Selbstbewusst und mit festen, raschen Schritten marschiert Andrin Steffen durch das Dorf Richtung Stall. Zwei Traktoren, die seinen Weg kreuzen, grüsst er ebenso freundlich wie Spaziergänger und Nachbaren. Am Ziel angekommen geht der 18-Jährige zielstrebig zum Melkroboter. «Der Roboter verkörpert für mich die Innovationskraft der Landwirtschaft», erklärt Steffen. «Dank ihm kann ich alleine für die 40 Kühe den Stall machen.» Seine eigene Leistung ist ihm wichtig – und er misst sich gerne mit anderen.

 

Steckbrief

  • Name: Andrin Steffen
  • Alter: 18 Jahre
  • Zuhause: In Erlen TG
  • Ausbildung: Im zweiten Lehrjahr zum Landwirt bei der Familie Roth in Herrenhof TG

Das Gemüsebeet wurde bald zu klein 

«Ich bin gerne der Beste», meint Andrin Steffen mit einem schelmischen Lächeln. Der Wettbewerb sporne ihn an und er steche gerne aus der Masse heraus. «Für mich ist es das Beste, wenn ich das Grösste und Farbigste habe», führt er aus und spielt damit auf seine Erfolge im Gemüsebau an. Dem eifrigen Bauernsohn war das Gemüsebeet der Mutter im Garten rasch zu klein und er übernahm vom Vater etwas Ackerland. So folgten auf Rosenkohl und Zucchetti Kartoffeln in allen Farben und Mais, der teilweise so hoch wuchs, dass Steffen die Kolben mit einer Leiter ernten muss. Der Verkauf im Hofladen floriert und bestätigt für den angehenden Landwirt: Man sollte marktwirtschaftlich denken vor dem Produzieren überlegen, an wen man verkaufen kann. Mit dem farbigen Kartoffeln und Mais habe er eine Nische für sich gefunden, in der er auch in Zukunft etwas aufbauen könne.

[IMG 3]

In die Berufsschule geht der 18-Jährige gern und hinterfragt ab und zu die Lehrmeinung. 

Nach der Lehre einen Blick nach Russland werfen

Der Thurgauer plant, den elterlichen Betreib zu einem späteren Zeitpunkt zu übernehmen. «Ich habe meine Lehrbetriebe bewusst so gewählt, dass ich Verschiedenes sehen und lernen kann, um am Ende das Beste für mich zu finden», führt er aus. In seinem dritten Lehrjahr wird er denn auch einen Blick in die Geflügelhaltung werfen. Nach dem Lehrabschluss will er «die Welt sehen», genauer gesagt Russland. Verwandte arbeiten dort auf dem grössten Milchviehbetrieb Europas und er sei schon ein Mal zu Besuch gewesen. «Das ist eine ganz andere Landwirtschaft. Da fragt man sich schon, was wir hier in der Schweiz am Gärtnern sind», sinniert er. Der nächste Schritt auf seinem Weg nach der Lehre wird allerdings das Militär sein – schon aus Berufsstolz, wie er meint.

 

5 Kurzinfos

  • Diese Superkraft würde ich mir wünschen: Ich möchte immer optimal reagieren können.
  • Meine Lieblingstiere: Kühe
  • Mein Lieblingsessen: Fondue
  • Meine Lieblingsarbeit: Egal, es geht vor allem um die Abwechslung
  • Das mache ich weniger gerne: Blacken stechen

Er schätzt das «kritische Gespräch» mit den Lehrern

Trotz seinem Hang zum Wettbewerb gibt sich der Thurgauer umgänglich. «Ich kann viel mit meiner Mund wettmachen», relativiert er. Den Unterricht auf dem Arenenberg bezeichnet er als den schönsten Tag in der Woche. In erster Linie, weil er den Austausch mit den anderen jungen Leuten schätze, mit seinen Mitschülern komme er sehr gut aus. Aber Andrin Steffen ist nicht der Typ, der sich in der Schule von der Lehrmeinung berieseln lässt: Er schätze «das kritische Gespräch» mit den Lehrpersonen. «Für manche ist das aktive Mitarbeit, wenn ich meine abweichende Meinung z. B. zum idealen Düngezeitpunkt kundtue», grinst er, «andere werden ein bisschen södrig.» Das schreckt den passionierten Lehrling aber nicht ab. Jeder sage etwas anderes und alles sei irgendwie richtig, meint er. Daher findet er, sollte es auch innerhalb der Landwirtschaft mehr Zusammenarbeit und weniger Neid geben. «Es muss nicht jeder den grössten Traktor haben, man kann auch mal was teilen», ist er überzeugt. Damit könnte die bäuerliche Gemeinschaft gegen aussen geschlossener auftreten.

[IMG 2]

Offene Türen für ein besseres Verständnis

Häufiges Lästern über den Nachbaren stört den 18-Jährigen genauso wie verklärende Werbung. «Ein Hund, der einen Karren voller Obst zieht, hat nichts mit der Realität zu tun», stellt er klar. Die Plattform des «Lehrlings des Jahres» würde Andrin Steffen deshalb nutzen, um über den echten bäuerlichen Alltag zu informieren. «Ich stehe gerne vor der Kamera und möchte die junge Generation repräsentieren», erklärt er. Die Bevölkerung entferne sich immer mehr von der landwirtschaftlichen Produktion und so komme es – in Verbindung mit schlechter Werbung im Heidi-Stil – zu Missverständnissen und falschen Vorstellungen.

Vorsichtig zupft der Roboter das Melkgeschirr vom Euter der grossen schwarzen Kuh, die zufrieden den letzten Rest Kraftfutter verspeist. Andrin Steffen spült routiniert kurz den Arm der Maschine ab, löscht das Licht und verlässt den Stall. Für ihn dürfte die Tür ruhig offenbleiben – damit die nicht-bäuerliche Welt sieht, was Landwirtschaft bedeutet.

 

[IMG 4][IMG 4]

Die BauernZeitung kürt den «Lehrling des Jahres 2021»

Aus über 80 fantastischen Bewerbungen hat die Jury Mitte März 2021 10 Favoritinnen und Favoriten für den «Lehrling des Jahres 2021» ausgewählt. Zwischen dem 16. April 2021 und dem 14. Mai 2021 werden alle 10 Favoritinnen und Favoriten vorgestellt. Pro Woche werden jeweils 2 neue Lernende vorgestellt. Zu jedem Lernenden gibt es einen Artikel und ein Video. Ab Mitte bis Ende Mai folgt das Leser-Voting, bei dem Sie bestimmen, wer schlussendlich der «Lehrling des Jahres 2021» wird. Alle Artikel und Porträts finden Sie im in unserem Dossier

Zum Dossier «Lehrling des Jahres 2021»