Das Legehennen-Stallkonzept von Rondeel entstand aus der Not. Als 2003 die Hühnergrippe die niederländische Geflügelbranche bedrohte, beauftragte das Landwirtschaftsministerium die Universität Wageningen (WUR), ein Stallkonzept zu bauen. Dieses sollte eine tierfreundliche Haltung garantieren, einen minimalen Einfluss auf die Umwelt haben, sich gut in die Umgebung einfügen, der Öffentlichkeit mehr Transparenz bieten und nicht zuletzt den Landwirten eine komfortable und rentable Bewirtschaftung erlauben. Konsumentinnen und Konsumenten wurden nach ihren Vorstellungen zum Tierwohl gefragt.
Schweiz bietet mehr Fläche
Alle diese Massnahmen sollen höchstes Tierwohl bieten. Den Hühnern gefällts - davon ist auch Yann Oppliger, Bio-Eierproduzent aus Goumois JU überzeugt. "Die Hühner sehen gesund aus, sie sind lebhaft. Es scheint ihnen zu gefallen", kommentiert er den Rondeel-Stall während des Besuchs. Selber hat er einen Legehennenstall für 2'000 Tiere und obwohl das Stallystem im Innenbereich dasselbe ist wie dasjenige zuhause, gebe es ein paar Unterschiede. "In der Schweiz müssen wir den Tieren etwa dreimal so viel Fläche bieten", sagt der Junglandwirt. Ausreichend Schattenplätze, ein Sandbad zur regelmässigen Federpflege und täglicher Zugang zur Weide seien selbstverständlich.
Rondeel hat sich in einer Nische zwischen konventionell und Bio angesiedelt, sagt Ilse Poolen von Rondeel in Wintelre. Verpackt werden die Eier in Kartons, die biologisch abbaubar sind. "Zuerst haben wir Verpackungen aus Kokosfasern entworfen. Das haben wir weiterentwickelt und heute werden die Eier in Kartons aus Kartoffelstärke verkauft", erklärt Ilse Poolen. Nicht nur das Material, auch die Packungsgrösse und -form sind speziell. "Die runde Verpackung zeigt dem Konsumenten auf einen Blick, dass die Eier von Rondeel sind, also gewisse Tierwohlstandards erfüllen. Und eine Packung enthält ein Ei pro Wochentag, also sieben", fügt Poolen an. Vertrieben werden die Eier in ausgewählten Supermärkten und von der Fluggesellschaft KLM, die mit den Tierwohlstandards wirbt.
(K)ein Vorbild
2018 stieg in den Niederlanden der Export von landwirtschaftlichen Gütern erneut. Produkte im Wert von über 90 Milliarden Euro wurden ausgeführt. Nur die USA konnten das europäische Land überbieten, bei einer 237-mal grösseren Fläche kein Wunder.
Umweltprobleme lange ignoriert
Hinter dem niederländischen Exporterfolg steht eine sehr intensive Landwirtschaft, inklusive negativer externer Effekte. Alle Welt scheint auf die Niederlande zu schauen, als Beispiel einer erfolgreichen Agrarwirtschaft. Umweltprobleme wegen Überdüngung oder Massentierhaltung, die zu Protesten in der Bevölkerung führt, werden oft ignoriert.
Die niederländische Agrarministerin Carola Schouten hatte angekündigt, dass sie das Konzept der "zyklischen Landwirtschaft" zum obersten politischen Ziel machen will. Das Konzept ist alt, es beschreibt ein gemischtes Modell, wobei sich die Tierhaltung und die Pflanzenproduktion verbinden. Beispielsweise kann ein Stickstoff-Überfluss dadurch reduziert werden, dass Kühe mehr rohfaserreiches Futter verzehren. Das führt zu weniger Ammoniak im Kuhdung, und dieser steigert die Gesundheit des Bodens: bessere Mikrobiome, gesündere Pflanzen.
Nicht nur Absatz, sondern Konsumentenbezug
Es zeigt, dass die Problematik der hohen Umweltbelastung durch die Landwirtschaft in den Niederlanden langsam aber sicher angegangen wird. Mehr ist nicht immer das Beste, sagt auch Jean-Marc Chappuis, Leiter Wissenssysteme, Technologie und Internationales beim Bundesamt für Landwirtschaft (BLW). Auf einer Reise in die Niederlande konnte er sich ein Bild der Landwirtschaft machen. "Ich bin beeindruckt, wie ein so kleines Land eine intensive Produktion aufrechterhalten kann. Gleichzeitig machen sich die niederländischen Landwirte seit ein paar Jahren intensiv Gedanken über alternative Verkaufskanäle und Einkommensmöglichkeiten", meint er. "Es geht ihnen dabei nicht nur um den Export, sondern auch darum, wie die eigenen Konsumentinnen und Konsumenten wieder mehr Zugang zur Landwirtschaft finden."
Er wünscht sich, dass die Schweizer Landwirtschaft stärker aus der Defensive rauskommt: "Unsere Landwirte sollen ein besseres Selbstbewusstsein entwickeln. Sie machen einen super Job, versuchen zum Beispiel ebenfalls, die Stickstoffbelastung möglichst tief zu halten." Das soll der Bevölkerung mitgeteilt werden: "Ich denke an den Aktionsplan Pflanzenschutz, der die Landwirtschaft umweltverträglicher macht. Eine andere Strategie ist es, Tür und Tor zu öffnen und Leute auf den Hof einzuladen. So kann der Landwirt transparent kommunizieren, wie er die Lebensmittel produziert", sagt Chappuis. Wie in der Schweiz gibt es auch in den Niederlanden "besucherfreundliche" Höfe. Ein solches Beispiel ist der Hühnerhof von Rondeel.
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