Standardisierung und Optimierung macht Massenproduktion einfacher, leistungsfähiger und kostengünstiger. Das gilt auch für die Landwirtschaft. Dadurch ist allerdings die Vielfalt in Ställen und Gewächshäusern, auf Feldern und Weiden geschrumpft. Gerade mal drei Pflanzenarten - Reis, Mais und Weizen - liefern die Hälfte der pflanzlichen Kalorien. Schwein, Geflügel, Rind und Büffel machen 93 Prozent des Fleisches auf unseren Tellern aus. Die Milchkühe in Europa und Nordamerika gehören zu 60 bis 90 Prozent nur einer Nutztierrasse an, dem Holstein-Rind.
Die Natur hätte noch mehr zu bieten
Was heute im Supermarkt erhältlich ist, stellt nur einen Bruchteil dessen dar, was die Natur zu bieten hätte und gegessen werden könnte - und teilweise einst auch gegessen wurde, heisst es in einem neuen Faktenblatt der Akademie der Naturwissenschaften (SCNAT). Zwischen 1904 und 2000 reduzierte sich beispielsweise die Vielfalt an Apfel-, Kohl-, Feldmais-, Erbsen- und Tomatensorten in den USA um 80 bis 90 Prozent, wie die SCNAT am Donnerstag in einer Mitteilung festhielt. Einstmals wurden rund 7000 Pflanzenarten, angebaut, heute tragen nur noch etwa 80 Sorten wesentlich zur globalen Nahrungsversorgung bei.
Riskante Gleichförmigkeit
Die Politik ist daran nicht unschuldig, da sie in vielen Ländern darauf abzielt, die Leistung, wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und Standardisierung der Landwirtschaft zu erhöhen. Dieses Paradigma der Gleichförmigkeit erweist sich vor dem Hintergrund des Klimawandels jedoch als kurzsichtig und riskant: Einbussen durch Klimaextreme wie Trockenheit, aber auch durch Schädlinge und Krankheiten, die sich durch die Monokulturen fressen, sind die Folge. Verschiedene Sorten und Rassen mit unterschiedlichen Eigenschaften könnten solche Risiken verringern.
Der trockene Sommer 2018 mit seinen Ernteeinbussen hat eindrücklich gezeigt, dass die Nahrungsmittelproduktion widerstandsfähiger werden muss. Die Sortenvielfalt in der Landwirtschaft wieder herzustellen, sei dafür von entscheidender Bedeutung, schreibt die SCNAT. Insbesondere Kleinbauern und Familienbetriebe spielen dabei eine wichtige Rolle als Hüter der Agrobiodiversität und Wegbereiter von nachhaltigeren Ernährungssystemen.
Kleinere Betriebe als Vorreiter
Die Politik müsse Bedingungen schaffen, unter denen sich Agrobiodiversität und die Betriebe, die sie fördern, entwickeln können, heisst es weiter. Das Paradigma der Gleichförmigkeit müsse einem Paradigma der Vielfalt weichen. Als weitere Empfehlung nennen die Autorinnen und Autoren des Faktenblatts, ein globales, gemeinsames Saatgutsystem zu fördern, das auf freier Nutzung und Austausch beruht.
Der Schweiz komme besondere Verantwortung zu, betonen die Expertinnen und Experten: Hierzulande haben viele Grossunternehmen ihren Sitz, die ihren Fokus im Bereich Nahrung, landwirtschaftlicher Handel, Agrochemikalien und Saatgut haben. Deren Geschäftsmodell zielt auf den Ausbau eines auf Monokulturen basierenden Nahrungssystems ab. Damit laufen ihre Geschäftsinteressen der Förderung der Agrobiodiversität zuwider.
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