Der Bund will ab 2023 einen erweiterten RAUS-Beitrag für Rindvieh einführen. Wer vom Beitrag für «besonders hohe Auslauf- und Weideanforderungen» – oder kurz Weidebeitrag – profitieren will, muss die Anforderungen (70 % TS-Aufnahme, im Winterhalbjahr 22 Tage im RAUS, alle Rindviehkategorien im RAUS, auch jene, die nicht Weidebeiträge erhalten) von Mai bis Oktober an jedem Weidetag einhalten, heisst es vonseiten Bundesamt für Landwirtschaft (BLW).
Mai bis Oktober schwierig
Für Betriebe im Berggebiet sind diese Anforderungen aber aufgrund der später entwickelten Vegetation kaum einzuhalten. So gibt es Betriebe in höheren Lagen, die erst im Juni mit dem Weiden beginnen und auch schon früher im Herbst wieder aufstallen müssen, weil Schneefall einsetzt.
Die BauernZeitung hat beim BLW nachgefragt, wie mit solchen Betrieben umgegangen wird und ob sie faktisch von einer Teilnahme ausgeschlossen werden. «Betriebe im Berggebiet können ihren Tieren im Frühjahr, solange die Vegetation standortbedingt noch keinen Weidegang erlaubt, Auslauf auf einer Auslauffläche (Laufhof) statt auf einer Weide gewähren», erklärt Jonathan Fisch vom BLW. Diese für die bisherigen RAUS-Beiträge geltende Ausnahmebestimmung gilt demnach auch für die Weidebeiträge. «Dieselbe Ausnahmeregelung gilt auch für Tage mit oder nach starkem Niederschlag, worunter zum Beispiel auch Tage mit frühem Schneefall im Oktober zählen», heisst es beim BLW weiter.
Eine bedeutende Hürde für viele Betriebe scheint die «Gesamtbetrieblichkeitsklausel» darzustellen. So müssen alle Tiere (über 160 Tage alt) im RAUS gehalten werden, will man mit mindestens einer Kategorie den Weidebeitrag auslösen. Das heisst beispielsweise, dass auch Stiere die RAUS-Anforderungen erfüllen müssen. Ihnen könne einzig alternativ zum «RAUS-Programm mit Weide» während des ganzen Jahres dauernder Zugang zu einer Auslauffläche gewährt werden, um die RAUS-Anforderungen zu erfüllen. So müssten sie nicht auf eine Weide geführt werden.
IG Anbindestall nicht erfreut
Die IG Anbindestall äussert sich in ihrer Medienmitteilung gar nicht erfreut ob denNeuerungen. Der Weidebeitrag schiesse weit über das Ziel hinaus. Die 22 Tage Auflauf pro Monat von November bis April seien zu viel. «Jeden zweiten Tag Auslauf würde aus unserer Sicht ausreichen», ist der Mitteilung zu entnehmen. Dieser Beschluss sei äusserst unbefriedigend, denn «der Aufwand zum Auslösen dieser Beitragsgelder ist für die meisten Betriebe viel zu hoch».
Ebenso zeigt sich die IG nicht einverstanden mit der Änderung der RAUS-Anforderungen von 25 Prozent TS-Verzehr auf der Weide auf 4 Aren Weidefläche je GVE. «Dies führt dazu, dass in Zukunft für Kühe, welche 100 Prozent ihrer Ration im Stall aufnehmen und lediglich Zugang zu einer genügend grossen Weide haben, RAUS-Beiträge abgeholt werden können.» Für das Tierwohl sei dies ein klarer Rückschritt, dem erwähnten Ziel «Stärkung der Weide beim Rindvieh» käme man auf diesem Weg nicht näher, «schliesslich sollen Kühe auf der Weide Futter aufnehmen und nicht nur rumstehen».
SMP steht hinter Anliegen
Deutlich positiver beurteilen die Schweizer Milchproduzenten (SMP) das angepasste RAUS- sowie das neue Weide-Programm, wie einer Mitteilung zu entnehmen ist. «Die Schweizer Milchproduzenten stehen hinter dem Anliegen, dass auchin Zukunft möglichst alle Kühe regelmässig Bewegung und Auslauf haben. Die neue Zweiteilung in Form eines RAUS-Programms als Basis und eines zusätzlichen Weideprogramms erlaubt in Zukunft eine einfachere Teilnahme an diesen Programmen», so die SMP.
Darin bestehe ein Mehrwert gegenüber dem Ausland, den die Schweizer «Milch» bei den Konsumenten in Wert setzen könne. Damit es bei der Umsetzung keine Unterbrüche gibt, rät der Verband seinen Mitgliedern, die Voraussetzungen wie auch die Anmeldung per 1. Januar 2023 rasch zu prüfen und die Anmeldung während der Herbsterhebung 2022 vorzunehmen.