«Der Bundesrat schafft Planungssicherheit». Das ist der Titel der Mitteilung, die Ackerbauproduzenten alles andere als Sicherheit schaffen dürfte. Bestandteil der agrarpolitischen Verwirrung, die Auswirkungen bis in die Einstellung der Sämaschinen hat, sind wieder einmal die Massnahmen zur Förderung der Biodiversität.

Im Rahmen der Bundesratssitzung hat dieser eine Reihe von Vorentscheiden zur Direktzahlungsverordnung getroffen. Eine davon ist die Aufhebung der Massnahme «Getreide in weiter Reihe» per 1. Januar 2025. In einem kurzen Nebensatz gibt dieser an, von der Massnahme abzusehen. 

Nicht ganz weg

Die Massnahme «Getreide in weiter Reihe» sei als Begleitmassnahme zur Anforderung von 3,5 % Biodiversitätsförderfläche (BFF) auf offener Ackerfläche eingeführt worden. Weil diese Pflicht nun entfalle, gebe es offensichtlich keinen Grund mehr zur staatlichen Förderung dieser Massnahme. Die Massnahme ist neben dem Ackerschonstreifen das einzige BFF-Element, das Nahrungsmittelproduktion und Biodiversitätsförderung vereint.

Ganz vom Tisch sind oder aus der Landschaft fallen die weiten Reihen in den Getreidefeldern aber nicht. Wie dies bis zum Jahr 2022 der Fall gewesen war, könnten die Kantone diese Art von regionsspezifischen Biodiversitätsförderfläche wieder im Rahmen von Vernetzungsprojekten genehmigen lassen und Beiträge gewähren, heisst es im Papier.

Die Kantone sollen es regeln

Die Relevanz dieses Biodiversitäts-Elements ist also erkannt, nur an der Finanzierung scheint es zu hapern. Die Aufhebung der ursprünglich geforderten 3,5 Prozent Biodiversitätsförderflächen auf offener Ackerfläche hat nun diejenige Massnahme ins Visier des Bundesrates gerückt, die für spezialisierte Ackerbegleitflora laut Umweltnaturwissenschaftlern eine der wertvollsten ist. Eine ausführliche Recherche der letzten Ausgabe dieser Zeitung zeigte auf, dass das Anlegen von Getreide in weiten Reihen einzigartigen Lebensraum für bedrohte Arten schafft.

Der Ball liegt also ab Beginn nächsten Jahres bei den Kantonen. Alle anderen bisherigen Massnahmen zur Förderung der Biodiversität, wie zum Beispiel Bunt- und Rotationsbrachen, Nützlingsstreifen, Säume auf Ackerfläche und Ackerschonstreifen werden weitergeführt und sind weiterhin beitragsberechtigt, heisst es.

Verschiebung um ein Jahr

Den Startschuss nach hinten verschoben hat der Bundesrat für die Einführung der «neuen Projekte für regionale Biodiversität und Landschaftsqualität». Los geht es damit am 1. Januar 2028. Die laufenden Vernetzungs- und Landschaftsqualitätsprojekte werden in der Folge um ein Jahr verlängert.

Der Bundesrat wird die Änderungen der Direktzahlungsverordnung voraussichtlich im Herbst im Rahmen des Verordnungspakets 2024 endgültig verabschieden. 

Da fragt sich der Feldhase
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Kommentar von Sera J. Hostettler

Was im Jahr 2023 als agronomische Neuheit angepriesen wurde, ist bereits wieder kalter Kaffee. Am Mittwoch fasste das siebenköpfige Gremium an der allwöchentlichen Bundesratssitzung einen interessanten Entschluss: Ausgerechnet die von Experten und Biologinnen gelobte Biodiversiätsfördermassnahme «Getreide in weiter Reihe» wird ab dem 1. Januar 2025 nicht mehr staatlich gefördert.

Aber die Kantone könnten «diese Art von regionsspezifischen BFF wieder im Rahmen von Vernetzungsprojekten genehmigen lassen und Beiträge gewähren», heisst es von Seiten des Bundesrats. Somit nimmt sich der Bundesrat elegant aus dem eigentlich gemeinsam eingegangenen Kompromiss zwischen Lebensmittelproduktion, Feldhase und Politik. Interessant ist dieser «Plot Twist», also diese abrupte und unvorhergesehene Richtungsänderung, weil sich die Landwirtschaft dazu bereit erklärt hatte, mitzumachen – und nun die Verwaltung einen Rückzieher macht.

So, wie man diese Mitteilung des Bundesrats deuten muss, läuft es darauf hinaus, dass die Landwirte und Landwirtinnen das tun, was sie schon immer gemacht haben: Auf eine möglichst wirtschaftliche Art Lebensmittel zu produzieren, ohne das natürliche Habitat von heimischen Arten unnötig zu beeinträchtigen. Im Fall der Massnahme «Getreide in weiter Reihe» hat die Landwirtschaft nicht nur Rücksicht auf die Zielarten genommen, sondern sie sogar aktiv und wortwörtlich in die Kultur integriert.

Da fragt man sich, was wohl der Feldhase und all die anderen «verletzlichen Arten» von diesem Entscheid halten – jetzt, wo sie sich an das etwas andere, aber durchaus wertvolle Habitat gewöhnt haben.