Die Zuckerrübenpflanzer werden von einer kleinen Blattlaus in die Knie gezwängt. Die Übeltäterin gedeiht mehr denn je, weil seit dem Neonicotinoidverbot 2019 Gaucho als systemisches Mittel verboten wurde. Die viröse Vergilbung, die durch Blattläuse übertragen wird, ist in diesem Jahr deshalb keine Seltenheit. Ertragsverluste bis zu 50 % müssen erwartet werden, berichtet Josef Meyer, Präsident des Schweizer Verband der Zuckerrübenpflanzer (SVZ), heute an einer Medienkonferenz auf dem Römerhof in Bühl BE. 

Der Befall mit dem Virus ist massiv

Zwischen Bern und Genf sind 80 bis 90 % der Felder mit dem Virus befallen. «Dies vom mittelschweren bis starken Befall», berichtet Josef Meyer. Östlich von Bern ist der Befall sehr unterschiedlich. «Es gibt Regionen, in denen der Befall stark ist, z. B. im Rheintal. In anderen Regionen stehen die Rüben sehr schön, jedoch sind in praktisch allen Feldern einzelne Pflanzen befallen.» Meyer geht davon aus, dass im nächsten Jahr sich die «Epidemie» auf die gesamte Schweiz ausbreiten wird. 

Bewilligte Insektizide wirken nicht

Von der virösen Vergilbung betroffen, ist auch Rübenpflanzer Joël Rösch, der auf seinen Feldern in Hermrigen BE seine Situation schildert. Der 27-jährige hat mit zwei Insektizidbehandlung regelmässig versucht, die Blattläuse zu behandeln. Ohne Erfolg. «Die Wirkung der Insektizide war nicht ausreichend.» Rüben, die von Anfang an befallen waren, sind seither kaum gewachsen. Für ihn ist durch die erwarteten Ertragseinbussen und tiefen Zuckergehalten die Kultur nicht mehr lukrativ. Gaucho sei für Rösch die einzige Lösung. Sie wäre viel schonender als die Flächenspritzungen, die er durchführen muss. Es besteht die Gefahr der Resistenzbildung. 

BLW schmettert Antrag für Notzulassung ab – SVZ ist dennoch optimistisch

Bereits im vergangenen Jahr beantragte der SVZ eine Notzulassung für ein Spritzmittel gegen Blattläuse. Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) lehnte den Antrag ab mit der Begründung: Die Schädlingssituation könne mit bereits zugelassenen Mitteln bekämpft werden. Um in diesem Jahr die «Epidemie sofort zu stoppen», forderte der SVZ von der Schweizer Behörde als Übergangslösung ein neonicotinoidhaltiges Mittel zuzulassen bis biologische Bekämpfungsmassnahmen, resistente Sorten und/oder alternative Wirkstoffe gefunden sind. Auch dieser Antrag wurde vom BLW im Juni abgeschmettert. Für Josef Meyer ist das kein endgültiges «Nein». «Wir werden weiter kämpfen», sagt er auf Nachfrage der BauernZeitung. Denn das BLW habe zu dem Zeitpunkt der Ablehnung nicht die Auswirkungen auf dem Feld gesehen. Meyer ist daher positiv gestimmt, dass das BLW letztendlich eine Notzulassung bewilligen werde.

Das wäre der Anfang vom Ende des Rübenanbaus

Neue Lösungen müssen her, «sonst verlieren wir wegen der Entmutigung der Rübenpflanzer nächstes Jahr 3000 bis 4000 Hektaren Rüben», befürchtet der SVZ-Präsident. Dies wäre der Anfang vom Ende des Rübenanbaus in der Schweiz, ist er sich sicher. 

Schweizer Bauernverband setzt sich für die Rübe ein

Auch Martin Rufer, Direktor des Schweizer Bauernverband, macht sich Sorgen. Er befürchtet, dass «die Lücke durch Zucker geschlossen wird, der im Ausland mithilfe von in der Schweiz nicht zugelassenen Wirkstoffe hergestellt wurde.» Er fordert einen Importstopp für solchen Zucker und verweist nochmals deutlich darauf, dass Schweizer Zucker grundsätzlich nachhaltiger produziert ist, als der Importzucker.

«Wir sind auf Alternativen zum heutigen Pflanzenschutz sowie neue robuste und resistente Sorten angewiesen. Wir begrüssen daher sehr, dass der Ständerat am Montag die Motion 20.3919 angenommen hat und damit den Bundesrat beauftragt, zusätzliche Ressourcen für eine Forschungs- und Züchtungsinitiative zur Verfügung zu stellen», sagt er. Der SBV erwartet, dass dieser Auftrag nun rasch umgesetzt wird.

Alternative Lösungen werden getestet

Der SVZ wird nächstes Jahr die ersten Feldversuche mit resistenten Sorten starten. Auch sollen Alternativen wie biologische Bekämpfungsmöglichkeiten und Nützlingsstreifen getestet und gefördert werden.