Neu in den Landrat gewählt wurde «Die Mitte»-Kandidatin Claudia Brodbeck. Die umtriebige Bäuerin aus Biel-Benken amtet unter anderem als Vizepräsidentin des Bauernverbandes beider Basel und ist Schulratspräsidentin des Bildungszentrums Ebenrain. Brodbeck hat bereits Landrat-Luft geschnuppert: «2018/19 bin ich wegen eines Rücktrittes für ein Jahr nachgerückt. Leider habe ich aufgrund der Restmandatsverteilung den Sitz trotz eines guten Wahlergebnisses wieder abgeben müssen», sagt sie auf Nachfrage der BauernZeitung. Nun seien ihrem Wahlkreis zehn anstatt wie zuvor neun Mandate zugeteilt, sodass sich die Gelegenheit auf einen Sitz erneut ergeben habe, berichtet Brodbeck.

Brodbeck bleibt Vizepräsidentin

Die Bäuerin Claudia Brodbeck hat die Wahl in den Landrat geschafft.  (Bild: Benildis Bentolila)
 Trotz ihrer neuen politischen Aufgaben will Claudia Brodbeck ihr Amt im Bauernverband beider Basel weiterhin ausüben. «Ich bleibe unbedingt weiterhin im Bauernverband», bekräftigt sie. Zum einen sei das im Hinblick auf die bäuerliche Interessenvertretung von Bedeutung, zum anderen könne sie ihre Kompetenzen so optimal einbringen, was ihr sehr wichtig sei: «Durch diese Verbindung kann ich meinen fachlichen Hintergrund in den Bereichen Bildung, Raumplanung, Ökologie und Biodiversität gewinnbringend zum Einsatz bringen», ist sie überzeugt. Die Zusammenarbeit und die Informationsflüsse beim Bauernverband liefen sehr gut und sie könne dies wiederum in ihre Tätigkeiten im Kantonsparlament einfliessen lassen, sagt Brodbeck.

Kantonal viel erreichen

Regierungsrat Thomas Weber war OK-Präsident des ESAF 2022.  (Bild: swiss-image.ch/Andy Mettler)
Schliesslich kommt sie auf das politische Miteinander und die Zusammenarbeit über die Fraktionsgrenzen hinweg zu sprechen: «Ich bin überzeugt, dass ich als landwirtschaftliche Fachperson direkt in der Fraktion viel Aufklärungsarbeit leisten und das Stimmverhalten so hoffentlich möglichst positiv beeinflussen kann.» Während ihres ersten Einsatzes im Baselländer Parlament habe sie gesehen, dass man über die Parteigrenzen hinweg fachlich zusammenfinden und Interessen gemeinsam vertreten könne. «Es ist ein grosser Vorteil des Bauernstandes, dass wir Leute ganz unterschiedlicher politischer Couleur in unseren Reihen haben. So können wir über die Parteigrenzen hinweg zusammenarbeiten und etwas erreichen.» Aktuell beschäftigen Claudia Brodbeck das Thema Energieversorgung und die Möglichkeiten, die sich daraus für die Landwirtschaft ergeben: «Ich möchte versuchen, das grosse Potenzial für Biogas und Solarenergie sichtbar zu machen und zu fördern. Ich bin überzeugt, dass wir da kantonal viel erreichen können.» 

Schliesslich räumt Claudia Brodbeck noch ein mögliches Missverständnis aus der Welt: «Mit Marc Brodbeck, Präsident des Bauernverbandes beider Basel bin ich weder verwandt noch verschwägert», sagt sie und lacht herzlich.

Volkswirtschaftsdirektor Thomas Weber wollte nicht mehr antreten

Neben dem Landrat wurde auch der Regierungsrat gewählt. Für die Landwirtschaft entscheidend ist der Rücktritt von Thomas Weber (1961, SVP). Der ETH-Bauingenieur und Mediator gehörte dem Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft seit dem 1. Juli 2013 als Vorsteher der Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion an. In den Amtsjahren 2016/17 und 2021/22 präsidierte er zudem den Regierungsrat.

3,8 Millionen Franken Defizit am ESAF

Thomas Weber hat als OK-Präsident des Eidgenössischen Schwing- und Älplerfests ESAF in Pratteln vergangenen Sommer eine schwierige Zeit hinter sich. Obschon der Grossanlass als gelungen gilt, warf die Meldung eines Defizits von 3,8 Millionen Franken einen grossen Schatten auf das Volksfest. Um einen Konkurs abzuwenden, hat die Baselbieter Regierung dem Landrat deshalb vorgeschlagen, die bereits gesprochenen Ausgaben von 570 000 Franken um weitere 500 000 Franken zu erhöhen. Darüber befindet der Landrat bereits am 16. Februar 2023.

«Ich hätte mir keinen besseren Chef wünschen können.»

