Bei den Tafelkirschen gab es dieses Jahr eine Grossernte. Da der Absatz teils stockte, wurden schweizweit zwischen 250 und 300 t Kirschen entsorgt (die BauernZeitung berichtete). Die grossen Erntemengen waren nur möglich, weil Tafelkirschen mehrheitlich in gedeckten Anlagen produziert werden und damit vor den langen Nässeperioden im Frühjahr geschützt waren.

Druck durch Pilzkrankheiten infolge grosser Feuchte

Anders war die Situation bei den Hochstammkirschen-Produzenten. Ihre Bäume waren der nassen Witterung voll ausgesetzt. Dies führte zu einem hohen Druck durch Pilzkrankheiten. Dazu kam, dass in der Vergangenheit mehrere Pflanzenschutzmittel verboten wurden, was den Schutz der Feldobstbäume zusätzlich herausfordernd machte.

Von einem guten Kirschenjahr spricht Peter Meier aus Rotkreuz. Er produziert mit rund 300 Hochstammbäumen Konservenkirschen. «Da wir unsere Bäume schon seit Jahren konsequent gegen Pilzkrankheiten schützen, war der Infektionsdruck bei uns heuer nicht so hoch. Dadurch präsentierten sich unsere Bäume auch nach dem nassen Frühling vital und mit gutem Laub.»

Erfolg mit Fruchtkalk gegen Pilze und KEF

Dazu beigetragen hätten sicher auch die Behandlungen mit Fruchtkalk. Dieser wirke dank seines sehr hohen pH-Wertes nicht nur gegen Pilze, sondern helfe auch, die Kirschessigfliege (KEF) in Schach zu halten. «Da Fruchtkalk keine Wartefrist hat, kann ich die KEF damit bis kurz vor der Ernte bekämpfen», so Peter Meier. Auch mit den Ertragsmengen ist er zufrieden. Nach den verheerenden Hagelschäden im Jahr 2021, wo er rund ein Drittel seiner Bäume verlor, kam er heuer wieder auf rund 75 Prozent eines Vollertrages. Seine Konservenkirschen lieferte er dieses Jahr erstmals an ein junges Verarbeitungs-Unternehmen in Hünenberg. «Ich bin froh um diesen neuen Absatzkanal, denn die Auswahl an Abnehmern im Konservenbereich in unserer Region ist nach der Liquidation der Zuger Rigi Chriesi AG mittlerweile bescheiden.» [IMG 2]

Fehlendes Personal bei der Ernte

Immer bescheidener würden auch die Personalressourcen auf den Betrieben bei den Erntearbeiten. Entsprechend wichtig sei eine schlagkräftige Technik. Mit einem Vollernter konnte Peter Meier mit einem Team von sieben Personen in acht Tagen die ganze Ernte bewältigen.

Dass es immer anspruchsvoller wird, genügend Erntehelfer zu finden, bestätigt auch Erwin von Rickenbach, Präsident der Kirschenverwertungs-Genossenschaft Steinerberg: «Dass auf vielen Betrieben die Arbeitskräfte fehlen, war sicher auch ein Grund, dass in unserem Gebiet heuer kaum Konservenkirschen geerntet wurden.» Ein anderer Punkt sei, dass infolge der grossen Nässe der Druck durch Pilzkrankheiten hoch war und die Qualitätsansprüche, welche bei Konservenkirschen gelten, dadurch kaum erreicht werden konnten. «Die meisten Chriesibauern in unserer Region lieferten ihre Früchte darum in den Brennkirschenkanal.» Da es in höheren Lagen infolge Frost und Schnee während der Blüte kaum Kirschen gab, sei die Brennkirschenmenge im Gebiet Steinerberg im Rahmen und die Nachfrage entsprechend gut gewesen.

