Die Situation sei bekannt und die Getreidebranche habe sie immer wieder mit dem Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) diskutiert, heisst es im offenen Brief an Bundesrat Guy Parmelin. Der Schweizerische Getreideproduzentenverband (SGPV), der Verband kollektiver Getreidesammelstellen der Schweiz und der Schweizer Bauernverband suchen über diesen Weg Unterstützung, die vom BLW offenbar nicht gewährt wurde.
Korrektur wird zur Gefahr
Man stelle fest, heisst es weiter, dass die Korrektur der Zölle durch das BLW in diesen Zeiten der internationalen Krisen und der massiven Schwankungen der Rohstoffpreise auf den Weltmärkten die einheimische Futtergetreide-Produktion gefährde. Der Grenzschutz dafür basiere auf dem Schwellenpreissystem, Anpassungen der Zölle an die Entwicklung der internationalen Preise sollten für stabile Import- und Inlandpreise sorgen, was scheinbar nicht mehr funktioniert: Anfang Dezember konnte gemäss dem Schreiben Futterweizen, Futtergerste und Körnermais zu 3-4 Franken unter den Schwellenpreisen und Importrichtwerten eingeführt werden.
Obwohl eine Zoll-Erhöhung um 2-3 Franken nötig gewesen wäre, habe das BLW im Gegenteil den Grenzschutz reduziert.
Berechnungsgrundlage ist unklar
Wie Pierre-Yves Perrin, Geschäftsführer des SGPV auf Anfrage der BauernZeitung erklärt, sei die Berechnungsgrundlage des BLWs nicht klar:
«Wir wissen nicht, was das Amt genau berechnet hat und warum die Anpassungen so gemacht worden sind.»
Der Verband habe aber bemerkt, dass die Berechnungen des BLW eher vergangenheitsgerichtet als an der Zukunft orientiert seien. «In Zeiten von grossen Schwankungen ist das System zu wenig reaktiv und flexibel», fasst Perrin zusammen.
Die Konkurrenz wird zu stark
Da der Selbstversorgungsgrad der Schweiz beim Futtergetreide rund 50 Prozent betrage, sind wir als Ganzes betrachtet zur Sicherstellung der Nutztier-Ernährung auf Importe angewiesen. «Ist der Grenzschutz zu schwach, werden Importe auf Kosten der einheimischen Produktion bevorzugt, so dass die Preise für die Schweizer Produzenten gedrückt werden», geben die Verbände zu bedenken. Die Entscheidung der Branche, die Richtpreise für die Ernte 2022 um Fr. 3.-/dt zu erhöhen, könne nur mit einem wirksamen und ausreichenden Grenzschutz auch umgesetzt werden.
Ausserdem führe eine Privilegierung von Importen zu höheren Lagerkosten für die einheimische Ware, da diese nicht innerhalb des normalen Zeitrahmens vermarktbar sei.
«Das Nötige unternehmen»
Die Unterzeichnenden stellen fest, dass sich trotz Diskussionen mit dem BLW die Situation nicht verbessert, sondern gar verschlimmert habe. «Mit diesem Schreiben möchten wir Sie, sehr geehrter Herr Bundesrat, bitten, das Nötige zu unternehmen, damit das BLW sich auf aktuelle Marktbedingungen stützt und sowohl die zukünftige Marktentwicklung als auch eine ausreichende Sicherheit berücksichtigt werden». Dies, um Schwankungen auf den internationalen Märkten entgegenzuwirken und die Vermarktung der inländischen Ware zu schützen. Konkret erwartet der SGPV laut Pierre-Yves Perrin Unterstützung, um das System (Berechnungsgrundlage, Flexibilität, Frequenz der Anpassungen) zu verbessern.
«Wir erwarten auch eine echte Zusammenarbeit mit dem BLW; Wenn die gesetzliche Basis angepasst werden muss, damit es korrekt läuft, müssen wir das dann tun»,
so Perrin. Für die Branche seien diese Anpassungen sehr wichtig, betonen die Verbände.
Arbeitsgruppe am Werk
Wie es weiter heisst, wurde von der Branchenorganisation Swiss Granum eine Arbeitsgruppe zum Grenzschutz eingesetzt. Deren Arbeit habe nun begonnen und ihre Überlegungen sollen die nötigen Anpassungen im Vorgehen des BLW ergänzen.
Das BLW orientiert sich an internationalen Preisen
Das Überprüfen und Festlegen der Grenzbelastung bei Futtermitteln basiere auf den Schwellenpreisen, die in der Agrareinfuhrverordnung festgeschrieben sind, erklärt BLW-Sprecherin Florie Marion auf Anfrage der BauernZeitung. Man richte sich nach den internationalen Märkten und Preisen, nicht aber nach den von der Branche selbst festgelegten inländischen Produzentenpreisen.
Gespräche gab es schon
Auf Verlangen verschiedener Branchenvertreter habe es Gespräche mit dem BLW gegeben, insbesondere sei es dabei um die gestiegenen Produktionskosten und die Bedeutung des Grenzschutzes für die Wirtschaftlichkeit der Futterproduktion in der Schweiz gegangen. Aus den oben genannten Gründen wurden die Anliegen der Branche bei der Ausgestaltung des Grenzschutzes aber nicht berücksichtigt, so das BLW.
Aussenhandelsstatistik war ausschlaggebend
Die Senkung des Grenzschutzes Anfang Dezember, die vom SGPV kritisiert wird, erklärt Florie Marion folgendermassen: «Die Preisinformationen unserer Handelspartner für Lieferungen im Dezember 2022, als auch die Mitte November aus der Statistik des Aussenhandels errechneten Preise franko Schweizergrenze, führten bei einigen Futtergetreiden zu einer Reduktion der Grenzbelastung per 1. Dezember 2022.»