Ein Verbot synthetischer Pflanzenschutzmittel, wie das eine Volksinitiative verlangt, würde Markus Lüscher hart treffen: "Ich müsste meinen Betrieb total umkrempeln", sagte der Ackerbauer aus Schalunen BE. Zuckerrüben könnte er im heutigen Rahmen nicht mehr anbauen, auch bei den Kartoffeln werde es schwierig. "Die Erntemengen würden massiv sinken", ist für Lüscher klar.
"Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln mache ich nicht aus Freude, sondern um Qualität und Quantität zu sichern." Wenn man den Abnehmern nicht die geforderte Qualität bieten könne, bleibe man auf den Produkten sitzen. Als junger Bauer konnte Lüscher einst 60 Tonnen Kartoffeln nicht verkaufen, weil sie den Anforderungen des Abnehmers nicht genügten.
Weniger Glyphosat
Lüscher setzt zwar Pflanzenschutzmittel ein, er hat deren Anwendung in den letzten Jahren aber stark eingeschränkt und effizienter gemacht. "Den Glyphosat-Einsatz habe ich massiv reduziert." Stattdessen setzt er auf alternative Techniken wie Hackgeräte – und auf Hightech: GPS und intelligente Spritzdüsen, die dafür sorgen, dass die Pestizide gezielt auf die Unkräuter ausgebracht werden. Den Maiszünsler lässt er biologisch durch Schlupfwespen bekämpfen – die mit Drohnen ausgebracht werden. Lüscher wendet Pflanzenschutzmittel erst nach einer vorgängigen Analyse an: "Wenn die Schadschwelle überschritten ist, wenn Krankheits- und Schädlingsdruck hoch sind, erst dann wird gespritzt." Anders als noch vor ein paar Jahren seien Felder nicht mehr "sauber geschleckt", wie er es nennt. "Wir nehmen eine gewisse Verunkrautung in Kauf."
Statt für ein Verbot plädiert Lüscher für eine Optimierung des Spritzmittel-Einsatzes: "Es geht darum, die richtigen Mittel zum richtigen Zeitpunkt anzuwenden und diese mit der Forschung so weiterzuentwickeln, dass die Landwirte keinen Abdruck in der Umwelt hinterlassen."
Landwirtschaft will Beitrag leisten
Ackerbauer Lüscher hat heute auf Initiative des Schweizer Bauernverbands (SBV) einer grossen Schar von Medienschaffenden seinen Umgang mit Pflanzenschutzmitteln aufgezeigt. Botschaft: Die Landwirtschaft nehme das Thema sehr ernst und arbeite bereits mit Hochdruck daran, den Spritzmittel-Einsatz zu reduzieren und zu optimieren.
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Der Kanton Bern hat beispielsweise Anfang 2017 ein Projekt gestartet, das die von Pestiziden ausgehenden Risiken reduzieren soll – mit Hilfe von 10 Massnahmen. Unter anderem gibt es für Bauern eine Prämie, wenn sie auf Herbizide verzichten. Bei den Berner Bauern kommt das Programm an. Die Anzahl mitmachender Betriebe hat sich seit letztem Jahr um 20 Prozent auf rund 3'200 Stück erhöht. Markus Lüscher ist einer davon. Knapp jeder zweite Betrieb mit Ackerbau mache mit, sagte Michel Gygax von der Fachstelle Pflanzenschutz des Kantons Bern.
Es gebe beim Pflanzenschutz Handlungsbedarf, gab Bauernpräsident Markus Ritter unumwunden zu. Die Landwirtschaft wolle zur Lösung bestehender Probleme beitragen. Die beiden eingereichten Volksinitiativen seien aber nicht der richtige Weg. Der Bauernverband unterstützt stattdessen den Aktionsplan Pflanzenschutzmittel des Bundes.
Halbwissen und Falschaussagen
Martin Rufer vom Schweizer Bauernverband betonte, dass in der ganzen Pflanzenschutzmittel-Diskussion viel Halbwissen vorherrsche und Falschaussagen gemacht würden. Eine davon sei die Behauptung, dass in der Schweiz mehr Pestizide zum Einsatz kämen als im umliegenden Ausland. Rufer stellte klar, dass hierzulande – anders als im Ausland – auch die biologischen Spritzmittel in die Statistik mit einflössen. Deren Einsatzmengen seien oft viel höher als bei den synthetischen Pflanzenschutzmitteln. Verwunderlich sei die Tatsache, so Rufer, dass Bio-Lebensmittel lediglich einen Marktanteil von 9 Prozent aufwiesen, obwohl doch viele Leute auf synthetische Spritzmittel verzichten wollten. Fehlende Toleranz für mangelhafte Produkte und die Forderung nach einem Pestizidverzicht sei ein anderer Widerspruch, so Rufer. Weiter betonte er: "Ohne Pflanzenschutz hätten wir im Schnitt 20 bis 40 Prozent tiefere Erträge, in manchen Jahren bei ungünstiger Witterung auch Totalausfälle." Als Folge müsste man mehr Lebensmittel importieren.
lid
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