KEF-Nulltoleranz sehr schwierig umzusetzen

Ähnlich beurteilt auch Industrie- und Brennkirschenproduzent Peter Hess aus Küssnacht am Rigi die Situation. Nicht nur der Druck durch Pilzinfektionen sei in diesem Jahr hoch gewesen. Auch die von Abnehmern geforderte KEF-Nulltoleranz bei Konserven– und Saftkirschen sei sehr schwierig umzusetzen. «Dazu kam, dass die Preisdifferenz zwischen Saft- und Brennkirschen dieses Jahr klein war.» Um die Wertschöpfung auf dem eigenen Betrieb zu erhöhen, mietete Familie Hess diese Saison eine Gerätschaft, um als Versuch ein Halbfabrikat für einen Konfitürenproduzenten herzustellen. Das hatte den zusätzlichen Vorteil, dass die Kirschen innert weniger Stunden verarbeitet und im Tiefkühlhaus eingelagert wurden.

Konsument entscheidet

Die Zukunft für die Industriekirschen-Produktion sieht Peter Hess eher in gedeckten Anlagen. Dadurch könnte der Einsatz der Pflanzenschutzmittel und die Unfallgefahr massiv reduziert werden. Er ist sich aber bewusst, dass dadurch der Produzentenpreis wesentlich höher sein müsste. Da eine solche Anlage auch einen ökologischen Beitrag leiste, müssten diese aber ähnlich den Hochstammbäumen finanziell ebenfalls unterstützt werden. «Denn ohne Unterstützung sind wir bei der Konserven– und Saftkirschenproduktion gegenüber dem ausländischen Angebot nicht konkurrenzfähig», so Peter Hess. Er betont: «Letztendlich entscheidet aber auch der Konsument, ob er bereit ist, für Schweizer Kirschenprodukte etwas tiefer in die Tasche zu greifen.»

Brennkirschen: ausreichende Menge, aber tiefe Zuckergehalte

Die Brennereien im Gebiet Rigi-Zug konnten dieses Jahr ihren Bedarf an Kirschen decken. «Die Schäden durch Frost und Schnee betrafen in unserer Region vor allem die höheren Lagen», erklärt Daniel Z’graggen von der Z’graggen Distillerie AG in Lauerz gegenüber der BauernZeitung. Bewirtschaftete Bäume in den unteren Regionen hätten hingegen mehrheitlich einen guten Behang gehabt. «Wegen der anhaltend nassen Witterung und des kühlen Wetters während der Vegetationsperiode sind die Zuckergehalte der Früchte aber etwas tiefer.» Rund um die Rigi holte die Firma die Kirschen während der Erntezeit täglich ab. «Unsere langjährigen Lieferanten pflegen ihre Hochstammbäume, was zu vitalen Bäumen mit gesundem Laub und dadurch zu einer entsprechenden Fruchtqualität führt», so Daniel Z’graggen weiter. Allerdings würden den Obstbauern mittlerweile viele wirksame Pflanzenschutzmittel nicht mehr zur Verfügung stehen, was die Arbeit in regnerischen Jahren wie 2024 noch zusätzlich erschwere.

Produzenten geben auf
Ähnlich sieht das auch Claudio Hüsser von der Spezialitäten-Brennerei Etter Söhne AG in Zug: «Das Jahr 2024 hat einmal mehr gezeigt, dass es in der heutigen Situation schwierig ist, nebenbei Brennkirschen in der vom Markt geforderten Qualität zu produzieren.» Die Bäume bräuchten heute mehr Pflege und Aufmerksamkeit. «Aufgrund der Auswirkungen durch die Kirschessigfliege (KEF) geben leider immer mehr Kirschenproduzenten in der Region auf.» Aus diesem Grund hofft Claudio Hüsser im Zusammenhang mit der Bekämpfung der KEF auf baldige Lösungen.  Ein möglicher Ansatz könnte die Schlupfwespe Ganaspis brasiliensis sein, eine natürliche Gegenspielerin der Kirschessigfliege.Dieses Jahr hat die Brennerei Etter Söhne AG, obwohl es in höheren Lagen wie dem Ägerital grosse Ausfälle wegen Frost und Schnee gab, ihren Bedarf an Brennkirschen decken können.