oben ein grünes Häkchen.
Abschluss: Sind alle nötigen Angaben eingetragen, ist jedes Register mit einem grünen Häkchen versehen. Unter «Übersicht Klima» finden Sie den provisorischen minimalen Reduktionsbeitrag sowie Ihren aktuellen Beitrag zum Ziel.
Bebilderte Anleitung unter ipsuisse.ch
Kein einzelbetriebliches Ziel
Aktuell gibt es aber kein verbindliches einzelbetriebliches Reduktionsziel: «Wir wollen mit der Erfassung zuerst einmal sichtbar machen, wo wir als Label insgesamt stehen», heisst es auf der Website bei IP-Suisse. Dafür müssen die Produzenten bis Ende Jahr das Punktesystem Klima- und Ressourcenschutz ausfüllen.
Die Aufrufe der Seite zur Erfassung der Angaben seien derzeit «noch etwas dürftig», wie IP-Suisse auf Anfrage der BauernZeitung ausführt. Die lange Saison, die spät anfallenden Erntearbeiten, aber auch die teils unbeliebten Büroarbeiten dürften Gründe dafür sein. Das Ausfüllen des Punktesystems Klima- und Ressourcenschutz bis zum 31. Dezember 2021 auf dem Webportal der IP-Suisse ist aber Voraussetzung für die Labelproduktion 2022 – demnach ein Muss.
Fritz Rothen: «Vielfach entstehen die Projekte auf Initiative unserer Produzenten hin.»
Mit dem Punktesystem sollen die Emissionen von IP-Suisse-Betrieben gesamthaft bis 2025 um zehn Prozent sinken. Ist das realistisch?
Fritz Rothen: Ja. Aufgrund der in den letzten Jahren betriebenen Forschungsarbeit mit Agroscope, der TSM, dem Bundesamt für Landwirtschaft und der Überprüfung der Massnahmen auf 33 Pilotbetrieben können wir dieses Ziel auf unseren 10'000 Labelbetrieben erreichen.
Bisher stehen 19 Massnahmen zur Auswahl, deren Wirksamkeit erwiesen sei. Wie wurde diese Wirksamkeit nachgewiesen?
Agroscope hat zur Wirksamkeit zwei Studien erstellt, ausserdem wurden die Massnahmen auf den Pilotbetrieben geprüft.
Kommen noch weitere Punkte dazu?
Ich denke, es kommen sicher noch weitere Punkte dazu. Es braucht aber weitere Forschungsarbeit, um die Wirksamkeit der neuen Massnahmen aufzuzeigen.
Gehen Sie bei der Auswahl dieser Punkte auch auf Anregungen oder gar Forderungen aus der Branche ein?
Selbstverständlich. Die Grundidee und die Forderung für das Klimapunktesystem ist vor mehr als sieben Jahren in den Köpfen von innovativen IP-Suisse-Bäuerinnen und -Bauern entstanden. Zusammen mit der Forschung wurde mit einem Workshop an der Forschungsanstalt Reckenholz das Klimaprojekt gestartet.
Wo entstehen die Ideen sonst noch?
Vielfach entstehen die Projekte auf Initiative unserer Produzenten hin und durch Inputs unserer Kunden. Schliesslich aber auch durch die Weiterentwicklung der bestehenden Programme.
Im ersten Jahr wird lediglich eine Bestandesaufnahme der Labelbetriebe gemacht, es müsse noch kein Reduktionsziel erreicht werden. Was heisst das?
Unsere Punkteprogramme sind webbasiert. Beim Klimapunkteprogramm muss die Produzentin den Stand der Klimamassnahmen auf ihrem Betrieb für das Jahr 2021 und den Stand für das Jahr 2016 erfassen. Aufgrund der erfassten Angaben werden wir entscheiden, ob wir in Zukunft Reduktionsziele für tierintensive bzw. ackerbaubetonte Betriebe bestimmen oder ob wir nur ein Reduktionsziel für die Gesamtheit aller Labelbetriebe festlegen.
Sie hören sicher oft den Vorwurf von Mitgliedern, dass diese ständig «etwas ausfüllen» müssten. Wie begegnen Sie dem?
Mit Hilfe der IT versuchen wir die Aufzeichnungen auf ein Minimum zu beschränken und stetig zu optimieren. Unser Ziel ist, dass bereits erfasste Daten aus anderen Systemen übernommen werden können, natürlich unter der Voraussetzung, dass der Einzelne dem zustimmt.
Was macht IP-Suisse, dass dieses Engagement der Landwirtschaft am Markt auch honoriert wird?
Wir führen Verhandlungen mit den Marktpartnern aufgrund der Mehrleistung. Die Prämien leiten sich aus den zusätzlichen Kosten für die Leistungserbringung, den möglichen zusätzlichen Produktionsrisiken, wie Ertragsminderung, und einer Marge beispielsweise zur Finanzierung von künftigen Investitionen ab.
Die möglichen Massnahmen
Über alle IP-Suisse-Betriebe gesehen sollen die Treibhausgasemissionen bis 2025 um zehn Prozent gegenüber dem Stand von 2016 gesenkt werden. Zur Erreichung dieses Ziels stehen vorerst die nachfolgend aufgeführten 19 Massnahmen zur Auswahl, deren positiver Effekt auf den Klimaschutz von Agroscope wissenschaftlich berechnet worden ist:
- Frequenzumformer Melkanlage
- Sonnenkollektoren und Photovoltaik
- Gründüngung und Leguminosen
- Phasenfütterung bei Schweinen
- Gärgut
- Erhöhung der Anzahl Laktationen bei Milch- und Mutterkühen
- Direkt-, Mulch- und Streifenfrässaat
- Regelmässiger Ersatz von Mähklingen
- Wärmerückgewinnung aus beheizten Geflügelställen
- Abdeckung von Güllebehältern
- Brennholz
- Ecodrive
- Schleppschlauch
- Agroforst
- Recycling von Silofolien
- Pflanzenkohle
- Fütterung von Leinsamen bei Rindvieh
- Zukauf von Ökostrom
- Wärmerückgewinnung bei der Milchkühlung.