Die Kritik der Schokoladenindustrie an der Nachfolgelösung für das Schoggigesetz sei nicht neu, erklärt Stefan Kohler, Geschäftsführer der Branchenorganisation Milch (BOM) auf Anfrage der BauernZeitung. Es sei von Anfang kritisiert worden, dass nicht alle umgeleiteten Mittel für die Rohstoffverbilligung eingesetzt werden. Denn 20 Prozent der neuen Verkehrsmilchzulage des Bundes sind bis September 2019 in den Fonds Regulierung der BOM geflossen. Seither bleibt das Geld bei den Milchproduzenten.

Ein Kompromiss ist besser als nichts

Bei der BOM hat man Verständnis für die Kritik an dieser Lösung, deren Einrichtung sei aber eine Kompromisslösung gewesen, um den damals noch üblichen Export von Butter zu stützen. «Ohne Kompromiss hätte es gar keine Nachfolgelösung für das Schoggigesetz gegeben», meint Kohler. Das heutige System sei sicher besser als nichts, das habe auch Chocosuisse so gesehen.

Geld für verkäste statt für Verkehrsmilch 

Die 30 Prozent der Bundesgelder, die laut Chocosuisse nicht für die Rohstoffverbilligung eingesetzt werden, setzen sich aus den 20 Prozent für den Fonds Regulierung der BOM und 7 Millionen Franken zusammen, die 2019 von ursprünglichen 79 Millionen Franken des Bundes für die Nachfolgelösung des Schoggigesetzes wegen veränderter Milchmengen schlussendlich nicht für die Verkehrsmilch-, sondern für die Verkäsungszulage verwendet wurden.

Eine Umlagerung ist geplant 

Mit dem derzeitigen Buttermangel dürfte sich die Lage wenigstens aus Sicht der Gelderverteilung für Lebensmittelexporteure wie Chocosuisse bessern. Am 30. September hat die BOM nämlich entschieden, ab dem 1. Januar 2021 die Hälfte des Fonds Regulierung in jenen für die Rohstoffverbilligung umzulenken. Davon profitieren neben der Schokoladenindustrie auch die Bereiche Baby Food, Glace und Biscuits von zusätzlichen 7 Millionen Franken.

 

Zahlen zur Schweizer Schokoladenindustrie

  • 32,3 Prozent des Schweizer Zuckers und
  • 8,4 Prozent der Schweizer Milchproduktion werden zu Schweizer Schokolade verarbeitet
  • Über 200'000 Tonnen Schweizer Schokolade werden pro Jahr verkauft, gut ein Viertel davon im Inland. (Zahlen von 2019)
  • 16 Schokoladenfabriken gibt es in der Schweiz (Stand 2020),
  • in denen knapp 5'000 Mitarbeitende beschäftigt sind
  • 2019 generierte die Schweizer Schokoladenindustrie einen Umsatz von 1,787 Millionen Franken. 

Vor allem eine Forderung an die Politik

«Es ist schon nicht ganz in Ordnung, nun den Schwarzen Peter für den Umsatzeinbruch der Nachfolgelösung für das Schoggigesetz zuzuschieben», räumt Stefan Kohler ein. Er habe aber Verständnis für die schwierige Lage der Schokoladenindustrie aufgrund der Corona-Krise und versteht die Mitteilung von Chocosuisse primär als Appell an die Politik, bessere Rahmenbedingungen zu schaffen. Höhere Kredite für Verkehrsmilch- und die Verkäsungszulage würden sowieso Sinn machen.

Man kommt den Verarbeitern beim Preis entgegen

Generell scheint das Verhältnis und auch die Kommunikation der Schokoladen- und der Milchbranche gut zu sein. «Ausserdem kommen die Lieferanten den Verarbeitern in Preisverhandlungen entgegen und tragen die teureren Rohstoffe dadurch mit», ergänzt der Geschäftsführer der BOM. Bei den Produzenten wird dies als vertikale Abzüge auf der Milchabrechnung sichtbar.

«8,4 Prozent der Schweizer Milch wird zu Schokolade verarbeitet. Das ist ein nicht zu unterschätzender Anteil und Schokolade damit ein wichtiger Markt für uns, dessen Wegfall uns schmerzen würde», stellt Stefan Kohler klar.

 

Ohne Grenzschutz geht es nicht

Guido Stäger, CEO der Schweizer Zucker AG schreibt auf Anfrage, die Rohstoffkosten aus der Landwirtschaft würden gesamthaft eine eher untergeordnete Rolle bei den Produktionskosten in der Schweiz spielen. Allgemein sei die Schweiz ein anspruchsvoller Produktionsstandort, mit höheren Produktionskosten in der Landwirtschaft, beim Transport, in der Industrie, aber auch im Detailhandel.

Vergleichsweise niedriger Grenzschutz

Im Vergleich zu anderen landwirtschaftlichen Rohstoffen hat Schweizer Zucker laut Stäger mit 70 Franken pro Tonne einen «sehr geringen» Grenzschutz. Die EU schütze ihren Markt mit 419 € je Tonne Zucker, auch für Exporte aus der Schweiz. Hingegen sind die Einzelkulturbeiträge für Zuckerrüben hoch. «Aus unserer Sicht brauchen wir den Grenzschutz in der aktuellen Höhe, um gegen Billigimporte aus der EU geschützt zu sein», erläutert er. Ohne den aktuellen Grenzschutz sei die Schweizer Zuckerwirtschaft nicht überlebensfähig. 

Mehrwert schwierig zu erklären

«Es ist für die ganze Nahrungsmittelindustrie, auch für die Schweizer Landwirtschaft nicht so einfach den Mehrwert unserer Produkte den Konsumenten zu erklären und sie dann auch für den Kauf von etwas teureren Produkten zu gewinnen», betont Guido Stäger. Laut Chocosuisse sind nämlich die Importmengen bei der Schokolade gestiegen, es wird also vermehrt billige Importschoggi gekauft. 

Allgemein brauche die Zuckerwirtschaft verlässliche Rahmenbedingungen – das gelte auch für die verfügbaren Pflanzenschutzmittel, schlägt der CEO der Schweizer Zucker AG die Brücke zur aktuellen Debatte über Gaucho