Bei der Branchenorganisation Milch (BOM) in Bern müssen sich heute Vertreter(innen) der Produzenten- und Verarbeiterseite einig darüber werden, wie hoch der Richtpreis für A-Milch im zweiten Quartal 2024 sein soll. Nach einer Senkung auf 79 Rappen per Anfang 2024 hofft man angesichts hoher Produktionskosten auf eine Erhöhung. Auch der Molkereipreisindex zeigt leicht nach oben. Doch der Ausgang der Verhandlungen ist offen.
Vor die Türen der BOM
Mit diversen Aktionen haben Landwirte in den letzten Tagen und Wochen Zeichen gesetzt und unter anderem faire Produzentenpreise gefordert. Eine kleine Gruppe wird auch heute vor den Toren der BOM in Bern erwartet. Bereits am Morgen vor Ort ist Roman Hodel aus Dagmersellen LU. Für die 60 km habe er 1,5 Stunden gebraucht, erklärt er. Die Polizei sei informiert und froh, dass nicht zu viele Traktoren auffahren. «Man wird schnell einmal nervös, wenn Traktoren in der Stadt unterwegs sind», sagt Hodel.
Mit Englisch die Jungen abholen
Der Luzerner hat seinen modernen John-Deere-Traktor gut sichtbar vor dem Bürogebäude parkiert. «Wir brauchen grössere Maschinen, weil wir wachsen müssen, um am Ende noch gleich viel verdienen zu können», kommentiert er sein Gefährt. Vorne prangt ein Plakat mit der Aufschrift «No farmers, no food, no future» – «keine Bauern, kein Essen, keine Zukunft». Er habe seine Botschaft bewusst auf Englisch formuliert, sagt Roman Hodel. «Damit will ich die Jungen abholen, denn ohne sie nützt alles nichts». Generell müsse die Bevölkerung besser verstehen, wie wichtig die Landwirtschaft sei – im Allgemeinen und im Inland im Speziellen. «Vielleicht ist dieser Zug dann irgendwann abgefahren», gibt Hodel bezüglich Importmöglichkeit und der schwierigen Lage ausländischer Berufskollegen zu bedenken.
Das «Normale» auf Augenhöhe platzieren
Zu den Richtpreisverhandlungen treffen langsam verschiedene Akteure aus der Branche ein. So kommt Roman Hodel mit Andreas von Wyl ins Gespräch, der bei Hochdorf für die Milchbeschaffung zuständig ist. Nur noch hochpreisige Demeter- oder Bio-Milch zu produzieren, wäre keine Lösung, sind sie sich einig. «Wir müssen im richtigen Segment produzieren», sagt von Wyl. «Und die Produkte im Laden richtig platzieren», ergänzt der Landwirt. Auf Augenhöhe sollten seiner Meinung nach nicht (nur) teure Bio-Produkte sein und gleich darunter an ebenfalls attraktiver Lage die Importware stehen. Vielmehr müsste die «normale» Schweizer Milch besser zur Geltung kommen.
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Ein öffentlich-rechtlicher Entscheid
Aber wie könnte die Milchproduktion in der Breite wirtschaftlicher werden? Von Wyl hätte einen Vorschlag: «Die Politik müsste reagieren und die Milchzulage anpassen.» 6 Rappen pro Liter müssten an die Landwirte fliessen. Auserdem sollte nach von Wyl die Verkäsungszulage von 15 auf 18 Rappen angehoben werden. «Dann würden all die verarbeiteten Produkte wieder funktionieren: Die Käser könnten wieder anständig Wertschöpfung generieren und ihren Absatz verbessern und der Industrie wäre auch geholfen», erklärt der Leiter Milchbeschaffung. Aber, betont er weiter, solche Anpassungen wären ein öffentlich-rechtlicher Entscheid. «Da ist die Politik gefordert. Wir versuchen von der Branche her nur, das Beste daraus zu machen.»