Syngenta habe eine zu kleine Menge Brechmittel in Pflanzenschutzmittel (PSM) mit dem akut toxischen Herbizid-Wirkstoff Paraquat gemischt. Diesen Vorwurf erhebt Jon Heylings, der früher als Forscher bei Syngenta tätig war. SRF Rundschau nahm das Thema auf:

 

Nicht die beste Lösung

Nun nimmt der Agrochemie-Konzern umfassend Stellung. Es habe eine grundsätzliche Meinungsverschiedenheit mit Heylings gegeben, die zusammen mit einem «medienaffinen» amerikanischen Prozessanwalt sowie Greenpeace und Public Eye zu den Medienberichten rund um Paraquat geführt haben. Zentral bei der Richtigstellung: Syngenta betont, Brechmittel sei nach aktueller und anerkannter wissenschaftlicher Meinung nicht die beste Lösung, um bei einer willentlichen oder unabsichtlichen Einnahme Gesundheitsschäden zu vermeiden.

Mehr Brechmittel bringt nicht mehr Nutzen

Auf einer eigens eingerichteten Website hat Syngenta Informationen zu Paraquat zusammengestellt. Ein Faktenblatt führt auf, was gegen eine zu hohe Konzentration von Brechmitteln in Pflanzenschutzmitteln spricht:

  • Bei wiederkehrendem Erbrechen könne keine Aktivkohle verabreicht werden. Diese würde aber die Giftstoffe binden und könnte daher einen besseren Effekt erzielen.
  • Paraquat sei ätzend. Beim Erbrechen werde daher die Speiseröhre verätzt.
  • Vergiftungspatienten mit Paraquat seien nicht mehr bei vollem Bewusstsein und es bestehe deshalb durch das Erbrechen die Gefahr, Atemwege und Lunge zu schädigen. 

Gemäss der FAO bleibe Brechmittel als Zusatz vorgeschrieben, führt Syngenta weiter aus. Dem aktuellen Wissensstand entsprechend enthalte PSM mit Paraquat 0,05 Prozent Brechmittel. Die Angelegenheit sei deutlich komplexer, als sie dargestellt werde, fasst der Konzern zusammen. 

Andere Massnahmen sollen Sicherheit erhöhen

Neben der Beimischung von Brechmitteln habe man Verschiedenes unternommen, um die versehentliche oder absichtliche Einnahme von Paraquat zu verhindern:

  • Kleinere Verpackungen (verringert die Wahrscheinlichkeit, dass PSM umgefüllt wird).
  • Beifügen eines auffälligen Farb- und Geruchsstoffs (zur sicheren Unterscheidung von Getränken).
  • Weltweite Schulungsmassnahmen zum richtigen Umgang mit PSM.
  • Investitionen in die Entwicklung geschlossener Transfersysteme (Kontakt mit unverdünntem PSM verhindern).

Insgesamt hat Syngenta nach eigenen Angaben über die ganze Produktlebensdauer von Paraquat Hunderte Millionen Dollar in die Sicherheit des Produkts investiert. Aus Kostengründen weniger Brechmittel zu verwenden sei ausserdem nicht sinnvoll: Paraquat mache nur ein Prozent des Konzerngewinns aus. 

FAO und WHO teilten Heylings Sicht nicht

Man habe sich in den letzten drei Jahren intensiv mit Jon Heylings auseinandergesetzt und seine Anliegen wissenschaftlich überprüft. Auch die US-Behörde für Umweltschutz und die FAO/WHO haben laut Syngenta seine Bedenken nicht geteilt. Sie hätten ihre Empfehlungen für den Einsatz von Brechmitteln nach dem Gespräch mit Heylings nicht geändert. In der Darstellung des Konzern wendet sich der Forscher nun an die Medien, weil er bei den erwähnten Stellen keine Unterstützung fand. Erst nachdem sein Vertrag mit Syngenta ausgelaufen sei, habe er seine Zusammenarbeit mit einem amerikanischen Prozessanwalt und Greenpeace begonnen. Auch nach einer weiteren Kontaktaufnahme durch ihn haben weder die Umweltschutzbehörde noch die FAO ihre Meinung geändert, schreibt Syngenta. 

Streit um Studien

Die Non-Profit-Organisation Public Eye hat gemäss Rundschau dafür gesorgt, dass John Heylings in diversen Medien auftritt – z. B. bei SRF. Seine Vorwürfe fussen vor allem auf einer alten Studie von 1976, die er in den Unterlagen zu Paraquat entdeckt habe und die offensichtliche Fehler enthalte. In einer von Syngenta veröffentlichten Antwort des Konzerns wird argumentiert, erstens gebe es keinen Hinweis auf eine Fälschung und zweitens gebe es neue Studien dazu, die von Behörden weltweit anerkannt seien und neue Erkenntnisse lieferten. Gemäss der Rundschau dreht sich nun ein neuer Streit darum, ob in einer neueren Studie ein landwirtschaftliches Präparat mit höherer Konzentration Paraquat verwendet wurde, oder ein stärker verdünntes für Gärtner. Dabei habe das Erbrechen bei letzterem, das verhältnismässig mehr Brechmittel enthalten habe, besser funktioniert. Im Raum bleiben die Ausführungen Syngentas, dass Erbrechen gar nicht die beste Behandlungsmöglichkeit sei. 

Ein amerikanischen Gericht wird gemäss der Rundschau im April mit der Sicherheit von Paraquat und Heylings Vorwürfen befassen. 

In der Schweiz ist der Wirkstoff Paraquat verboten. Es darf seit diesem Jahr auch nicht aus der Schweiz exportiert werden.