Man solle das revidierte Jagdgesetz an seinem Inhalt messen und nicht am Entwurf der dazugehörenden Verordnung, schreiben Pro Natura, WWF, BirdLife, die Gruppe Wolf Schweiz und Zooschweiz in einer gemeinsamen Mitteilung. Gleichzeitig zeige die Verordnung bereits, wie das geplante Jagdgesetz den Schutz diverser Tierarten unterlaufen kann.

Den Höckerschwan zum Abschuss freigegeben

Das Gesetz lasse zu, dass Arten per Verordnung zur Regulation freigegeben werden. So sei es bereits als Konsequenz einer überwiesenen Motion im Falle des Höckerschwans passiert. «Das gleiche Schicksal könnten auch Luchs, Biber, Graureiher und andere geschützte Arten in Kürze erleiden», heisst es in der Mitteilung.

Bei weiteren Motionen etwa gegen Luchse (eine solche sei bereits angekündigt worden) könne der Bundesrat wie beim Höckerschwan gar nicht anders, als diese geschützten Tiere via Verordnung zum Abschuss freizugeben.

Unverständliche Paragrafen im Verordnungsentwurf

Der Verordnungsentwurf, der bis am 9. September in der Vernehmlassung ist, umfasst 70 Änderungen von Artikeln, der Erläuterungsbericht 69 «eng bedruckte Seiten». Dabei gibt es laut den Umweltverbänden einige unverständliche neue Paragrafen. So könnten beispielsweise Luchse geschossen werden, wenn man dafür andere aussetzt. Man solle aber mehr Luchse töten als aussetzen können. Aus Sicht der Umweltverbände ist das eine Regulierung durch die Hintertür. 

Schwalben und Segler verlieren ihren Schutz

Besonders gravierend sei auch, dass der Bundesrat die bewährten Regeln für die Sicherung der Schwalben- und Seglerkolonien in Dörfern und Städten aufheben wolle. Dies obschon die einst häufigen Mehl- und Rauchschwalben heute potenziell bedroht sind. 

Ein Gesetz nach Augenmass

Man habe bereits im Juni ein Gesuch um Fristverlängerung gestellt, das vom Bundesamt für Umwelt abgelehnt worden sei. Die Naturschutzorganisationen wollen nach dem 27. September «Hand bieten für ein Gesetz mit Augenmass». Das erlaube eine «viel schlankere, verständliche Verordnung ohne Aufhübschungen».  

 

Wolfs-Regulierung zu stark eingeschränkt

Die vom Bundesrat vorgelegte Jagdverordnung bedürfe deutlicher Verbesserungen, schreibt der Schweizer Bauernverband SBV  auf Anfrage der BauernZeitung. Die Regulierung des Wolfes werde zu stark eingeschränkt. Weiter sollte nach Meinung des SBV die Finanzhilfe des Bundes an die Kantone nicht nach der Anzahl Wolfsrudel, sondern der Anzahl Wölfe bemessen werden, um auch Kantone mit Schäden durch Einzeltiere abzugelten. «Generell soll der Bund für alle Schäden durch geschützte Tiere zu 80 Prozent aufkommen müssen», fordert der SBV.

Teilweise Parlaments-Entscheide ausgehebelt

Zum Timing der Vernehmlassung meint der SBV, der Bundesrat setze zunehmend darauf, vor Abstimmungen mittels Verordungsentwürfen Klarheit über gewisse umstrittene Punkte zu schaffen. Bei einer Annahme des Gesetzes könne der Bundesrat dann auf diese Vorschläge verweisen.

Dieses Vorgehen ist aus Sicht des SBV dann problematisch, wenn die Verordnung Parlaments-Entscheide aushebelt. Das sei bei der Jagdverordnung teilweise der Fall. Nun sei das Parlament gefordert, die Umsetzung seiner Entscheide durchzusetzen. 

Was heisst «zumutbar»?

Im Entwurf der neuen Jagdverordnung steht, der Bund werde Wildtierschäden nur dann entschädigen, wenn «die zumutbaren Massnahmen zur Schadenverhütung vorgängig getroffen wurden». Die Bauern seien zu Schutzmassnahmen bereit, schreibt der SBV. Die Frage sei allerdings, was man unter «zumutbar» verstehe. Da müsse man eine praxisnahe Auslegung finden und sicher noch darüber diskutieren.

«Das Gesetz ist ein Kompromiss»

Für den Schweizer Bauernverband ist das neue Jagdgesetz ein Kompromiss, der aber vom Entwurf der zugehörigen Verordnung «in verschiedenen Belangen unterlaufen» werde. Von einer allgemeinen Lockerung des Artenschutzes könne keine Rede sein, «der Artenschutz für praktisch alle Tierarten wird gestärkt», so der SBV. Die einzigen Lockerungen würden den Wolf und den Höckerschwan betreffen – beides Arten, die in grosser und rasch steigender Zahl «immer mehr Schäden verursachen.»

Weitere Informationen: Entwurf der Jagdverordnung und Erläuternder Bericht dazu