Für Yasmine Keles war es das Normalste, bis es eben nicht mehr normal war: das Leben als Zeugin Jehovas. Jahr ein, Jahr aus besuchte sie mit ihrer Familie die Versammlungen im Königreichssaal der Zeugen Jehovas, ging in ihrer Freizeit missionieren, hielt sich von den Leuten «aus der Welt» fern, fürchtete sich um den Untergang der Erde. Regelmässig verbrachte sie ihre Ferien auf dem kleinen Landwirtschaftsbetrieb ihrer Grosseltern, wo sie sich alle möglichen Gedanken machte. Unter anderem hinterfragte sie bereits als Kind die Überzeugungen der Zeugen Jehovas.
Eltern enttäuschen oder auf sich selber hören?
Die Eltern der jungen Frau erlaubten es ihr, das Gymnasium zu besuchen, wo sich die Weltanschauung von Yasmine Keles zu ändern begann. Auch auf der Weltreise, die sie zusammen mit ihrer älteren Schwester machen konnte, wurde es für sie immer klarer, dass die Werte der Zeugen Jehovas nicht mehr mit den ihrigen übereinstimmten. Mit vorgefertigten Antworten auf die grossen Fragen des Lebens konnte sie sich nicht mehr zufrieden gegeben. Sie begann, die «Wahrheit» zu hinterfragen, und entfernte sich innerlich immer weiter von der Glaubensgemeinschaft. Aufgrund der stärker werdenden Zweifel am Glauben entschloss sie sich schliesslich mit 24 Jahren, endgültig aus der Gemeinschaft auszusteigen. Einige Freunde wendeten sich von ihr ab, vereinzelte Freundinnen bewunderten sie für den mutigen Schritt, ihre Eltern waren enttäuscht und besorgt.
Yasmine Keles
«Und dann wurde ich endlich jung»
Zytglogge Verlag, 2021, 312 Seiten. Im Buchhandel erhältlich.
Trotz des Entsetzens der Ältestenschaft der Versammlung und vieler Glaubensbrüder und -schwestern stand Yasmine Keles zu ihrem Entscheid und nahm die Konsequenzen einer Verstossung in Kauf. Eine beeindruckende, wahre Geschichte.