Hofdünger besitzen das grösste noch zusätzlich nutzbare Biomassepotenzial. Zudem ist Biomasse die wichtigste erneuerbare Kohlenstoffquelle. Aus diesem Grund forschen Michael Studer, Dozent für Agrar-, Forst-und Energietechnik an der HAFL, und sein Team an biotechnischen Methoden, um Hofdünger in Biotreibstoffe und andere Chemikalien umzuwandeln. Dieses Projekt stellte Studer an der HAFL Partnerveranstaltung vom 26. März 2021 vor.
Schwerverkehr betanken
Der Forschungsansatz trägt zur Kreislaufwirtschaft bei, indem Hofdünger als Ressource eingesetzt werden. Ungefähr 50 % des Treibstoffverbrauchs wird durch den privaten Personenverkehr verursacht, während der Flug- und Schwerverkehr 26 bzw. 8 % dazu beiträgt. Während sich der PKW-basierte Personenverkehr zur Elektrifizierung eignet, sind für den Flug- und Schwerverkehr, zu welchem auch die Landwirtschaft gehört, flüssige Biotreibstoffe eine Alternative zu erdöl-basierten Treibstoffen.
Mit der Umwandlung von Hofdüngern in Biomasse wollen die HAFL-Forscher Nebenströme aus der Landwirtschaft in Wert setzen. «Biomasse ist so knapp, also müssen wir sie dort einsetzen, wo wir keine erneuerbaren Alternativen haben», sagt Michael Studer.
Pilze und Bakterien arbeiten gleichzeitig im Bioreaktor
Doch wie funktioniert diese Umwandlung von Biomasse zu Treibstoff? Dazu nutzt das Forschungsteam einen Biofilm-Reaktor. Pilze spalten Cellulose, also Zellwände aus der Biomasse in Einfachzucker. Danach fermentieren Bakterien die Einfachzucker z. B. in Butter- oder Propionsäure um.
«Das ist dasselbe wie Kartoffelschnaps brennen», erklärt Michael Studer.
Der Knackpunkt bei diesem zweiphasigen Prozess ist, dass die Pilze luftliebend (aerob) sind und die Bakterien eben nicht (anaerob). Studer und sein Team haben es geschafft, im Reaktor eine Nische zu bilden damit die Pilze im anaeroben Reaktor gleichzeitig mit den Bakterien wachsen können. Dazu bauten sie eine schlauchförmige, luftdurchlässige Membran in den Reaktor. Auf dem Schlauch wachsen Pilze und spalten dort Cellulose.
Butter- und Propionsäure sind jedoch noch kein Treibstoff. Der Prozess, der Säure zu Treibstoff umwandelt, wurde an der ETH in Lausanne entwickelt.
Algen melken
In einem neuen Projekt wird das HAFL-Forschungsteam im selben Biofilmreaktor eine andere Umwandlung machen. Sie ent-wickeln einen Prozess, um aus Biomasse und CO2 mithilfe von Algen Lipide zu produzieren. Diese können als Rohstoff fürdie Herstellung von Bio-Flugzeugtreibstoff (HEFA) oder als Futtermittel in der Fischproduktion (Omega-3-Fettsäuren) genutzt werden. Die Lipide wollen sie dabei gewinnen ohne die Algen zu zerstören – die Forscher nennen dies «Algen melken».