Wer eine Geflügelmetzgerei sucht, würde sie sicher nicht an diesem Ort vermuten. Denn Metzgereien sind schon lange ins Industriegebiet verbannt, irgendwohin, wo sie keine Emissionen verursachen. Man nicht hört, riecht oder gar sieht, was hier geschieht. In der Talschaft Heimisbach ist das anders. Heimisbach ist kein eigenständiges Dorf und liegt in einem für das Gebiet typischen Graben. Hier geht die Geflügelschlachterei Kopp ihrer Arbeit nach. Bei Vollbesatzung sind 17 Personen beschäftigt, die meisten in einem Teilzeitpensum und viele von ihnen aus der Umgebung. Das schafft Flexibilität, welche es in diesem Geschäft auch braucht. Zwischen 40 000 und 50 000 Suppenhühner, rund 30 000 Poulets, 10 000 Truten und einige tausend Enten und Gänse werden hier geschlachtet. Nur, wie kommt eine Metzgerei in dieser Grösse, die nicht mal einen eigenen Laden führt, an so einen Ort?
Hof übernommen
Christian Kopp, Inhaber und Betriebsleiter der Geflügelmetzgerei ist gelernter Metzger und Landwirt. Hier, in Läderache, ist er aufgewachsen. Er hat den elterlichen Bauernhof, mit einer Fläche von gut sechs Hektaren übernommen. 30 000 kg Milch wurde auf dem Heimet damals gemolken. "Keine Existenz für die Zukunft", war sich Kopp seinerzeit bereits bewusst. 1986 hat er den Betrieb übernommen. Zehn Jahre später, bei einem Milchpreis von 1,07 Rappen pro Liter, hat er die Milchproduktion für immer eingestellt. "Alle sagten: Du spinnst!", erinnert er sich. Ihm war es egal, was die anderen sagten. So dürfte es auch heute noch sein. Christian Kopp orientiert sich nicht an dem, was andere sagen. Er orientiert sich am Markt, am Konsumenten, aber auch an den Bauernfamilien, "die einen Erwerb brauchen", wie er sagt.
Ohne eigenen Laden
Die Metzgerei Kopp bedient eine Nische. Der Schlachterei ist kein Laden angegliedert. Hier kann man also kein Geflügelfleisch kaufen. Will jemand aber explizit Fleisch, das über den Tisch der Heimisbacher Metzgerei ging, schickt der Metzger sie zu seinen Kunden, den Produzenten, die das Fleisch ab Hof verkaufen. So auch Barbara und Peter Züttel, Heimisbach. Von ihrem Betrieb, auf dem neben den Hühnern und Truten auch Milchkühe und Pferde stehen, ist es verglichen mit den Transporten, die Poulets auf dem Weg in die grossen Schlachthöfe erleben, ein Katzensprung zur hiesigen Metzgerei. Die BauernZeitung begleitet den Metzger an einem gewöhnlichen Arbeitstag, auf dem Weg zu Züttels. Die Strecke zum Betrieb zieht sich den steilen Hügeln des Emmentals entlang. Das Kreuzen auf den schmalen Strassen ist erschwert. An so einem Ort wäre ein Hofladen kaum zukunftsträchtig. Zu abgelegen ist es "im Heimisbach", wie Ortsansässige den Graben nennen, der zur Gemeinde Trachselwald gehört.
In der Küche wartet ein mit Znüni reich gedeckter Tisch. Würste aus Poulet und Trutenfleisch, alles Spezialitäten vom Hof, verarbeitet in der Metzgerei Kopp. Für Christian Kopp ist klar, diese Form der Fleischvermarktung ist und bleibt eine Nische. Aber eine Wertvolle. Denn Geflügelfleisch befinde sich im Konsum weiterhin im Aufwärtstrend. Die Tatsache, dass der Konsument zunehmend wissen will, woher sein Essen auf dem Teller kommt, hilft solchen Formen, wie Kopp sie mit diversen Landwirten aus der Region, und mittlerweile aus der ganzen Schweiz, praktiziert. So sei er auch kein Konkurrent der Bauern, denn er bietet mit der Verarbeitung nur die Dienstleistung, nicht aber das Produkt selber an.
