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2015 startete der Schweizer Bauernverband (SBV) mit Unterstützung des Staatssekretariats für Migration (SEM) ein dreijähriges Pilotprojekt. Ziel war es herauszufinden, unter welchen Rahmenbedingungen anerkannte Flüchtlinge und vorläufig aufgenommene Personen vermehrt Arbeit in der Landwirtschaft finden und behalten können. Gutes sollte das Projekt für alle Beteiligten haben: «Arbeit und Integration für die Flüchtlinge, Arbeitskräfte für die Landwirtschaft, finanzielle Entlastung für die öffentliche Hand», wie SBV-Direktor Jacques Bourgeois am Dienstag vor dem Medien sagte.
24 von 30 Einsätzen endeten erfolgreich
Im Rahmen des Pilotprojektes wurden zwischen 2015 und 2017 insgesamt 30 Plätze auf 17 Betrieben mit Flüchtlingen oder vorläufig aufgenommen Personen besetzt (siehe Kasten). 24 dieser 30 Arbeitseinsätze wurden erfolgreich abgeschlossen.
Die Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) hat die Einsätze analysiert und Empfehlungen für das weitere Vorgehen gemacht. In ihrem Evaluationsbericht hält sie fest, dass die Betriebe, auf denen die Einsätze abgeschlossen werden konnten, mit den Teilnehmenden sehr zufrieden gewesen seien. Die Betriebsleiter hätten sprachliche und berufliche Lernfortschritte festgestellt, die Sozial- und Selbstkompetenz habe zugenommen, die Teilnehmenden erwiesen sich als motiviert und zuverlässig.
Schwierige Koordination, abgelegene Lage, sprachliche Barrieren
Der Schlussbericht nennt auch die Schwachstellen des Projektes. Die nationale Projektorganisation habe die Suche nach geeigneten Teilnehmenden erschwert, «der Koordinationsaufwand war sehr gross», heisst es. Da praktisch kein Teilnehmender über einen Führerausweis oder ein eigenes Fahrzeug verfügte, war die oft abgelegene Lage der Bauernhöfe eine Hürde. Die Einarbeitung auf dem Betrieb habe sich als aufwändig. «Weiter kamen nicht alle Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommenen gleich gut mit der körperlichen Arbeit, dem Arbeitsrhythmus oder dem Wohnen auf dem Betrieb klar», teilt der SBV weiter mit. Hinzu seien kulturelle und sprachliche Barrieren gekommen.
Regionale Vermittlung als Erfolgsfaktoren
Für den SBV und das SEM ergeben sich aus dem Projekt und der Evaluation eine Reihe wichtiger Erkenntnisse. Eine gezielte Vorbereitung, etwa duch Praktika, sei wichtig. Solche Vorbereitungsprojekte seien kantonal oder regional durchzuführen, dies für eine einfachere Koordination und kurze Arbeitswege. Ausserdem könnten die Flüchtlinge oder vorläufig Aufgenommenen so ihre sozialen Kontakte weiterpflegen.
«Es braucht eine gute Begleitung und die Sensibilisierung der Betriebsleiter», sagte Staatssekretär Mario Gattiker. Besonders wichtig sei, dass die Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommenen intensiv eine Landessprache lernen würden. Schliesslich geschehe Integration zu einem grossen Teil über die Sprache.
Einjährige Integrationslehre startet diesen Monat
Jüngere Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommen können künftig eine einjährige Integrationsvorlehre absolvieren. Ab August 2018 bieten fünf Kantone (BE, AG, NE, TI, FR) solche Vorlehren an landwirtschaftlichen Schulen an. Darunter das Inforama Rütti in Zollikofen, wo Mitte August eine Klasse mit 12 Flüchtlingen die Integrationsvorlehre beginnt. Die Personen zwischen 18 und 35 Jahren - bislang sind es nur Männer - erhalten einen vertieften Einblick in die Arbeitswelt der Landwirtschaft.
Hans Hofer, Leiter Fachbereich Berufliche Grundbildung am Inforama, freut sich darauf, wie er vor den Medien sagte. Für das Projekt wird mit erfahrenen Lehrbetrieben zusammengearbeitet, auch der Berner Bauernverband ist beteiligt. «Glücklicherweise haben wir genug Betriebe gefunden», sagte er. Die richtigen Lehrbetriebe und Flüchtlinge bzw. vorläufig Aufgenommenen zusammenzubringen, sei eine Herausforderung gewesen.
Am Kennenlernabend vor kurzem wurden die künftigen Lernenden auch auf ihre Ängste angesprochen. Vorherrschend gewesen sei die Angst, die Sprache noch nicht gut genug zu können, etwas falsch zu verstehen und dann vom Chef ausgeschimpft zu werde. «Das zeigt auch den Hintergrund dieser Leute», sagt Hofer.
Die Integrationsvorlehren sind ein Pilotprojekt des SEM, das landesweit in zwei Dutzend verschiedener Berufsfelder durchgeführt wird und bis 2022 jährlich zwischen 800 und 1000 anerkannte Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene auf eine berufliche Grundbildung vorbereiten wird.
jw