Die Arbeit darf man nicht scheuen, wenn man z Alp geht. Das wurde den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der 40. Alpmeistertagung mehr als nur bewusst, als eine Fülle neuer Vorschriften präsentiert wurde. «Eine gute Alppraxis ist nicht weit von den Vorschriften entfernt», sagte der Bündner Kantonstierarzt Giochen Bearth.
Von Herzblut und Alpfieber
Tja, wenn das so einfach wäre. Aber vielleicht fällt es den langjährigen Älplern und Alpfunktionären leichter, die einfach das Neue zu ihrem langjährigen Wissen dazusummieren können – vor allem den 26 Älpler(innen) und Alpfunktionär(innen), die rund 600 Alpsommer zusammenbringen und an der Alpmeistertagung geehrt wurden. [IMG 2] Christa Buchli, Präsidentin Bündner Älpler(innen)-Verein, sagte beim Überreichen der Ehrenurkunden: «Es braucht Herzblut für die Alpwirtschaft. Es ist eine Lebensart.» So sei man bereit, alle Anstrengungen auf sich zu nehmen, damit der Alpsommer gelingt.
Administration und Zäune
Festzuhalten ist, das mit jeder Vorschrift und mit jeder Änderung der administrative Aufwand steigt. Das fängt beim Alpaufzug an, reicht über das Weidemanagement bis hin zur Sennerei. An der Tagung wurde denn auch das neue Hygienekonzept für die Sennerei nach der SAV-Branchenleitlinie eingeführt.
Einiges an Mehraufwand gibt es für den auf 2024 neu eingeführten Zusatzbeitrag von Fr. 250.–/NS für die Umsetzung von einzelbetrieblichen Herdenschutzmassnahmen. So muss der Alpverantwortliche mit der Herdenschutzberatung ein Herdenschutzkonzept erarbeiten. Dieses wird von der Wildhut geprüft und muss beim Amt bis zum 30. April beantragt und schliesslich genehmigt werden. [IMG 3] «Vom Tag eins der Alpung muss es dann auf der Alp umgesetzt werden», sagte Batist Spinatsch, Leiter Beratung und Weiterbildung, Plantahof. Zusätzlich zur Jagdverordnung gelten für den Zusatzbeitrag auch die Bestimmungen der Direktzahlungsverordnung und weiter: «Bei den Umtriebsweiden müssen die Weidenetze vollständig geschlossen sein – auch wenn beispielsweise Felswände eine natürliche Grenze bilden würden.» Zum Aufwand des Zäunens müssen die Älpler zudem ein Weidejournal führen.
Aborte und Tuberkulose
Giochen Bearth erinnerte daran, dass jeder Abort als ansteckend zu erachten sei. Jeder Abort ist dem Tierarzt zu melden. BVD macht ihm keine Sorgen mehr. Im vergangenen Jahr gab es einen Seuchenfall und ein PI-Tier.
Mehr Sorgen bereitet ihm Tuberkulose (TBC). In den TBC-Hotspots Vorarlberg und Tirol habe sich die Situation nicht ernsthaft beruhigt. Risikogebiete im Graubünden sind die Herrschaft, das Prättigau und das Unterengadin. Dort ist das Auslegen von Salzlecken für Weidevieh und Wild nur in überwachter oder kontrollierter Umgebung erlaubt (Amtsverfügung Fütterungsverbot von Schalenwild).
Auch machte Bearth darauf aufmerksam, dass beim ausserkantonalen Sömmerungsvieh das Inkasso neu über die TVD-Abfrage erhoben wird. Über die TVD werden neu auch Schafe und Ziegen erfasst. Da aber neue GVE-Faktoren eingeführt wurden, musste der Normalbesatz neu berechnet werden. «Von 150 Alpen mit Schafen ist bei 92 keine Anpassung nötig. Hingegen bei den restlichen wurde der Normalbesatz angepasst», sagte Riet Pedotti vom Amt für Landwirtschaft und Geoinformation (ALG). Die Verfügung sei den Verantwortlichen mitgeteilt worden.
