Es riecht nach Metall. Das Licht scheint schräg durch die vielen Fenster und fällt auf ein paar alte Traktoren. Ein Mechaniker schraubt an einem Motor herum. Wir sind in der Bührer-Traktorenfabrik, direkt neben dem Bahnhof in Hinwil ZH. Vor 60 Jahren ging es hier ganz anders zu und her. Über 300 Leute arbeiteten damals in der Fabrik und pro Tag gingen 15 neue Traktoren hinaus. Das war die Blütezeit der Bührer-Traktorenfabrik.

Heute arbeiten nur noch vier Mechaniker hier und ein Lehrling sowie drei Mitarbeiter fürs Büro und den Service. Seit 1978 werden hier keine ganzen Traktoren mehr fabriziert aber dafür werden die bestehenden instand gehalten. «Insgesamt wurden 22 624 Bührer-Traktoren hergestellt», weiss Balz Rüdisüli. Er gehört hier praktisch zum Inventar. Rüdisüli hat in der Traktorenfabrik schon seine Lehre als Maschinenmechaniker gemacht und ist der Firma seither treu geblieben.

Wie alles begann

Angefangen hat die Traktorenproduktion mit einem Bauernsohn. Diese Geschichte ist im beliebten Buch von Gerold Röthlin «Bührer – Eine faszinierende Firmengeschichte» ausführlich nachzulesen. Fritz Bührer, geboren 1896, wuchs auf einem Bauernhof im schaffhausischen Hofen auf. Nach seiner Lehre als Automechaniker arbeitete er in einer Garage in Lausanne. Schon früh beschäftigte ihn der Gedanke, wie man die schwere Arbeit auf dem elterlichen Betrieb erleichtern könnte.

Also baute er bereits 1920 aus einem Ford-Automobil einen Autotraktor und brachte ihn auf den elterlichen Hof.

Zu einem späteren Zeitpunkt konnte er die Garage von seinem Lehrmeister in Frauenfeld übernehmen. Dort verkaufte er ab 1927 als Ford-Vertreter Automobile, Lastwagen und Traktoren. Bald aber erwiesen sich die Fordson-Traktoren als zu gross und zu schwerfällig für viele Schweizer Betriebe. Zwischen 1928 und 1930 baute er für seine ehemaligen Schulkollegen die 20 ersten Bührer-Traktoren. Diese Prototypen wurden aus Autoersatzteilen gebaut.

Mithilfe der Maschinen und Motorenfabrik (Mumag) in Bäretswil ZH verbesserte er die Modelle und reichte am 21. Mai 1930 die erste Zeichnung für den Bührer-Kleintraktor beim Patentamt ein. Als kurz darauf ein Artikel in der landwirtschaftlichen Zeitschrift «die grüne» erschien, erhielt Fritz Bührer unzählige Anfragen. So begann die Produktion der Bührer-Traktoren. Bereits damals liess er die Traktoren in Bäretswil herstellen. 1937 kaufte Fritz Bührer den Betrieb der Mumag. Wegen der grossen Nachfrage und somit vergrösserten Produktion wurde die Fabrik in Bäretswil bald zu klein. Die Bührer-Traktorenfabrik zog nach Hinwil an ihren jetzigen Standort.

 

Fotogalerie Bührer Traktoren

Die Geschichte von Bührer Traktoren in Bildern finden Sie in unserer Fotogalerie.

Holzvergaser als Alternative

In die ersten Bührer-Traktoren wurden verschiedenste Motoren verbaut. Als der Zweite Weltkrieg ­ausbrach, wurden die Treibstoffeinfuhren bald knapp. Deshalb baute Fritz Bührer Holzgasanlagen in grosser Zahl. Pro Liter Brennstoff war mit einem Verbrauch von 2,5 kg trockenem Holz zu rechnen. Ein Umbau kostete zwischen 3000 und 4000 Franken. Um diesen Umbau zu fördern, gewährte der Bundesrat der Landwirtschaft zusätzliche Kredite – bis zu 3000 Franken pro Traktor.

Während der Kriegsjahre blühte das Geschäft bei Bührer. Damals wurden auch erste Raupentraktoren gebaut, um durch Entwässerung von Riedland die Ackerfläche auszudehnen.

Da auch die Motoren der ausländischen Lieferanten kaum mehr erhältlich waren, kopierte Fritz Bührer 1942 den Ford-Motor und baute diesen selbst. 1943 stellte man in Hinwil den ersten Original Bührer-Motor her. Es war ein 25 PS starker Zweizylinder-Dieselmotor. Darauf folgten auch Drei- und Vierzylindermotoren.

Das erste stufenlose Getriebe

1954 gelang Fritz Bührer der nächste Durchbruch mit dem Bührer-Triplex-Getriebe. Dadurch war erstmals das Schalten ohne Kuppeln möglich. Dank dieser Erfindung wurden die neuen Bührer zum Verkaufsschlager. Im selben Jahr bot Bührer auch eine Dreipunkt-Hydraulik an. Mit der ersten Fronthydraulik und Frontzapfwelle war er jedoch um Jahrzehnte zu früh, es gab schlichtweg keine ankoppelbaren Maschinen dafür.

Als der Bundesrat 1958 die Einfuhrkontingentierung für ausländische Traktoren aufhob, brachen für Bührer schwere Zeiten an. Ausländische Traktoren waren viel billiger. Trotzdem lag Bührer 1960 seit zehn Jahren an der Spitze der neu in Verkehr gesetzten Traktoren in der Schweiz.

Eine weitere revolutionäre Erfindung war das Tractospeed-Getriebe. Dies ermöglichte einen Fahrkomfort wie beim Auto. Jedoch verpasste Bührer beim Allrad-Traktor den Anschluss. Dieser kam erst 1966.

Die Verkaufszahlen sanken zunehmend. 1973 verkaufte Fritz Bührer, die Bührer Traktorenfabrik AG an die Rapid Maschinen und Fahrzeuge AG. Aber auch die von ihnen neu überarbeitete Traktorenreihe konnte die sinkenden Verkaufszahlen nicht mehr stoppen. So musste die Rapid die Produktion der Traktoren im Jahr 1978 einstellen und die Firma an die Gebrüder Mägerle verkaufen, welche 1979 vertraglich garantierten, den Ersatzteil- und Reparaturdienst für 10 Jahre aufrecht zu erhalten.

Die Fabrik lebt noch

Obwohl in der Traktorenfabrik keine Traktoren mehr hergestellt werden, lebt diese weiter. Noch heute, 42 Jahre später, bietet die Firma eine vollumfängliche Ersatzteilversorgung an. In der Fabrik-Werkstatt werden Bührer- und andere Traktoren weiterhin bis auf die letzte Schraube komplett revidiert, repariert oder nachgerüstet.

Für die Betreuung der Kunden hat auch Balz Rüdisüli seinen Beitrag geleistet. Er kennt, dank seiner jahrelangen Erfahrung in der Montage und Produktion, die Bührer-Traktoren in- und auswendig. Viele Jahre lang betreute er unzählige Bührer-Kunden. Obwohl er bereits pensioniert ist, kommt er noch immer mindestens einmal wöchentlich nach Hinwil, um seinem Nachfolger Roman Glaus bei der Einarbeitung in den Kundenservice zu unterstützen. Roman Glaus ist froh, dass er möglichst viel von Balz Rüdisülis Wissen übernehmen kann.

«Ich will alles dafür geben, dass für alle Bührer-Traktoren auch in Zukunft die meisten Ersatzteile noch erhältlich sind», erklärt Roman Glaus.

 

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