Warum sie zum ersten Mal als Nationalrätin kandidiere? Die Bäuerin Ursula Egli muss nicht überlegen und zählt ihre Gründe auf: "Ich habe Freude an der aktiven Politik, seit ich 2013 fürs Stadtparlament Wil SG kandidierte und sofort gewählt wurde. Zudem meine ich, unser Berufsstand muss in Bern weiterhin gut vertreten sein, nachdem Toni Brunner zurückgetreten ist."

Angemessener Rucksack

Die SVP war und ist für Ursula Egli die richtige Partei. Lachend meint sie: "Wir St. Galler sind bekanntlich gemässigt und respektieren unsere Mitspieler." Die Bäuerin mit Fachausweis glaubt, sie habe einen angemessenen Rucksack für dieses Amt, schliesslich präsidierte sie 2017 das Stadtparlament Wil, eine Gemeinde mit 24 000 Einwohnern, und ist seit Juni 2016 Kantonsrätin. Zudem war ihr Mann Lorenz Egli viele Jahre politisch engagiert, so dass sie von seiner Erfahrung profitieren kann. Die Politik sei für sie beide von jeher ein wichtiger Gesprächsstoff gewesen. Er freue sich am meisten über ihre Kandidatur.

"Unser Berufsstand muss in Bern weiterhin gut vertreten sein."

Ursula Egli-Seliner, Bäuerin und SVP-Kantonsrätin, Rossrüti SG

Die SVP besetzt von den zwölf Nationalratssitzen im Kanton St. Gallen momentan deren fünf. Die bisherigen treten alle erneut an. Ursula Egli bemerkt, da könnte man sich fragen, wieso sie denn kandidiere. «Auch in der Politik passieren manchmal Wunder», meint sie, ihrem Naturell entsprechend optimistisch. In der Region sei sie bekannt. Sie hat im Sinn, zusammen mit

anderen Bäuerinnen und Bauern, gleich welcher Couleur, öffentlich über landwirtschaftliche Anliegen zu orientieren. Auch schwebt ihr vor, eine originelle Tour durch den Kanton zu unternehmen, um so näher an die Wählerinnen und Wähler zu gelangen, denen sie nicht persönlich bekannt ist.

Ohne Bäuerin geht es nicht

Auffallend ist die Ruhe, die Ursula Egli ausstrahlt, trotz grossem politischem Engagement neben ihren Hauptaufgaben als Frau, Mutter und Bäuerin. Eglis haben vier Kinder: Franziska (24) dipl. Betriebsleiterin in Facility Management HF, Martin (22) Hofnachfolger und ausgebildeter Landwirt und Obstbauer, Dominik (20) Lebensmitteltechnologe und in Ausbildung zum Schokolade Sommelier ("Ja, das gibt’s!", meint die Mutter sch-munzelnd.) und Christof (16), der die Heilpädagogische Schule in Flawil SG besucht und im "Hotel Mom", wie es an der Haustür geschrieben steht, wohnt.

 

Der Betrieb umfasst 24 Hektaren. Mit Unterstützung eines Angestellten und Erntehelfern sowie der Familie wird Milchproduktion, Schweinemast und Tafelobstbau mit Direktvermarktung betrieben. Etwas vom Wichtigsten auf einem Hof ist für die ursprünglich gelernte Hauspflegerin die Bäuerin. Ursula Egli ist überzeugt: "Ein Bauernhaushalt ohne Bäuerin – das funktioniert nicht."

Träumen erlaubt

Marie-Theres Widmer kandidiert auch erstmals für den Nationalrat. Sie figurierte 2013 auf der CVP-Liste für den Kantonsrat, nachdem sie von einem Vorstandsmitglied der Katholischen Bauernvereinigung des Kantons Solothurn angefragt wurde. "Ich schaffte den Sprung nach Solothurn gleich beim ersten Mal", stellt sie heute noch erfreut fest.

Marie-Theres Widmer engagiert sich mit viel Elan und ist seit Beginn Mitglied der Geschäftsprüfungskommission des Kantons. Sie habe sich lange überlegt, ob sie kandidieren solle für "Bern". Verschiedene Überlegungen hätten sie dann bewogen, sich zu bewerben. Nach dem Abgang der Bäuerin Elvira Bader vor acht Jahren wäre es an der Zeit, dass wieder eine Solothurner Bäuerin im Nationalrat vertreten sei. Zudem sollten im Rat mehr Frauen auftreten. "Ich sage nicht", hält sie fest, "dass Frauen die Politik besser gestalten, sondern anders, weil sie Themen anders anpacken."

"Frauen gestalten Politik nicht besser, aber packen Themen anders an."

Marie-Theres Widmer-Binkert, Bäuerin und CVP-Kantonsrätin, Steinhof SO

Sie ist überzeugt, eine gute Mischung von fähigen Frauen und Männern sei das Ideale. Realistisch hält sie fest, ein Sitz für sie gleiche einem Wunschtraum. Aber, fragt sie sich selbst, wieso sollten in der Politik Träume nicht erlaubt sein? Ihr liegt eine Politik am Herzen, die sozial, umsetzbar und bezahlbar ist.

Soziale und christliche Werte

Ihr Mann Franz-Sepp Widmer freut sich über ihre Kandidatur. Auch er setzt sich, wie sie, immer und überall voll ein. Er ist fest eingebunden auf dem eigenen Milchwirtschafts- und Ackerbaubetrieb, bei der Ausbildung des Lehrlings, als Präsident der Lehrmeister des Solothurner Bauernverbands und als Verwaltungsrat einer Saat- und Pflanzgutfirma.

Die Bäuerin ist Mitglied des Kirchenchors Aeschi SO, Kassierin des Solothurnischen Bäuerinnen- und Landfrauenverbands und Vorstandsmitglied der Katholischen Bauernvereinigung Solothurn. Sie ist nichtbäuer-

licher Herkunft und wuchs in einer Grossfamilie in Laufen BL auf. Ihren Eltern waren soziale und christliche Werte wichtig. Das prägte sie. Sie absolvierte die Wirtschaftsmatur und später die Ausbildung zur Klinischen Heilpädagogin an der Universität Freiburg. Nach ihrer Ausbildung war sie als Heilpädagogin für geistig behinderte Erwachsene in Basel tätig und Vorstandsmitglied einer Vereinigung für geistig beeinträchtigte Menschen. Bevor sie heiratete, besuchte sie die Bäuerinnenschule des Klosters Fahr.

Widmers haben zwei erwachsene Kinder: Regina (25), angehende Ärztin, und Matthias (23), Landwirt und Hofnachfolger, zurzeit in Ausbildung zum Agrotechniker am Strickhof. Beide wohnen nicht mehr daheim, helfen jedoch zu Hause mit, wenn es nötig ist.

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