Aufgrund der saisonalen geringeren Nachfrage und der angepassten tieferen Produktion in der Zeit nach Ostern, gestaltete sich die Marktlage bei den Konsumeiern in der Schweiz im Frühling relativ ausgeglichen. Jene Mengen, die leicht über der Nachfrage lagen, seien dazu genutzt worden, die leeren Lager für die Eierverarbeitung aufzufüllen, heisst es im aktuellen Marktbericht von GalloSuisse. Das regnerische Wetter und die tieferen Temperaturen im Frühsommer hätten die Nachfrage dann wieder angekurbelt.
Das Marketing funktioniert
Laut dem jüngsten Marktbericht ist zuletzt auch die Nachfrage nach Schweizer Verarbeitungseiern weiter gestiegen. Das sei unter anderem auf eine funktionierende Marketingstrategie zurückzuführen, sagt André Hodel, Ressortverantwortlicher Markt bei GalloSuisse. «Die Bemühungen der Branche zusammen mit der Marketingorganisation Agro-Marketing Suisse steigern das Vertrauen in die Herkunftsgarantie ‹Suisse Garantie›, was bei den Verarbeitern vermehrt wahrgenommen wird», erklärt er. Ausserdem beobachte die Branche, dass in der Verarbeitungsindustrie der Swissness-Gedanke zunehmend eine grössere Rolle spiele.
Der Preis ist ausschlaggebend
Allerdings scheint dieser Swissness-Gedanke eng an den Preis gebunden zu sein: «Bei den Verarbeitungseiern spielt hauptsächlich der Preis eine Rolle, entsprechend volatil reagiert die Verarbeitungsindustrie auf Preisschwankungen», erklärt André Hodel. Und da die Preisdifferenz zu den Importeiern aktuell nun sehr gering sei, steigere dies bei den Lebensmittelherstellern auch die Nachfrage nach Verarbeitungseiern aus Schweizer Produktion.
Die geringe Preisdifferenz zu Importeiern hat laut André Hodel verschiedene Gründe: «Einer der Hauptfaktoren ist sicher die Teuerung der Futtermittel, was wiederum die Tier- und Betriebskosten beeinflusst.» So seien in Deutschland die Kosten für Futter seit 2022 teilweise um über 60 Prozent gestiegen und viele Produzenten hätten sich daher entschieden, keine Hennen mehr einzustallen, weil die Produktionskosten nicht mehr gedeckt waren.
Kostensteigerungen und Vogelgrippe
Zusätzlich hätten sich die Produktionskosten durch den Ausstieg aus dem Kükentöten erhöht, führt André Hodel weiter aus. «Zusätzlich zum Kükenpreis von 70 Eurocent müssen die Produzenten nun ausserdem 3,50 Euro für die Geschlechtsbestimmung bezahlen», erklärt er. Und auch bei den Brütereien selbst habe der Ausstieg aus dem Kükentöten Folgen gehabt und zu einem Brütereisterben geführt. «Die Brütereien konnten die hohen Investitionen nicht stemmen oder die Kosten nicht weitergeben und mussten schliessen», so André Hodel. Von ehemals 19 Brütereien gebe es heute nur noch deren 10.
Darüber hinaus habe insbesondere die Vogelgrippe weltweit zu einer prekären Situation geführt. «In der EU haben die vielen Vogelgrippefälle zusätzlich zu einem Rückgang der Produktion führte – von 400 Millionen Legehennen wurden über 40 Millionen gekeult», erläutert André Hodel. Hinzu kamen Vogelgrippefälle in den USA, Grossbritannien und der Ausfall der Eierproduktion in der Ukraine, einem bedeutenden Eierproduzenten. Diese Länder hätten ihre fehlenden Eier auf dem EU-Markt eingekauft und auch die Türkei, welche das Exportgeschäft nach Südostasien von der Ukraine übernommen habe, hatte infolgedessen natürlich auch zu wenig Eier und auch diese Eier wurden auf dem europäischen Markt eingekauft. «Somit überstieg die Nachfrage das Angebot bei Weitem und die Preise kennen entsprechend nur eine Richtung – und zwar nach oben», erklärt André Hodel.
Unberechenbarer Eiermarkt
Und obwohl sich die Situation auf dem Schweizer Eiermarkt unter anderem aufgrund der Probleme im Ausland derzeit etwas ruhiger präsentiert, bleibe sie dennoch unberechenbar, mahnt André Hodel. Denn auch die hiesige Branche war und ist mit Herausforderungen konfrontiert. Um den Markt zu entlasten, mussten in den letzten zwei Jahren schwierige Entscheidungen getroffen werden: Hennen wurden früher als geplant ausgestallt, Ställe wurden nicht mehr eingestallt, Verträge mit Produzenten wurden gekündigt und den Produzenten wurden Marktentlastungszahlungen abgezogen. «Da die Eierproduktion ein sehr statischer Prozess ist und optimalerweise eine Vorlaufzeit von etwa 1 bis 1,5 Jahren erfordert, konnte die Branche nicht sofort auf die steigende und wieder nachlassende Nachfrage wie während und nach der Coronaviruspandemie reagieren», erklärt André Hodel.
Jetzt, da die Marktentlastungsmassnahmen greifen, nimmt jedoch die Nachfrage nach Schweizer Eiern wieder zu und um diese Nachfrage zu decken, werden kurzfristig mehr Eier importiert. «Es wird jedoch mindestens bis Ende Jahr dauern, bis die Schweizer Produktion wieder ansteigt – dann erwarten wir aber wieder eine ausgeglichene Marktlage», meint André Hodel.
Beim Produktionsausbau ist Vorsicht geboten
Trotzdem warnt er vor einem übermässigen Ausbau der Produktion, insbesondere bei den Verarbeitungseiern: «Es ist gefährlich nun grosse Produktionen für die Verarbeitungsindustrie aufzubauen, denn wenn sich das Preisniveau in der EU wieder senken wird sollte, wird sich erst zeigen was den Verarbeitern nun wichtiger ist – Swissness oder der Preis», so André Hodel. Daher plädiert GalloSuisse für Vorsicht und eine langfristige strategische Ausrichtung.
Insgesamt zeigt sich, dass der Eiermarkt in der Schweiz derzeit unter andere, von einer steigenden Nachfrage nach Schweizer Verarbeitungseiern geprägt ist. Die Bemühungen der Branche, das Vertrauen in die Herkunftsgarantie «Suisse Garantie» zu stärken, tragen dazu bei. Dennoch bleibt die Situation unberechenbar. Die Herausforderungen in der Futtermittelversorgung, die Auswirkungen der Vogelgrippe und die begrenzten Kapazitäten der heimischen Produktion stellen weiterhin Herausforderungen dar. Eine strategische und vorsichtige Herangehensweise ist daher von entscheidender Bedeutung, um den Schweizer Eiermarkt langfristig zu stärken und auf die Anforderungen der Verarbeitungsindustrie zu reagieren.