Der Löwenzahn blüht mit den Apfelbäumen um die Wette. Auf einer Wiese mitten in Bürglen UR grasen Braunviehkühe, scheinbar zufrieden mit sich und der Welt. Die Frühlingssonne wärmt ihnen das Fell. Jessica Bissig geht über die Weide und rückt ihrer Lieblingskuh Gloria das Halsband zurecht. Die 18-Jährige macht hier auf der Balmermatte bei Max und Monika Herger ihr drittes Lehrjahr als Landwirtin.

Die Idee, Jessica für «Lehrling des Jahres» anzumelden, stammte von ihrem Chef. «Erst dachte ich, das sei ein Witz», sagt sie und lacht, «nun freue ich mich darauf, Werbung für den Beruf zu machen.»

 

Steckbrief

  • Name: Jessica Bissig
  • Alter: 18 Jahre
  • Zuhause: In Isenthal UR
  • Ausbildung: Im dritten Lehrjahr zur Landwirtin

    bei Max und Monika Herger in Bürglen UR

Noch sind die siebzehn Kühe der Familie Herger hier, zusammen mit vier Geissen und sechs Hühnern. Im Juni zieht das Vieh auf eine grosse Rinderalp, wo es auch Ziegen und Schweine gibt. Dort wird die Milch zu Alpkäse verarbeitet. Und es entsteht eine Spezialität: Weissschimmelkäse aus Kuh- und Ziegenmilch. «Als ich im Alpkäserkurs gesagt habe, dass wir das vorhaben, sagten sie, das gehe nicht so einfach, das sei die Kür, aber es klappt», sagt Bissig. Der Alpkäse wird direkt vor Ort auf der Balmermatte verkauft, ein Teil geht an die Urner Alpkäsegenossenschaft und ein kleiner Teil wird sogar in die USA exportiert.

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Hauptsache draussen

«Hier ist mein Lieblingsplatz», sagt Jessica Bissig und macht eine Geste, welche die Kühe, die Weide, die blühenden Bäume und den blauen Himmel an diesem Aprilnachmittag umfasst. Draussen fühlt sich die junge Frau so richtig zuhause, sie mache eigentlich alles gerne: «Hauptsache draussen – und schon am liebsten in den Bergen.»

Das kommt nicht von ungefähr, denn aufgewachsen ist sie auf einem kleinen Bio-Bauernhof in der Bergzone III in Isenthal UR. Zehn Mutterkühe der Rasse Tiroler Grauvieh, Burenziegen, 70 Hühner. Fleisch und Eier werden direkt verkauft. «Wir wohnen zwar abgelegen, aber es kommen doch einige Touristen bei uns vorbei.»

Seit einiger Zeit stellt ihre Mutter Teigwaren her, zum Beispiel in Edelweissform. «Das ist Mamis Nebenerwerb», erklärt Jessica. Dass sie Landwirtin werden möchte, war Jessica früh klar. «Ich bin immer überall dabei gewesen und war schon früh fasziniert.» Am Beruf gefällt ihr unter anderem dessen grosse Vielfältigkeit, «dass man viele gute Ideen braucht und auch die Wertschöpfung, die man rausholen kann, etwa wenn man die Milch auf der Alp verkäst.» Ihre drei jüngeren Schwestern Elena, Lara und Svenja gefällt die Landwirtschaft ebenfalls.

 

5 Kurzinfos

  • Diese Superkraft würde ich mir wünschen: Keine, ich bin Realistin.
  • Meine Lieblingstiere: Gämsen, Hirsche, Kühe, Ziegen.
  • Mein Lieblingsessen: Wildpfeffer mit Spätzli.
  • Meine Lieblingsarbeit: Hauptsache draussen.
  • Das mache ich weniger gern: Tiere in die Metzg geben.

Auftritt im Fernsehen

Auch die Volksmusik hat die Bergbauernfamilie im Blut. Jessica musiziert in der Familienformation mit Vater und Geschwistern und mit Schwester Elena, Cousine Alina und Cousin Levin Imholz in der Formation «Chlitalsträssler». Im Frühling 2018 hatten sie beim «Samstig Jass» ihren ersten Fernsehauftritt. Auch beim «Kleinen Prix Walo» traten sie schon auf. Und noch etwas hat Jessica etwas im Blut, nämlich das Jagen. «Mein Dädi ist Wildhüter und ich möchte später die Jagdprüfung machen.»

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Der erste Auftritt Fernsehauftritt der «Chlitalsträssler» im «Samstig Jass». (Video SRF)

Erstes Lehrjahr auf Französisch

Für ihr erstes Lehrjahr verliess Jessica Bissig die geliebten Berge und ging runter ins Flache, ins Freiburgische. Dort absolvierte sie die Berufsschule auf Französisch und entdeckte «mein Faible für grosse Maschinen». Auf die Frage, ob sie eher Fendt oder John Deere mag, lacht sie. «Wir haben hier in den Bergen eher Transporter, darum würde ich mit Reform antworten.» Um eine Siloballe zum Stall zu bringen, nimmt sie dann doch den Traktor.

Ohne Motor, aber mit Muskelkraft packt sie ihre nächste Aufgabe an. Ein neuer Zaun muss her. Mit zügigen Schritten marschiert sie über die Frühlingswiese, in der einen Hand die Rolle mit dem Draht, über der anderen Schulter balanciert sie die Weidepfosten. «Die Natur hat alle Kräfte, die es braucht», sagt sie auf die Frage, welche Superkraft sie sich wünschen würde. «Ich bin Realistin und verlasse mich lieber auf die Natur und auf das, was ich selber kann.»

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Agronomie studieren und Betrieb übernehmen

Jessica Bissig kann schon vieles, doch nach der Lehre will sie weiterlernen und Agronomie studieren. In fünf Jahren möchte sie ihren Abschluss in der Tasche haben und «in einem interessanten Beruf mit Landwirtschaftsbezug arbeiten.» Doch ihrem Zuhause möchte sie treu bleiben und den elterlichen Betrieb mitbewirtschaften. «Ich bin eine richtige Berglerin und stolz darauf», sagt sie.

Für die Zukunft der Landwirtschaft sieht sie den Klimawandel und die Politik als die grössten Herausforderungen: «Wir Bauern müssen auf jeden Fall anpassungsfähig und offen für Neues bleiben», sagt sie und verabschiedet sich. Im Käsekeller wartet noch Käse darauf, geschmiert zu werden.

 

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Die BauernZeitung kürt den «Lehrling des Jahres 2021»

Aus über 80 fantastischen Bewerbungen hat die Jury Mitte März 2021 10 Favoritinnen und Favoriten für den «Lehrling des Jahres 2021» ausgewählt. Zwischen dem 16. April 2021 und dem 14. Mai 2021 werden alle 10 Favoritinnen und Favoriten vorgestellt. Pro Woche werden jeweils 2 neue Lernende vorgestellt. Zu jedem Lernenden gibt es einen Artikel und ein Video. Ab Mitte bis Ende Mai folgt das Leser-Voting, bei dem Sie bestimmen, wer schlussendlich der «Lehrling des Jahres 2021» wird. Alle Artikel und Porträts finden Sie im in unserem Dossier

Zum Dossier «Lehrling des Jahres 2021»