Es gehe nur um ein Postulat, keine Motion – was einen grossen Unterschied mache, betonte Bundesrat Alain Berset in der Nationalratsdebatte. Der Bundesrat hatte den Vorstoss der Wissenschaftskommission zur Annahme empfohlen. Wie eine Mehrheit der Grossen Kammer hat er sich also dafür ausgesprochen, die Einführung einer CO2-Etikette auf unverarbeiteten Lebensmitteln zu prüfen.
Den Vergleich ermöglichen
Die Unterstützer des Postulats argumentieren damit, die Etikette solle Konsument(innen) beim verantwortungsvollen Einkauf unterstützen. Dafür bräuchten sie mehr Informationen, wobei neben dem Transport auch die Produktionsweise (z. B. beheizten Treibhäuser oder monatelange Lagerung) berücksichtigt werden solle. Ausserdem gelte es zu verhindern, dass jeder Detailhändler ein eigenes Etikettensystem entwickelt und die Kundschaft damit nur noch mehr verwirrt. Mit dem M-Check der Migros, der auch die Klimaverträglichkeit eines Produktes ausweist, hat eine solche Entwicklung bereits begonnen.
«CO2-Belastung ändert sich dauernd»
Martin Haab (SVP/ZH) warnte im Nationalrat vor eine Diskriminierung kleiner Händler, Quartierläden und Direktvermarktern, die z. B. Früchte, Gemüse oder eigenes Fleisch und eigene Milch verkaufen. Mit der Witterung, Jahreszeit und der Individualität einzelner Nutztiere ändere sich die CO2-Belastung durch unverarbeitete Ware zudem andauernd. Alle Faktoren zu berücksichtigen, sieht er als beinahe unmöglich an.
Regional und saisonal sowieso besser
Eine CO2-Etikette werde bei dem meisten unverarbeiteten Lebensmitteln völlig intransparent ein, fuhr Martin Haab fort. Er hätte einen anderen Vorschlag:
«Man müsste nämlich in grossen, roten Lettern schreiben: ‹Bitte Hirn einschalten, bevor Sie dieses Produkt kaufen›»
Martin Haab fände eine solche Etikette sinnvoller.
Schliesslich seien regionale und saisonale Produkte in 99 Prozent der Fälle nachhaltiger und ihre Umweltwirkung obendrein besser nachzuvollziehen. «Wir alle müssen zur Kenntnis nehmen, dass die allermeisten Konsumenten bereits heute mit der vorhandenen Informationsflut völlig überfordert sind», gab Haab zu bedenken.
Grosses öffentliches Interesse
Ist eine CO2-Etikette machbar, ist es realistisch? «Es ist offensichtlich, dass es ein grosses Interesse an diesen Fragen gibt», meinte der anwesende Bundesrat. Am Ende fand Berset die Zustimmung der Mehrheit des Nationalrats. Nun soll eine Untersuchung zeigen, welche Vorteile und Schwierigkeiten es bei einer CO2-Etikette gäbe. Eine einheitliche Methode komme der Vergleichbarkeit und Verständlichkeit zugute und man werde sich zudem auch mit anderen Möglichkeiten befassen, die nicht auf CO2 fokussiert sind.