Corona könnte die Antibiotika-Krise verschärfen. Grund dafür ist, dass Ärzte bei Covid-19-Patienten häufig Antibiotika einsetzen, obschon es sich bei der Erkrankung um ein Virus handelt und Antibiotika nur gegen Bakterien helfen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) befürchtet, dass sich so eine der grössten globalen Gefahren verschärfen könnte – nämlich die Zunahme der resistenten Bakterien.
Wie Dagmar Heim vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) an der Jahrestagung der Schweizerischen Vereinigung für Tierwissenschaften erklärte, ist das oberste Ziel: die Wirksamkeit von Antibiotika für Mensch und Tier langfristig zu erhalten.
Humanbereich stagniert
In der Veterinärmedizin wurde zur Zielerreichung bereits ein beachtlicher Anteil geleistet. Während in diesem Bereich der Antibiotikavertrieb gesamthaft innert zehn Jahren um mehr als 50 % gesunken ist, nahm der Vertrieb von kritischen Antibiotika in der gleichen Zeit um sogar fast 70 % ab (siehe Grafik). Demgegenüber zeigt ein im November vergangenen Jahres veröffentlichter Bericht, dass in der Humanmedizin der Antibiotikaverbrauch gegenüber den Vorjahren ungefähr gleich blieb. Corona dürfte laut WHO keinen positiven Einfluss auf die Entwicklung haben.
Trotz dieser guten Resultate im Bereich der Veterinärmedizin brauche es noch weitere Anstrengungen, erklärt Dagmar Heim. Ein entscheidender Bestandteil der Strategie Antibiotikaresistenzen (StAR), die der Bundesrat 2015 verabschiedet hat, ist das Informationssystem Antibiotika in der Veterinärmedizin (IS ABV). Dieses ist seit 1. Januar 2019 in Betrieb. Darin wird der Verbrauch von Antibiotika bezüglich der verschiedenen Tierarten und Produktionstypen (z. B. Mastkälber, Milchvieh), der einzelnen Tierhaltungen und der einzelnen Tierarztpraxen und -kliniken erfasst.
Vielverbraucher identifizieren
Bereits diesen Sommer sollen erste Auswertungen veröffentlicht werden können. Die Daten sollen Informationen über die Wirksamkeit der bereits getroffenen Massnahmen «zum umsichtigen Einsatz von Antibiotika» liefern. Gleichzeitig soll aufgezeigt werden können, in welchen Bereichen weitere Massnahmen notwendig sind. «So kann ein nicht sachgemässer Einsatz erkannt und Vielverbraucher können identifiziert werden», erklärt Heim die Vorteile der Erfassung, die entsprechende Ziele verfolgt.
Denn ab 2022 sind bei Vielverbrauchern Massnahmen vorgesehen. Statt Restriktionen auszusprechen, die alle betreffen würden, könne durch das gewonnene Wissen gezielt vorgegangen werden. Die Erhaltung der Tiergesundheit spiele dabei eine entscheidende Rolle. Selbsthilfeorganisationen und Tiergesundheitsdienste werden daher vom Bund finanziell einheitlich unterstützt. Die Verordnung über die Unterstützung trat am 1. Dezember 2020 in Kraft.