«Gut verrotteter Mist ist des Bauern List.»
Batist Spinatsch
Gewässerschutzkontrollen auf der Alp
Sorgen bereitet den Alpmeistern der Gewässerschutzvollzug auf den Alpen. Hier wird seitens der Ämter vermehrt darauf geachtet. «Gut verrotteter Mist ist des Bauern List», brachte es Batist Spinatsch auf den Punkt. Er legte den Landwirten nahe, die Nährstoffgehalte alpeigener Dünger analysieren zu lassen.
- Düngbare Flächen: intensive Fettweiden, mittel bis wenig intensive Fettweiden sowie Magerweiden.
- Nicht düngbar: extensive Weiden, Viehlägerfluren, strenge Borstgrasweiden, Krummsegge oder Blaugras oder Rostsegge.
Gutes Alppersonal ist rar
Wichtigster Faktor für das Funktionieren der Sömmerung sind die Älpler. Sie brauchen eine zeitgemässe Unterkunft, wo sie sich zurückziehen und die Administration in aller Ruhe erledigen können. Diesbezüglich macht die Gemeinde Klosters vorwärts. Andres Ruosch, Landwirt und Gemeindevorstand, stellte das Alpsanierungsprojekt vor. Dabei werden 30 Alphütten saniert, Wege neu erstellt und es wird in die Wasserversorgung investiert. «Wir wollen nichts verfallen oder abbrechen lassen, sondern die Alpung für die Nachwelt erhalten», sagte er.
Wichtig sind den Älplern auch ein Arbeitsvertrag und eine korrekte Lohnabrechnung. Der Hinweis von Töni Gujan von der Fachstelle für Alpwirtschaft auf die Plantahof-Website ist nicht zu verachten. Dort sind unter dem Reiter «Alpwirtschaft» Musterverträge, Checklisten und Lohnabrechnungsvorlagen zu finden.
Der Verleider mit dem Grippeli
2019 wandten sich die Verantwortlichen einer grossen Rinderalp im Kanton Uri an die Beratung. Jahr für Jahr erkrankten immer mehr Rinder an Panaritium (Grippeli, Schlegelfäule). Bis 20 % der Tiere lahmten und der Antibiotikaeinsatz stieg und stieg. Die Hirten litten unter der Mehrbelastung durch das Einfangen und Behandeln der Tiere sowie der fehlenden Zeit für andere Arbeiten. Im Rahmen eines Pilotprojekts suchten die Beratungsdienste Uri und Schwyz nach Lösungen. Hans Muheim von der landwirtschaftlichen Beratung Uri stellte das Projekt an der Bündner Alpmeistertagung vor.
Panaritium ist eine durch Bakterien verursachte Klauenentzündung. Die Eintrittspforte der Bakterien sind Wunden im Zwischenklauenbereich, an Klauen und Fesseln. Ausgeschieden werden die Erreger mit dem Kot. «Nach vier Wochen ohne Beweidung sind die Bakterien abgestorben», sagte Muheim.
«Besonders gefährdet sind ein- bis zweijährige Rinder, die sind sozusagen hochpubertär.»
Hans Muheim
Beste Prävention ist, Verletzungen an den Klauen zu vermeiden. Orte mit hoher Verletzungsgefahr seien auszuzäunen, morastige Stellen zu eliminieren, steinige und sumpfige Wege zu sanieren. «Besonders gefährdet sind ein- bis zweijährige Rinder», sagte Muheim. Er bezeichnete sie als hochpubertär, die über Stränge schlagen, Rangkämpfe austragen oder stierig werden. Also muss Ruhe rein. Dafür gab Muheim diese Tipps:
- Auf- und Anfahrt in kleinen Gruppen
- Tiere vom gleichen Betrieb zusammen lassen
- Trächtige und nicht trächtige Tiere separieren
- Nur ruhige Hunde
- Viele gut zugängliche und trockene Tränkestellen
- Keine zentralen Salzstellen