Wie ich dieser Moment jedes Jahr von Neuem geniesse – es ist alles gepackt, verladen, organisiert und das Auto rollt samt unserer wertvollen Fracht los in Richtung Zug. Ich atme tief durch und es kommt nach dem ganzen Stress endlich Freude in mir auf. Am Steuer sitzt mein Mann Silas, im Viehanhänger mit dabei sind Vulkana und Fiona. Fiona hat Geburtstag. Sie wird fünf Jahre alt und ist schon das dritte Mal mit uns auf dem Weg an die Sorexpo. Ob sie sich wohl freut?

Schon die Anfahrt ist schön

Zu Hause habe ich den beiden Kühen erzählt, dass wir einen zweitägigen Ausflug machen, dass sie sich dort präsentieren dürfen und dass wir sie schliesslich wieder mit nach Hause nehmen werden – egal, wie die Rangierung ausfallen werde.

Silas und ich sprechen kurz über unsere Erwartungen. Wir sind uns einig: Dieses Jahr sind wir wohl nicht konkurrenzfähig. Nicht den letzten Platz zu belegen, das wäre schön.

Die Sorexpo findet dieses Jahr zum 20. Mal statt. Seit vielen Jahren ist die Ausstellung fixer Programmpunkt in unserem Kalender. Es geht mir nicht um Auszeichnungen und Preise, ich freue mich auf das Drumherum. Schon auf der langen Autofahrt gibt es viel zu entdecken. Es ist eine willkommene Abwechslung zum Alltag, eine Horizonterweiterung.

Auf dem Stierenmarktareal in Zug angekommen, stehen aber erstmal wieder unsere beiden Kühe im Fokus. Wir laden möglichst zügig aus, lassen den Tierarzt kontrollieren und dann werden sie noch einmal gewaschen, bevor sie die Stallung beziehen können. In einem grossen Zelt sind zwei Plätze für Fiona und Vulkana reserviert. Links und rechts von ihnen stehen Kühe von Freunden. Beim Anblick von all diesen gepflegten Lieblingstieren im frischen Strohbett geht mir das Herz auf.

Gewinnt sie einen Titel?

Bis zum Auftritt von Vulkana bleiben noch einige Stunden Zeit. Während sie frisst, richten wir uns ein, plaudern ein wenig und spähen die Konkurrenz aus. Ich bin beeindruckt vom Zuchtfortschritt der Rasse Original Braunvieh. Im Stall nebenan sticht mir eine besonders schöne Kuh mit einem grossartigen Euter ins Auge.

Erst als ich nähertrete, erkenne ich sie wieder. Bereits letztes Jahr sind wir bei ihr stehengeblieben. Damals habe ich meinem Vater ein Foto geschickt. Ich durchsuche meine Bildergalerie und vergleiche. Sie hat sich prächtig entwickelt.

Obwohl ich noch längst nicht alle Tiere gesehen habe, tippe ich, dass sie einen Titel gewinnen wird. Habe ich recht? So baut sich Spannung in mir auf. Die Misswahlen will ich auf keinen Fall verpassen. So weit ist es aber noch nicht.

Wie ein brodelnder Vulkan

Zwischen interessanten Gesprächen und geselligem Zusammensein schauen wir immer wieder nach dem Rechten bei Fiona und Vulkana. Sie sollen sauber bleiben und genug fressen, damit sie sich von ihrer schönsten Seite präsentieren können.

Endlich ist es so weit. Die Rinder sind gerichtet und die erstlaktierenden Kühe sind an der Reihe. Vulkana bekommt den letzten Schliff und soll nun mit uns zum Ring laufen. Aber «ohalätz», sie will nicht. Ist sie nur nervös, oder hat sie gar Angst?

Wir versuchen, sie zu beruhigen. Zum Glück haben wir noch genug Zeit. Ich muss schmunzeln. Sie kommt mir in diesem Augenblick tatsächlich vor, wie ein brodelnder Vulkan. Ich bin froh, dass Silas sie vorführen wird. Im Ring merkt man nichts mehr von der Aufregung, sie macht ihre Sache gut und belegt den sechsten Rang.

Kein guter Tag für Fiona

Etwa gleich läuft es am nächsten Tag mit Fiona ab. Nur ist es bei ihr nicht die Nervosität, sondern die Brunst, die treibt. Normalerweise freut sich der Bauer, wenn seine Tiere stierig werden, aber ausgerechnet heute hätten wir uns das nicht ausgesucht.

Fiona hat für eine Ausstellung keinen guten Tag. Sie hat viel zu wenig gefressen, die Hungergrube ist deutlich sichtbar und die Hormone lassen die Milch tropfen – genau wie an der letzten Sorexpo. Schade. So lässt sich das Resultat kurz und schmerzlos zusammenfassen: Ziel nicht erreicht.

Richtig getippt

ViehschauenDie souveräne Original Braunvieh Kuh Lampedusa wird erneut Miss SorexpoSonntag, 2. Februar 2025 Wenigstens lag ich mit meinem Tipp zur Kuh mit dem schönen Euter nicht komplett daneben. Sie konnte einen Vize-Titel heimholen.

Apropos heimholen: Unsere Kinder warten bei den Grosseltern auf uns. Erfüllt und müde machen wir uns auf den Heimweg. Zu Hause trafen wir den Stall und die Tiere blitzblank an. Sämtliche Arbeiten waren erledigt. Unsere fleissigen Helfer haben sich für uns mächtig ins Zeug gelegt. Ich könnte mir keine schönere Heimkehr vorstellen.