«Wenn Gülle zum Problem wird» titelte das «St. Galler Tagblatt» am 31. Mai 2022. In dem Artikel ging es um die Ammoniak-Emissionen und die negativen Auswirkungen auf die Umwelt. Die Landwirtschaft kommt darin sehr schlecht weg. Im Thurgau seien die Emissionen trotz millionenschweren Investitionen in den letzten Jahren kaum reduziert worden. Und im Kanton St. Gallen gebe es keine ernsthaften Bestrebungen, das Problem in den Griff zu bekommen. Der Bericht stützt sich dabei auf eine Studie zur Ammoniakbelastung.
SGBV will pragmatische Lösungsansätze
Als einziger Bauernvertreter kommt Mathias Rüesch, Geschäftsführer des St. Galler Bauernverbandes (SGBV), zu Wort. Er stellt klar:
«Meine Aussagen wurden stark reduziert und sind aus dem Zusammenhang gerissen.»
Mathias Rüesch, Geschäftsführer SGBV
Zum Vorwurf, der Kanton St. Gallen ignoriere das Ammoniak-Problem, sagt er: «Wir gehen diese Herausforderung pragmatisch an, so dass die Massnahmen für die Betriebe tragbar und umsetzbar sind.» Es gebe sehr wohl Bestrebungen, die Emissionen zu senken. «Wir sind daran, die nationalen Vorgaben umzusetzen.»
Rüesch hält fest, dass der SGBV vor mehr als zehn Jahren intensive Gespräche für einen Massnahmenplan Ammoniak führte. «Diese Gespräche scheiterten damals an den kantonalen Finanzen.» Beim diesem Thema seien alle Stakeholder gefordert, findet Rüesch.
Ziele verfehlt, aber Erkenntnisse gewonnen
Der Kanton Thurgau wird im Artikel gerügt, dass es trotz grosser Investitionen kaum Fortschritte zur Reduktion der Ammoniak-Emissionen gegeben habe. Das Reduktionsziel im Rahmen des Ressourcenprojekts Ammoniak des Bundes in den Jahren 2008 bis 2013 wurde demnach um über die Hälfte verfehlt. «Wir haben wichtige Erkenntnisse bezüglich Schleppschlauch gewonnen», hält Jürg Fatzer, Geschäftsführer des Verbands Thurgauer Landwirtschaft (VTL), dagegen.
Die Behauptung, dass es keine kantonale Gesetzgebung zu Ammoniak und zur Gülleausbringung gebe, widerlegt er: «Der Thurgauer Regierungsrat hat Ende 2020 mit dem Massnahmenplan Ammoniak die gesetzliche Grundlage geschaffen, damit die Ammoniakbelastung in der Luft reduziert wird.» Der Massnahmenplan ist seit dem 1. Januar 2022 in Kraft. Immerhin wird im Artikel positiv erwähnt, dass im Kanton seit dem 1. Januar ein Schleppschlauch-Obligatorium gilt.
Landwirtschaft muss sich ständig anpassen
Insgesamt hinterlässt der Bericht den Eindruck, als würde sich die Landwirtschaft kaum bewegen. Jürg Fatzer distanziert sich davon.
«Die Landwirtschaft wurde und wird mit Veränderungen und Anpassungen geradezu überhäuft. Wir sind im steten Wandel und müssen uns in vieler Hinsicht anpassen.»
Jürg Fatzer, Geschäftsführer VTL
Zu behaupten, dass die Landwirtschaft nichts tue, sei völlig ungerechtfertigt. Auch Mathias Rüesch kritisiert die sehr einseitige Berichterstattung. Ein Grossteil des Artikels sei eine ungefilterte Wiedergabe der Studie. «Was die Landwirtschaft bereits macht, wird in dem Artikel sehr elegant ausgeklammert.»
Kommentar der Autorin
Eine ganze Seite widmete das «St. Galler Tagblatt», zu dem auch die «Thurgauer Zeitung» gehört, dem Thema Ammoniak und was die Landwirtschaft alles falsch macht. Dass wir ein Problem mit zu hohen Ammoniak-Emissionen haben, ist unbestritten. Die Landwirtschaft wird in dem Artikel jedoch dargestellt, als hätte sie das Problem überhaupt nicht erkannt und würde nichts dagegen machen. Dieser Eindruck ist schlichtweg falsch.
Dem Kanton St. Gallen wird Ignoranz vorgeworfen, die St. Galler Regierung oder das Landwirtschaftsamt kommen aber nicht zu Wort. Auch ein Zitat von Thurgauer Seite sucht man im Artikel vergebens. Unter «ausgewogener Berichterstattung» verstehe ich etwas anderes.