Lukas Kilcher, Leiter am Ebenrain

Thomas Weber am Defizit des ESAF zu messen wäre allerdings unangebracht. Wie Lukas Kilcher, Dienststellenleiter am Ebenrain-Zentrum für Landwirtschaft, Natur und Ernährung in Sissach, mitteilt, hätte er sich keinen besseren Chef wünschen können. «Landwirtschaft, Natur und Ernährung liegen ihm sehr am Herzen. Er hat sich stets kompetent in die Dossiers eingearbeitet und ist in der Landwirtschaft gut vernetzt. Thomas Weber hat seine Vorstellungen eingebracht, diese mit unseren Vorstellungen abgeglichen und uns in der Umsetzung den nötigen Handlungsspielraum gegeben. Unsere Zusammenarbeit war stets von gegenseitigem Vertrauen geprägt. Das hat bei mir grosse Energien freigesetzt», sagt Kilcher. «Ein Regierungsrat hat ja viel um die Ohren. Als Gesundheitsdirektor hatte Thomas bestimmt dort die grössten Baustellen. Dennoch hat er sich als Landwirtschaftsdirektor nie rar gemacht für unsere Anliegen und sich immer Zeit genommen, ob für strategische oder agrarpolitische Fragen oder für alltägliche Führungsfragen», ergänzt der Amtschef. Thomas Weber werde ihm als inspirierender, motivierender und konstruktiver Sparringpartner in Erinnerung bleiben, «welcher am Ebenrain jeden Tag das Beste gibt für unsere Landwirtschaft, für unsere Natur und für die Ernährung unserer Bevölkerung», so Kilcher. 

Das Bild ist im Schloss Ebenrain an der Staatsweinkürung vom 14. Juni 2022 entstanden. Links aussen Thomas Weber und rechts aussen Lukas Kilcher. (Bild: Ebenrain)

Der Regierungsrat mit der eigenen kleinen Farm

Mit den Wahlen ist die SVP neu zwar die stärkste Partei im Landrat, sie verliert mit dem Abgang von Thomas Weber aber ihren Sitz im Regierungsrat. Neu ist hingegen die EVP in der Regierung vertreten und zwar mit Thomi Jourdan. Der Ökonom lic. rer. pol. führt als Geschäftsführer seit sieben Jahren ein KMU mit gut 30 Mitarbeitenden im Immobilienbereich. Seine Freizeit verbringe er am liebsten mit seiner Familie oder betätige sich als Hobbygärtner. «So richtig abschalten kann ich bei guter Musik oder ich versuche mich im Handlettering», verrät er auf seiner Webseite. Und: zusammen mit seiner Familie «bewirtschaftet er eine ungenutzte Wiese» in unmittelbarer Nachbarschaft. Die dort weidenden Zwergziegen, Minipigs, Laufenten und Seidenhühner würden nicht nur den neuen Regierungsrat, sondern auch viele Besucherinnen und Besucher aus Muttenz. Der begegnungsort trägt den Namen die kleine Farm.

Jourdan dürfte eigene Vorstellungen haben

Wie am Valentinstag bekannt wurde, übernimmt der neu gewählte Thomi Jourdan die Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion und übernimmt damit auch die Landwirtschaft. Ein Wechsel also von der SVP zur EVP – ist mit Änderungen zu rechen? «Ich habe in den bald zehn Jahren am Ebenrain erfahren, dass die Parteicouleur in der Exekutive weniger stark zum Tragen kommt als im Parlament. Regierungsrätinnen und Regierungsräte sind dafür verantwortlich, dass ihre Dienststellen gut arbeiten können. Ihnen dabei den Rücken zu stärken und Vorhaben politisch gut einzubetten gehört zu den Hauptaufgaben. Diesbezüglich rechne ich nicht mit grundlegenden Änderungen. Ich rechne aber mit eigenen Vorstellungen und Anliegen von Thomas Jourdan und freue mich, diese kennen zu lernen», schliesst Lukas Kilcher.

Der Regierungsrat des Kantons Baselland: Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft setzt sich in der kommenden Legislaturperiode aus den Bisherigen Anton Lauber (Die Mitte, 41 711 Stimmen), Isaac Reber (Grüne, 37 505 Stimmen), Kathrin Schweizer (SP, 35 020 Stimmen) und Monica Gschwind (FDP, 35 008 Stimmen) zusammen – und anstelle des zurücktretenden SVP-Regierungsrats Thomas Weber wird neu Thomi Jourdan (EVP, 26 217 Stimmen) Einsitz nehmen in der Exekutive. Sandra Sollberger erreichte zwar das absolute Mehr (25 080 Stimmen), fällt aber als überzählig aus dem Rennen. Der SP-Kandidat Thomas Noack erreichte 23 764 Stimmen, der GLP-Kandidat Manuel Ballmer erreichte 20 103 Stimmen. Das absolute Mehr lag bei 24 887 Stimmen.

Wie der neuen Sitzverteilung im Landrat zu entnehmen ist, ist die SVP neu stärkste Partei. Die SP fällt vom bisher ersten auf den zweiten Platz. (Bild: Kanton Baselland)