Das Soziale hat es Astrid Murpf angetan. Selbst realisiert dies die 45-jährige Bäuerin aus Hasle LU erst so richtig, als sie ihre Tätigkeiten für die BauernZeitung aufzählt. Dazu später mehr. Die ehemalige SRF-Landfrauen-Köchin (2019) empfing diese Woche die BauernZeitung auf Eschitannen. Die sonst Vielbeschäftigte hat etwas Zeit. Der Heuet kommt hier oben auf 1184 m ü. M. nicht in die Gänge. Die Parzellen auf dem grossflächigen Bergbetrieb Zone III sind fast ausnahmslos geneigt, die Böden seit Frühling wassergesättigt.

Fast viehlos diesen Sommer

Astrid Murpf trägt es mit Fassung. Den Hof Eschitannen, 20 Autominuten oberhalb Hasle LU, führt sie mit ihrem Mann Stefan, der den Betrieb 1998 von einem entfernten Verwandten kaufen konnte. Zum Hof gehört auch der elterliche Betrieb von Astrid. Sie ist ebenfalls Entlebucherin. Das mit dem «eigentlich wollte ich nie einen Bauern heiraten» (um es dann später doch zu tun) gibt es bei ihr nicht zu vernehmen. «Nein, das kam mir schon gelegen», sagt sie mit einem herzhaften Lachen. Dieser Sommer gestaltet sich für das Mitglied der Bäuerinnen-Kommission des Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverbands allgemein ein wenig ruhiger. Sämtliche Tiere der Tux-Zillertaler-Mutterkuhherde sind z Alp, der Stall ist leer, ein Teil des Viehs in der Umgebung und 16 Mutterkühe mit Kalb im Simplongebiet. Wobei nicht zu vergessen die 25 Mutterschafe mit Lamm, die rund um den nahegelegenen Sömmerungsstall Rossacher in Sichtweite auf der Weide sind.

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Verlust der Töchter

Die vierfache Mutter organisierte sich in den vergangenen Monaten mitten im Leben neu. Der Hintergrund ist tragisch. Vor rund drei Jahren sind ihre beiden Töchter Melanie und Ilona, beide geboren mit einem Gendefekt und mehrfach beeinträchtigt, kurz nacheinander im Teenageralter verstorben. Tagsüber waren sie unter der Woche im heilpädagogischen Zentrum in der Region betreut. Nachdem sich ihr Zustand verschlechterte, pflegten Astrid und Stefan sie, unterstützt durch die Kinder-Spitex Zentralschweiz, wieder zu Hause. Rund um die Uhr. Nach dem Tod ihrer Mädchen überkam die Bäuerin eine «riesige Leere», wie sie es beschreibt. Es gebe keinen grösseren Schmerz, als wenn ein Kind die Erde verlassen müsse. Letztes Jahr sei dann die Idee gewachsen, auch wieder auswärts zu arbeiten. Seit März ist Astrid Murpf nun in einem 30-Prozent-Pensum in einem Altersheim in der Pflege und Betreuung angestellt. Diese Arbeit mit den betagten Menschen gebe ihr viel.

Gastgeberin im Hospiz

Und ganz aktuell: Ab nächstem Jahr ist sie zudem Gastgeberin beim neuen Projekt «Refugio» im ehemaligen Kapuziner-Hospiz beim Wallfahrtsort Heiligkreuz in der Nähe. Dort ist sie – geplant ist jeweils während einer Woche pro Monat – für das leibliche Wohl einer Gruppe verantwortlich, die sich eine Gesundheitswoche nach Kneipp gönnt.

Zurück zum sozialen Engagement der Entlebucherin: Sie war lange Präsidentin des örtlichen Samaritervereins, organisiert für den Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverband den «Tag der Kraftquelle», die frühere Witwentagung, ist im Stiftungsrat von LUB (Landwirtschaft und Behinderte) sowie Vorstandsmitglied der Freunde für Menschen mit Behinderung im Entlebuch. Anfänglich immer mit grossem Respekt wachse man in die Ämter hinein, sagt sie bescheiden.

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Haus, Garten und Büro

Das Engagement färbt ab. Der älteste Sohn Fabian, gelernter Zimmermann, arbeitet aktuell zu 50 Prozent im Schweizer Paraplegiker-Zentrum in Nottwil LU in der Pflege und holt in der restlichen Zeit die Matura nach. Der jüngste, Robin, geht noch zur Schule. Astrid ihrerseits hat nach der obligatorischen Schulzeit ein Haushaltslehrjahr absolviert und arbeitete dann bis zum ersten Kind bei einer Bäckerei «in Haushalt und Laden». Haushalt und Garten ist auch heute noch ihr Terrain, dazu kommen die Administration des Betriebs und ihre Kleintiere. Hasen, Enten, Gänse, Hühner und auch Esel gehören dazu. Und Hündin Juna, die sich an guten Tagen vor allem rennend fortbewegt.

Bei der Landfrauenküche dabei

In der Landwirtschaft hilft sie aus, wenn Not am Mann bzw. an der Frau ist. Maschinen begeistern sie weniger, bei schwierigen Bodenverhältnissen sowieso nicht. Wenn, dann «dem Schönen nach». Dafür habe es ihr der Heubläser angetan, «eine grosse Hilfe».

Für die SRF-Landfrauen-Küche 2019 hatte sie damals ihr Mann Stefan angemeldet. «Er wollte mir ein tolles Erlebnis schenken, indem ich Berufskolleginnen und die Schweiz kennenlernen kann», berichtete Astrid Murpf vor vier Jahren der BauernZeitung. Sohn Fabian hatte in der Remise ein Ess-Säli gezimmert. Als Hauptgericht gabs Rindsrollbraten vom Tuxerrind an Rotweinsauce, Kartoffelgratin und farbige Rüebli. Würde sie es wieder machen? «Es war ein Abenteuer», sagt sie. Eine schöne Erfahrung mit vielen neuen Bekanntschaften. Aber die familiäre Situation sei heute eine andere.

Zeit für Abwechslung

Astrid Murpf kreiert in ruhigen Minuten Karten, mag die Kunst des schönen Schreibens, geht wöchentlich ins Pilates und man gönne sich ab und zu ein paar Tage Auszeit. So waren sie etwa in Leukerbad oder Morschach. Der jüngste Sohn möge das Wasser, sei ein «Planscher». Solche Erlebnisse müssten «drin liegen», auch als Bauernfamilie, ist sie überzeugt.

Fünf Fragen

Was möchten Sie besser können?
Geduldiger sein mit mir selbst.

Welches Alltagsritual gehört für Sie dazu?
Das gemeinsame Nachtessen mit der Familie.

Ihr Rezept für Entspannung?
Raus in die Natur.

Welches ist Ihr Lieblingsplatz?
Das Bänkli beim Kreuz oberhalb unseres Sömmerungsstalls ­«Rossloch».

Welche Tätigkeit im Alltag ­erachten Sie als sinnlos?
Schwierig. Irgendwie braucht es dann halt vieles doch, auch im Büro. Vereinfachungen wären aber wohl noch möglich. aem