Der Schweizer Bauernverband (SBV) will wissen, welche Vorstellungen und Erwartungen die breite Basis in der Landwirtschaft an die Agrarpolitik hat. Dazu hat er kürzlich eine Umfrage lanciert. Sie bietet den Teilnehmenden die Möglichkeit, via die agrarpolitische Strategie des SBV Einfluss zu nehmen. Wir haben Michelle Wyss, Leiterin Geschäftsbereich Agrarwirtschaft beim SBV, dazu einige Fragen gestellt.
Wie war bisher die Resonanz zur Umfrage?
Michelle Wyss: Sehr positiv. In den ersten Tagen konnten wir über 1000 Teilnehmende verzeichnen. Wir haben uns 2500 Rückmeldungen von aktiven Landwirt(innen) zum Ziel gesetzt und wünschen uns daher noch mehr Teilnahmen. Auch ist uns sehr wichtig, aus allen Kantonen, Höhenlagen und Produktionsrichtungen genügend Rückmeldungen zu haben, damit die Umfrage repräsentativ ist.
Hier gehts zur Umfrage des SBV
Die Ergebnisse sollen in die agrarpolitische Strategie des SBV einfliessen. Was ist darunter eigentlich zu verstehen?
Es handelt sich grundsätzlich um einen Bericht. Wir wollen die Chance nutzen, dass uns bis zur AP 30+ ein gewisser Zeitraum bleibt, in dem wir nicht mitten in einer agrarpolitischen Diskussion stecken und die bestehende Strategie aktualisieren. Die ersten Gespräche zur AP 30+ mit den Behörden stehen bevor, und wir möchten die Meinung derjenigen einholen, die am Ende die politischen Entscheide aus Bundesbern umsetzen müssen.
Wie beeinflussen die Umfrageantworten diese Strategie?
[IMG 2]Das ist sehr konkret, denn wir fragen etwa nach der Meinung zu gewissen Massnahmen. Zum Beispiel, ob die Digitalisierung ein Erfolgsfaktor bei der Bewältigung des administrativen Aufwandes ist oder ob die neuen Züchtungsverfahren in der Pflanzenzucht zu stärken wären. Die Rückmeldungen aus der Umfrage werden wir dann bei der Finalisierung des Berichts berücksichtigen. Es geht aber auch um Grundsätzliches: Wünschen sich die Bauernfamilien eine Reform des heutigen Direktzahlungssystems, oder wollen sie beim bestehenden System bleiben? Und wenn eine Reform angesagt wäre, in welche Richtung müsste diese gehen?
Ist die AP 22+ denn nun definitiv erledigt?
So weit schon, ja. Die Gesetze sind vom Parlament verabschiedet worden, im Januar folgt die Vernehmlassung zur Umsetzung auf Verordnungsebene.
Und was erwartet uns in der AP 30+?
Da gibt es noch nicht viel Konkretes. Klar ist der Auftrag, der via eine Motion erteilt worden ist. Sie fordert, dass in der künftigen Agrarpolitik insbesondere vier Punkte berücksichtigt werden:
- Sicherstellung der Ernährungssicherheit in der Schweiz
- Reduktion des ökologischen Fussabdrucks von der Produktion bis zum Konsum, inklusive Importe
- Bessere soziale und wirtschaftliche Perspektiven für die Land- und Ernährungswirtschaft
- Verkleinerung des administrativen Aufwands
Wo will der SBV bei der AP 30+ Schwerpunkte setzen?
Es stehen gewisse Erwartungen fest. So wollen wir Kohärenz zwischen den Politikbereichen, dass also nicht die AP in die eine und z. B. die Gesundheitspolitik in die andere Richtung drückt. Weiter gilt es Nachhaltigkeit im ganzen System einzufordern und nicht nur von der Landwirtschaft, Margen gerecht zu verteilen und die Entscheidungsfreiheit zu erhalten. Letzteres gilt sowohl für die Produktion als auch den Konsum, den wir nicht mit Verboten oder Vorschriften lenken wollen. Vielmehr sollen Deklaration und Transparenz die Nachfrage beeinflussen.
Wie sieht der Zeitplan der AP 30+ aus?
Die Vorberatungen starten nächstens. Der Bundesrat ist beauftragt, bis Ende 2027 eine Botschaft zur AP 30+ auszuarbeiten. Das Parlament wird sich 2027 bzw. 2028 damit befassen, und 2029 sollen die entsprechenden Verordnungen in die Vernehmlassung gehen.