Kunden wollen es wissen
"Jeder Skandal hat mir Arbeit gebracht", erinnert sich der Metzger. In der Schweiz lebe eine kaufkräftige Gesellschaft. "Sie sind bereit, zu zahlen", weiss Kopp. Aber wolle auch etwas fürs Geld.
«Jeder Skandal hat mir Arbeit gebracht.»
Christian Kopp, Inhaber der Metzgerei Kopp, Heimisbach.
Alle Kunden, die Fleisch bei Geflügelproduzenten kaufen, sei dies aus dem konventionellen, dem Bio- oder auch Demeter-Kanal, kommen gerne in die Metzgerei, um zu sehen, wie das Fleisch verarbeitet wird. Vertrauen sei der Schlüssel zum Erfolg. Vertrauen zwischen allen Beteiligten in der Kette.
Wertschöpfung im Dorf
Christian Kopp will die Geflügelwelt nicht verändern, er verurteilt auch die grossen Betriebe nicht. Er geht seinen Weg und betont immer wieder. "Es braucht beides. Diese Form der Produktion wird eine Nische bleiben", sagt er. Sie bringt Wertschöpfung nach Heimisbach. Auch auf die Bauernhöfe.
«Diese Form wird eine Nische bleiben.»
Christian Kopp zum Verkauf von Geflügelfleisch ab Hof.
Der Kunde kann wünschen
Im Stall der Familie Züttel sind frische Küken eingezogen. Auf der einen Seite des Stalls sind Truten, auf der anderen Poulets in je zwei Altersgruppen eingestallt. In den grossen Kühlschränken sind noch wenige Päckchen Fleisch des letzten Umgangs Hühner und Truten gelagert. Züttels verkaufen nur noch vereinzelt Mischpakete. Das hätten sie anfänglich gemacht, heute kann jeder Kunde wünschen, welche Stücke er wie verpackt haben will. Und das wird geschätzt.
Ganz einfach gestartet
"Alle sollen das Fleisch so vermarkten, wie es für sie richtig ist", sagt Christian Kopp auf dem Rückweg zur Metzgerei. Er weiss sehr wohl, dass die Bauern in der Umgebung kaum auf Geflügel setzen würden, wenn er nicht wäre. Dabei hat alles ganz einfach angefangen. Hinter dem Haus. Dort hat Kopp die eigenen Hühner geschlachtet. Einen ganzen Tag habe er für 30 Stück benötigt.
Bis er sagte: "Das kann es nicht sein!" Schliesslich führte ein langer, teils steiniger Weg zur heutigen Metzgerei. Langwierige Bewilligungsverfahren, und immer wieder mutige Schritte in der Vergrösserungsstrategie hat Kopp hinter sich gelassen. Er ist zufrieden, hat nie aufgegeben, seiner Überzeugung zu folgen. Flexibilität sei eine der wichtigsten Eigenschaften, die er gebraucht habe. Und so ist auch der Arbeitsplatz mit viel Flexibilität ausgestattet. Innert weniger Minuten kann die Metzgerei von der Verarbeitung von Hühnern auf Truten oder Gänse umstellen. Das, was die grossen Schlachthöfe nicht können.
Nachfolge noch zu regeln
Christian Kopp hat die Metzgerei, so wie sie heute dasteht, selber geplant. Die Erfahrung hat ihn gelehrt. Rund zwei Millionen Franken stecken im Gebäude. Doch wie steht es um die Nachfolge? Die Töchter der Familie Kopp haben nicht im Sinn, das Unternehmen weiterzuführen. Damit hadert Christian Kopp nicht. Er stellt den Blinker im Auto und fährt den Weg langsam hinauf zur Geflügelmetzgerei. "Es wird weitergehen!", sagt er. Und auch das wirkt glaubwürdig.