Es war vor elf Jahren, als der angehende Agrotechniker Markus Bernhardsgrütter im Rahmen seiner Ausbildung am Strickhof ein Thema für ein Marketingkonzept suchte. Dabei kam er darauf, einen Onlineshop für Direktvermarkter zu entwerfen. Dies war der Anfang von «Saisonbox», zunächst aber vor allem als eine Idee auf Papier.

Gemeinsame Sache gemacht

Als sein Schulkollege Matthias Ruoss dazu kam, entwickelten sie das Konzept weiter und machten erste praktische Erfahrungen mit einem eigenen Shop. «Von Beginn an ging es uns darum, ein Liefersystem anzubieten, welches die Direktvermarktung von Saisongemüse und -früchten vereinfacht», so Bernhardsgrütter.

Konkreter wurde es 2013, als die beiden Firmengründer die befreundete Familie Rüttimann in Zug als weiteren Standort für die «Saisonbox» gewinnen konnten. Doch für die Firmengründer selbst lief die Sache nach wie vor nebenher: «Wir hatten beide einen Job in der Landwirtschaft und tüftelten nebenbei am Onlineshop-Konzept weiter», sagt Ruoss. «Dann kam der Punkt, als wir uns sagen mussten, entweder ganz oder gar nicht.» Sie fassten schliesslich den Entschluss, die «Saisonbox» weiter zu professionalisieren und sich beruflich mehr darauf zu konzentrieren. So kam 2016 Bernhardsgrütters Familienbetrieb in Gossau, den er inzwischen von seinen Eltern übernommen hatte, als neuer Standort dazu und wurde zum Prototyp für das Online-Start-up. «Die Abläufe in einem Gemüsebetrieb von innen her zu kennen, vereinfacht es, ein Vermarktungssystem zu entwickeln», stellt der Gossauer fest.

Eine Banane kommt nicht in die Box

Nach und nach fanden sich weitere Standorte in verschiedenen Regionen der Schweiz, die jeweils ein regionales Liefergebiet abdecken. Derzeit sind es neun kleine und mittelgrosse Betriebe, die sich der «Saisonbox» angeschlossen haben und monatlich insgesamt gegen 2000 Boxen ausliefern. Darunter sind konventionelle Produzenten wie auch Biobetriebe. «Die Produktionsweise ist nicht entscheidend», sagt Matthias Ruoss. «Wichtig ist uns hingegen, dass Gemüse und Früchte saisonal angeboten werden und aus der jeweiligen Region stammen. Eine Banane kommt uns nicht in die Box.» Bedingung ist, dass ein angeschlossener Betrieb zu mindestens 60 Prozent selbst produziert. Der Rest kann auch vom Nachbarsbauer kommen. «Gemüsehändler passen hingegen nicht ins Konzept», so der Landwirt, der selbst schon seit Jahren im Gemüsebau tätig ist.

Schon früh war den Geschäftsführern klar, dass sie keinen Onlineshop im herkömmlichen Sinn aufbauen wollen. Im Zentrum steht vielmehr ein Gemüseabo mit einer regelmässigen Kundschaft, das jederzeit kündbar ist. Darüber hinaus ist das Angebot individualisierbar. So werden Kundenwünsche berücksichtigt, indem sich beispielsweise eine Gemüsesorte abwählen lässt. Darüber hinaus bietet das System den Produzenten die Möglichkeit, verarbeitete Produkte anzubieten, die von den Kundinnen und Kunden von Mal zu Mal dazu bestellt werden können. So lassen sich auch selbst gemachte Hofprodukte wie eingelegtes Gemüse, Pesto oder Teigwaren vermarkten.

Eigenständige Betriebe

Die teilnehmenden Gemüsebetriebe kümmern sich um Anbau, Ernte, Verpackung sowie gegebenenfalls um die Auslieferung. Die Dienstleistungen, die sie von «Saisonbox» erhalten, unterstützen sie dabei. Seit 2020 stehen dazu vier Apps zur Verfügung (siehe Kasten), welche die Abläufe von der Kommunikation bis zur Logistik vereinfachen. Auch die Zahlung läuft, sofern gewünscht, über «Saisonbox», wobei die Kunden monatlich eine Rechnung erhalten. Werbung machen die Betriebe selbst, doch steht ihnen dabei einheitliches Marketingmaterial zur Verfügung. Je nach Umfang des Geschäftspakets beträgt der Umsatzanteil der «Saisonbox» zwischen 3 und 8,5 Prozent. Die Produzenten können damit ihre Wertschöpfung erhöhen und bleiben dennoch eigenständig.

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Die Software des Systems wird laufend ergänzt und auch aufgrund von Rückmeldungen von Produzenten und Kundschaft überarbeitet. Mit von der Partie war schon früh Markus Bernhardsgrütters Bruder René, der als Softwareingenieur technisches Wissen einbringt. Zur Entwicklung des Konzepts meint er: «Es ist ein Prozess, wir sind ständig am Weitertüfteln und ein Ende ist nicht in Sicht.» Und Matthias Ruoss resümiert: «Unsere Firma zeichnet auch aus, dass wir aus eigener Kraft gewachsen sind und unsere Erfahrungen der letzten Jahre einbauen können.»

So funktioniert die «Saisonbox»

Ziel der Saisonbox ist es, alle Abläufe von der Bestellung bis zur Lieferung zu vereinfachen und miteinander zu verknüpfen. Dazu gehören vier verschiedene Apps, die für die Verwendung mit dem Smartphone optimiert und miteinander verbunden sind:

Kunden-App: Der Kunde kann via  App ein Abo bestellen, verändern (z.B. Regelmässigkeit), pausieren, zusätzliche Produkte und die Rechnungen einsehen. Dazu gehört auch, dass sich der Betriebe vorstellt und den Kunden Push-Mitteilungen schicken kann (z.B. zu aktuellen Angeboten).
Produzenten-App: Hier wird alles verwaltet, etwa Kundendaten, Artikel, Preise, Lieferscheine sowie Inhalt der Boxen. Auch kann der Produzent direkt auf dem Feld ein Gemüse deaktivieren, wenn es nicht mehr erhältlich ist.
Packing-App: Was in die Box kommt, wird beim Einpacken im Rüstraum auf dem Tablet eingesehen und erfasst. Das Kommissionieren erfolgt nach einem System, so werden Kartoffeln zuerst eingepackt, Salat kommt obendrauf.
Driver-App: Die Boxen werden bereits routenoptimiert kommissioniert. Der Chauffeur hat dann auf dem Smartphone die entsprechende Reihenfolge der Route. Zudem kann er im Gebindemanager die Ein- und Ausgänge der Boxen hinter­legen.

Weitere Informationen: www.saisonbox.ch

Agropreis 2021

Der Innovationswettbewerb der Schweizer Landwirtschaft «Agropreis» wird jährlich von der Emmental Versicherung unter dem Patronat des Schweizer Bauernverbandes durchgeführt. Die Preisverleihung findet am 4. November in Bern statt. «Saisonbox» ist einer der fünf Betriebe, welche in diesem Jahr nominiert sind. Eine weitere Kandidatin aus der Ostschweiz ist die «Piccoli Frutti Valposchiavo» GmbH, die Puschlaver Bergbeeren produziert. Darüber hat die BauernZeitung in der Ausgabe vom 22. Oktober berichtet.

Weitere Informationen: www.emmental-versicherung.ch/ agropreis