Rund drei Meter Klöppelspitze braucht es für jeden Walliser Trachtenhut. Gefertigt wird sie aus feinstem Goldfaden – und natürlich von Hand.  «In einer Stunden kann ich etwa 10 Zentimeter klöppeln», erzählt Maria Borter aus Visp. «Für einen Hut braucht es rund drei Meter Goldspitze, dafür rechne ich rund 25 bis 30 Stunden.» 

Maria Borter gehörte vor rund 30 Jahren zu einer fünfköpfigen Frauengruppe in Ried-Brig, die lernen wollte, wie man die aufwendigen Walliser Trachtenhüte selbst herstellt.«Doch damals wollte uns das niemand zeigen. Also brachten wir es uns selber bei.» Die Frauen trennten alte Hüte auf um zu sehen, wie sie aufgebaut sind, lernten klöppeln und auf was es bei den feinen Seidenstickereien ankommt. 

Die nächste Generation

Inzwischen hat die Gruppe Zuwachs von der nächsten Generation bekommen: Mit dabei sind nun auch Maria Borters Tochter Pascale Haefliger und Brigitte Steiner, deren Mutter ebenfalls zur Ursprungsgruppe gehörte. «Brigitte und ich waren schonals Jugendliche zusammen im Trachtentanzverein», sagt Pascale Haefliger. «Dazu kam unser Interesse für Handarbeit. Schliesslich lernten auchwir klöppeln, erst mit Baumwolle, dann mit dem feinen Goldfaden.» Gerade das Klöppeln habe zudem etwas fast Meditatives, dabei könne man gut vom Alltagstress abschalten. 

Inzwischen können die drei Walliserinnen die vielen Teilarbeiten des Trachtenhuts selber in Angriff nehmen. Denn nicht nur die Goldspitze, sondern der ganze Kopfschmuck wird von Grund auf von Hand gefertigt. Selbst die Strohkappe, die die Basis bildet, wird aus eingeweichten Strohbändern passend zur Kopfgrösse zusammengenäht. Umfasst wird sie von einem sogenannten «Kres»: Er besteht aus einem 3,4 Zentimeter breiten schwarzen Band, das in insgesamt 366 Falten à neun Zentimeter gelegt wird. 

Dicht an dicht

«Die Falten kommen dicht übereinander, so dass der Kres Fülle bekommt. Jede einzelne Falte nähe ich mit sieben Stichen fest. Bis ich die benötigten 63 Zentimeter neben meinen Alltagsarbeiten fertig habe, brauche ich zwei bis drei Wochen.»  Pascale Haefliger ist Mutter von drei Töchtern und betreibt mit ihrem Mann einen Landwirtschaftbetrieb mit Milchproduktion, Aufzuchttieren und 200 Mastschweinen, sie arbeitet in allen Bereichen mit.

Von Hand bestickt ist auch das zehn Zentimeter breite Seidenband, das rund um den Strohhut festgesteckt wird. «Dazu wird die Stickerei erst detailliert aufgezeichnet», erklärt Brigitte Steiner, die ursprünglich Damenschneiderin gelernt hat, heute aber im Management einer Behindertenorganisation tätig ist. «Im Dorf schaut man zudem darauf, dass nicht zwei Frauen das gleiche Stickmuster auf dem Hut haben. So viel Individualität muss sein.»

Speziell für die Region Brig/Visp sei, dass der Hut gegen oben schmaler wird. Das sei zum Beispiel beim Saaser Hut anders, der sei von unten bis oben gleich breit. Zum Walliser Trachtenhut gehört zudem auf jeder Seite auf Ohrenhöhe ein «Lätsch», eine grosse schwarze Masche – und die passende Frisur, ein Chignon. Reicht die eigene Haarlänge dafür nicht aus, darf es ein künstliches Haarteil sein.

Foscherli und Lumpji

Die drei Hobby-Hutmacherinnen sindin der Trachtenvereinigung Ried-Brig engagiert, zu der 60 Frauen jeglichen Alters gehören. Brigitte Steiner: «Wir sind bei allen Dorf- und Kirchenanlässen in unserer Tracht dabei, servieren zum Beispiel einen Apéro. Da wir so viele sind, steht jede nur ein bis zweimal im Jahr im Einsatz. Es ist ein unkomplizierter Verein, jede hilft jeder, wenn etwas fehlt. Diese guten Sozialkontakte halten uns zusammen.» 

Neben dem reich verzierten Hut wirkt das schlichte, schwarze Kleid der Tracht fast bescheiden. Aufgepeppt wird es durch eine Schürze, das «Foscherli» und den «Lumpji», das fransenbestückte Dreieckstuch für die Schultern. «Foscherli und Lumpji sind aus Seide, dürfen alle Farben haben und sind teils auch bestickt», sagt Pascale Haefliger. «Sie müssen einfach zum Hut passen.» 

Hin und wieder werden die drei Walliser Trachtenhut-Macherinnen inzwischen von jungen Frauen angefragt, ob sie ihnen beibringen würden, wie man den traditionellen Kopfschmuck gestaltet. Maria Borter, Pascale Haefliger und Brigitte Steiner geben ihr Wissen gerne weiter. «Wir sind stolz auf unsere Trachten. Sie bei Anlässen zu tragen, ist eine schöne Tradition, die unsere Identität zeigt und das Dorf belebt.»