AboGastbeitragDie zweite Jahreshälfte aus dem AuslandDienstag, 6. August 2024 Es heisst «Biodiversität ja. Initiative nein» – dem kann ich ganz gut zustimmen. Ich bin überzeugt, dass Martin Hübscher es ernst meint und es auch umsetzt.  Meine eigene Position zu diesem Thema ist für mich nicht ganz einfach. Als Landwirt und Umweltingenieur bin ich in beiden Lagern zu Hause und fühle mich manchmal wie in einer Sandwich-Situation. Ich verstehe alle Bedenken der Landwirtschaft. Aber dann nervt es mich, wenn die ganze Biodiversitätsfrage ins Lächerliche gezogen wird.

Wir haben ein weltweites Problem, für das jedoch die Landwirtschaft nicht alleine zuständig ist. Letztlich liegt der Schlüssel zur Veränderung im Konsumverhalten und in der Lebensweise jedes einzelnen von uns. Dies sind nämlich die kleinen Stellschrauben, die Grosses bewirken könnten. Aber leider neigen alle dazu, die Fehler anderswo zu suchen als beim eigenen Verhalten.

Aktuell steht die Landwirtschaft oft am Pranger. Wie kann man das ändern? Soll man immer wieder die Landwirtschaft erklären? Wie viele sind es, die wirklich zuhören wollen? Es gibt es keine pauschale Lösung. Grundsätzlich geht es darum, dass jeder einzelne ehrlich zu seinem Konsumverhalten steht.

«Biodiversität ja»

In meinem Beratungsalltag stelle ich das «Biodiversität ja» immer wieder fest. Die Bauernfamilien haben viele schöne, interessante Ideen und Beobachtungen und setzen unkonventionelle Ansätze um. Der Beruf als Landwirt oder Landwirtin wird bekanntlich nicht von Personen gewählt, die an der Vielfalt des Lebens (und der Biodiversität) keine Freude haben.

Wichtig ist für mich, dass «Biodiversität ja» nicht nur als Floskel benutzt wird, sondern ehrlich gemeint ist. Die Landwirtschaft macht wirklich schon viel und eine flächenmässige Ausdehnung ist auch für mich kein Thema. Es geht um Qualität. Wenn schon Ökoflächen, dann mit möglichst hoher Qualität und der bestmöglichen Leistung für die Umwelt.

Es wissen alle, dass dies nicht in allen Lagen ohne Weiteres möglich ist. Auch ist das starre Korsett der Direktzahlungsverordnung nicht gerade hilfreich, um die für den Standort bestmögliche Biodiversitätsleistung der Fläche zu erbringen.

Die Biodiversität darf nicht getrennt von der Produktion betrachtet werden. Die Kultur- und die Sortenvielfalt beziehungsweise die genetische Vielfalt sind ein wichtiger Teilbereich des Begriffs «Biodiversität». Somit liegt ein wichtiger Schlüssel darin, die Vielfalt «in der Produktion» zu erhöhen – sei dies durch Produktionsvielfalt, Untersaaten, Mischkulturen, der Vielfalt förderliche Ackerschonstreifen oder was auch immer.

Dies bedingt jedoch alles, dass unsere Produkte und auch aufwendigere Anbausysteme von den Abnehmern sowie Konsumentinnen und Konsumenten mitgetragen werden.

Der langen Rede kurzer Sinn: Wenn jede Person in der Landwirtschaft, in einer Behörde bzw. Verwaltung, jede Privatperson, jeder Gewerbetreibende und Industrielle das Potenzial für die Vielfalt in seinem Umfeld, seinem Einflussbereich und vor allem auch in seinem persönlichen Einkaufsverhalten optimal nutzt, haben wir sehr viel erreicht.

Zum Autor
Peter Schweizer aus Hosenruck TG ist Landwirt, Co-Präsident von Bio Ostschweiz und Co-Geschäftsführer der Falun GmbH, Fachstelle für Landwirtschaft, Umwelt und Natur. Er schreibt für die Rubrik «Arena» im Regionalteil Ostschweiz/Zürich der BauernZeitung.