Nun ist es definitiv, der Schleppschlauch wird ab 2022 obligatorisch. Der Bundesrat hat die Vorschrift in die eidgenössische Luftreinhalteverordnung aufgenommen. Im Gegensatz zum Ständerat hat die Mehrheit des Nationalrates wichtige Argumente ignoriert und es verpasst, dieses Obligatorium noch aufzuhalten. Der Schweizer Bauernverband (SBV) bedauert dies und hat alles versucht, das bewährte freiwillige Anreizsystem fortzusetzen.
Der SBV ist nicht gegen die Technik des Schleppschlauches an sich. Der Einsatz kann Sinn machen und einen Beitrag zur Reduktion der Ammoniak-Emissionen leisten. Der Einsatz macht aber nicht überall und auch nicht jederzeit Sinn.
Bei der Umsetzung haperts
Der Vollzug des Schleppschlauch-Obligatoriums ist jedoch problematisch aufgegleist. Grundsätzlich sind alle Betriebe in der Pflicht, welche über drei Hektaren begüllbare Fläche unter 18 Prozent Hangneigung verfügen. Das tönt einfacher, als es in der Praxis effektiv ist. Verschiedene Flächen können vom Obligatorium ausgenommen werden, beispielsweise Obstanlagen und Kleinflächen unter 25 Aren. Unverständlicherweise werden Hochstammbäume der Qualitätsstufe QII ausgenommen, diejenigen der Qualitätsstufe QI hingegen nicht.
Ab wann nun eine Fläche dann effektiv mit dem Schleppschlauch begüllt werden muss, lässt sich somit nicht ganz so einfach feststellen. In manchen Fällen können sich Betriebsleitende zwar teilweise selbst auf den GIS-Karten mit den Hanglayern informieren. Bei vielen konkreten Fällen braucht es aber die Auskunft der kantonalen Vollzugsstellen.
Viele dieser kantonalen Landwirtschaftsämter sind jedoch noch nicht vorbereitet und können keine Auskunft geben, da die Vollzugshilfe frisch publiziert wurde. Die Frage stellt sich, ob die Kantone in der Lage sein werden, innerhalb von sechs Monaten die Schleppschlauchpflichtigen Flächen auszuscheiden.
Eine weitere Herausforderung sind die Lieferfristen von Schleppschläuchen, diese betragen schon ohne Covid-Auswirkungen über ein Jahr. Deshalb braucht es Übergangsfristen, welche den Landwirten ermöglicht, sich die für ihren Betrieb passende Technik in angemessene Zeit anzuschaffen oder eine Lösung als Gemeinschaft, sei es Kauf oder Miete zu finden.
Es braucht Ansprechpersonen und eine klare Vollzugshilfe
Die Umsetzung des Obligatoriums muss angepasst und präzisiert werden. Und zwar Sinne der Praxistauglichkeit. Im Zweifelsfall müssen Ansprechpersonen den Betrieben vor Ort Auskunft geben können, welche Flächen nun pflichtig sind und ob sie selbst vom Obligatorium betroffen sind.
Aber auch die Bundesämter für Landwirtschaft (BLW) und Umwelt (Bafu) sind hier in der Pflicht. Sie müssen die Kantone unterstützen und dürfen nicht versuchen, sich bei der Umsetzung des Obligatoriums mit einer unzulänglichen Vollzugshilfe aus der Affäre zu ziehen. Dies führt nur zu einem Wildwuchs an Interpretationen der Kantone mit unerwünschten Unterschieden. Die Leidtragenden sind dann wiederum die Bauern. Deshalb müssen diese Punkte unbedingt und rasch geklärt werden.