Im Fürstentum Liechtenstein sorgen zwei Fälle von grausamer Tierquälerei für Entsetzen. Im ersten Fall misshandelte ein Bauer eine kranke Kuh mit einem elektrischen Viehtreiber und malträtierte sie mit einer Mistgabel. Im zweiten Fall versuchte ein Bauer, eine junge Kuh mit einem Kleinkalibergewehr zu töten. Die «NZZ» berichtete am 12. Februar 2022 über die Vorfälle und deren politische Konsequenzen.
19 von 24 Kontrollen beanstandet
In der Öffentlichkeit tauchte nach Bekanntwerden der Fälle die Frage auf, ob das Tierschutzgesetz ausreiche, um solche Fälle zu verhindern. Nun nimmt sich die Politik der Sache an. Die Vaterländische Union (VU) reichte im Parlament einen Vorstoss ein. Darin wird die Regierung aufgefordert, einen Bericht zu erstellen, ob Anpassungsbedarf beim Tierschutz besteht.
Das Parlament fordert, so die «NZZ», eine Überarbeitung des Tierschutzgesetzes aus dem Jahr 2010 und verstärkte Kontrollen. Aus den Grundkontrollen, die im Berichtsjahr 2020 bei 24 Viehbetrieben durchgeführt wurden, resultieren 19 Beanstandungen, wovon knapp die Hälfte den Einsatz von Tierarzneimitteln betrafen. Sowohl in der Öffentlichkeit als auch im Parlament wurden neben Strafmass - der Bauer mit der Mistgabel erhielt vor Gericht lediglich eine Geldstrafe - die Rolle des Tierschutzbeauftragten Christoph Büchel hinterfragt.
Tieranwalt kam seiner Pflicht nicht nach
Ursprünglich war im Jahr 2005 erwogen worden, einen Tieranwalt mit erheblichen Kompetenzen zu bestellen. Um das Amt für Veterinärwesen nicht mit einer zweiten Behörde zu konkurrenzieren, wurde in abgeschwächter Form die Funktion des Tierschutzbeauftragten geschaffen. Dieser hat zwar das Recht, in Verwaltungsverfahren Einsicht in die Akten zu nehmen, ihm kommen aber keine exekutiven Befugnisse zu.
Der Tierschutzbeauftragte Christoph Büchel hatte kurz nach seiner Bestellung 2019 eine Tierarztpraxis in Österreich übernommen und war zum Zeitpunkt, als das Video von der tierquälerischen Exekution der Kuh die Runde machte, weit weg vom Tatort. Die Liechtensteiner Regierung sah nach dem Wegzug Büchels zunächst keine Notwendigkeit, eine neue Person zu beauftragen.
Nach den Vorstellungen des Parlaments, dass dem Tierschutzbeauftragten mehr Interventionsmöglichkeiten und Befugnisse zukommen sollten, wird die Regierung die Stelle neu besetzen und die Kompetenzen dieses «Anwalts der Tiere» anpassen müssen.
Ähnlicher Fall in der Schweiz
Die Vorfälle in Liechtenstein rufen Erinnerungen an den Fall Hefenhofen wach, bei dem mehrere Pferde über Jahre mutmasslich gequält wurden. 2017 wurde der Betrieb zwangsgeräumt, nachdem Fotos von verwahrlosten Pferden den Medien zugespielt wurden. Den Thurgauer Behörden wurde vorgeworfen, jahrelang wegeschaut zu haben. Besonders der damalige Kantonstierarzt, Paul Witzig, stand in der Kritik. Die Kantonsregierung räumte Fehler ein und liess einen Massnahmenkatalog erarbeiten, um solche derartigen Fälle künftig zu verhindern. Der Pferdehalter wurde rechtskräftig verurteilt. Ihm wurde ein unbefristetes Tierhalteverbot auferlegt.