Vielen Dank für Ihr Interesse, es handelt sich hierbei um einen Aprilscherz. Die Fakten entsprechen aber – bis auf das Vorhaben des Bundesrats und die erfundenen Zitate der anonymen Bäuerin – der Wahrheit.
Damit Neu- oder Umbauten bewilligt werden, sind die Vorgaben zum Gewässerschutz zu erfüllen. Dazu gehört die Abwasser-Entsorgung, die entweder – im Bereich des öffentlichen Netzes – über die Kanalisation oder aber «nach dem Stand der Technik» erfolgen muss. Landwirte ausserhalb der Bauzone mit mehr als 8 DGVE dürfen ihr Haushalts-Abwasser in die Güllegrube leiten und somit landwirtschaftlich nutzen. Voraussetzung dafür ist eine dichte Grube mit ausreichend Volumen für die Wintermonate und genügend Flächen für die Ausbringung. Anforderungen an die Qualität des Abwassers gab es bisher nicht.
Grenzwerte für bedenkliche Stoffe
Zwar kann durch die Beimischung von Abwasser in die Gülle eine Synergie genutzt werden, wie der Bundesrat festhält: Die Verdünnung verringert das Risiko für Verbrennungen im Pflanzenbestand, und macht den Hofdünger fliessfähiger, was insbesondere mit Blick auf das Schleppschlauch-Obligatorium bedeutsam ist. «Abwasser kann aber auch bedenkliche Substanzen enthalten», gibt der Bundesrat zu bedenken. Als Beispiele werden hormonaktive Stoffe, Mikroplastik und Chemikalien aus Kosmetika und Reinigungsmittel sowie ausgeschiedene Wirkstoffe von Medikamenten genannt. Daher ist geplant, entsprechende Grenzwerte festzulegen – werden sie überschritten, darf das Abwasser nicht in der Güllegrube landen.
Kontrollen und Unterstützung geplant
Bisher handelt es sich lediglich um eine Absichtserklärung des Bundesrats, Genaueres soll nach einer Anhörung im Parlament folgen. Sicher ist, dass die neuen Grenzwerte im Rahmen der Gewässerschutz-Kontrolle regelmässig kontrolliert werden sollen. Je nachdem, wo die Behörden die Schwelle ansetzen, dürften viele Bauernfamilien eine alternative Lösung für ihr Abwasser suchen müssen.
Da ein Anschluss an die Kanalisation je nach Lage des Betriebs mit hohen Kosten verbunden ist, sieht der Bundesrat finanzielle Unterstützung vor. Insbesondere will er Beiträge sprechen für Kleinkläranlagen (Klaras). Von Belebtschlammanlagen über bewachsene Bodenfilter-Pflanzenanlagen bis zur Festbett-Wirbelbettanlage gibt es eine ganze Reihe verschiedener Typen von Klaras, in der Praxis erprobt sind aber nicht alle.
«Notfalls gehen wir nach Bern»
«Wir müssen uns ja schon viel gefallen lassen, aber das ist jetzt der Gipfel!», bringt eine Bäuerin ihre Empörung zum Ausdruck. Sie hat bereits vor der Mitteilung des Bundesrats von der Sache erfahren und will anonym bleiben, damit ihre Quelle nicht ihretwegen in Schwierigkeiten kommt. Gegenüber der BauernZeitung macht sie klar, dass sie alle Hebel in Bewegung setzen werde, um den Bundesrat vom Absenkpfad bäuerlicher Haushalt abzubringen. «Notfalls ziehen wir vors Bundeshaus – die Politiker werden sich zweimal überlegen, ob sie sich derart mit uns anlegen wollen», warnt die Bäuerin. Es sei nunmal so, dass in einem Bauernhaushalt mehr Schmutz anfalle als in einer Stadtwohnung. «Hausmittel und natürliche Reiniger können durchaus wirksam sein», räumt sie ein, «aber, dass der Bundesrat seinen Arm bis in unseren Putzschrank austreckt und uns vorschreiben will, welche WC-Ente wir verwenden sollen, das geht gar nicht.» Der Unterstützung der Landwirte ist sich die Bäuerin sicher, schliesslich geniesse jeder Gatte Sauberkeit im Haus.
Etwas Gutes sieht sie dann aber doch in den bundesrätlichen Plänen: So würde nämlich der (Putz-)Arbeit der Bäuerinnen mal wieder mehr Beachtung geschenkt. «Das ist aber eindeutig der falsche Anlass», fügt die Bäuerin dezidiert hinzu.
Skepsis herrscht vor
Bevor weitere Details vorgelegt werden, bleiben die Reaktionen von Politik und Verbänden sehr zurückhaltend. Womöglich hofft man, den Bundesrat vor Veröffentlichung seiner genauen Pläne von seinem Vorhaben abzubringen. Hinter vorgehaltener Hand gibt es allerdings auch Kritik aus der Wissenschaft. So sei bekannt, dass ein belebter Boden gewisse Schadstoffe besser abbauen kann, als dies in Gewässern geschieht. Statt die – relativ wenigen – bäuerlichen Haushalte mit Abwasserleitung in die Güllegrube ins Visier zu nehmen, solle daher besser die Aufrüstung grosser Kläranlagen (ARAs) im Land vorangetrieben werden. Während Pflanzenschutzmittel als wichtigste Belastungsquelle für Bäche gelten, überschreiten gerade in grossen Flüssen einzelne Arzneimittel ihre ökologischen Grenzwerte und werden so zur Gefahr für empfindliche Tier- und Pflanzenarten. Bereits ausgebaute ARAs haben gezeigt, dass die betroffenen Gewässer deutlich von Mikroverunreinigungen entlastet werden können.
Vorsicht Mikroplastik
Was weder in Kläranlagen noch vom Bodenleben abgebaut werden kann, sind Kunststoffe. Stattdessen zerfallen sie in immer kleinere Partikel (Mikro- oder sogar Nanoplastik), die Regenwürmer und Pflanzen aufnehmen können. Die genauen Folgen einer Anreicherung von Plastik im Boden und in der Nahrungskette sind nicht bekannt, dürften aber negativ sein. Die unverdaubaren Stoffe füllen Tieren den Magen oder könnten Wasserleitungen in Pflanzen verstopfen. Ausserdem bieten sie mit ihrer grossen Oberfläche viel Platz für Krankheitserreger.
Mikroplastik entsteht nicht nur durch den Zerfall von achtlos weggeworfenem Kunststoff-Abfall oder übersehener Folienreste, sondern kann auch über das Abwasser aus Kosmetika und Putzmittel in die Umwelt gelangen. Um das zu vermeiden ist es empfehlenswert, den Strichcode von Pflege- und Reinigungsprodukte vor dem Kauf mit der App «Codecheck» zu scannen. Sie gibt Auskunft über bedenkliche Inhaltsstoffe wie z. B. Mikroplastik und ist kostenlos.
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