30 Prozent der Schweine und 16 Prozent des Rindviehs werden hier auf einem Gebiet gehalten, das 3,6 Prozent der Landesfläche entspricht. Die hohe Tierdichte verursacht übermässige Stickstoff- und Phosphoremissionen. Unter Federführung des Forschungszentrums Agroscope ist die Versuchsstation Nährstoffflüsse (VSLU) gestartet (siehe Kasten). Ziel des Projekts: Daten sammeln und aufgrund der Erkenntnisse Lösungsansätze definieren, um die Nährstoffeffizienz zu verbessern und die umweltschädlichen Emissionen zu reduzieren.
Input und Output analysieren
«Wir wollen genau wissen, was ins Tier reingeht und wieder rauskommt», erklärte Corinne Boss, Leiterin Kompetenzbereich Tiere und tierische Produkte. Dazu werden Proben sowohl von Futtermitteln als auch von Hofdünger untersucht und die tatsächlichen Nährstoffflüsse analysiert. Besondere Relevanz erhält das Forschungsprojekt im Zusammenhang mit dem bundesrätlichen Verordnungspaket, wonach die Stickstoff- und Phosphorverluste bis 2030 um 20 Prozent zu reduzieren sind.
Mit der Datenerhebung auf den Betrieben wurde im April begonnen. Unter anderem kommt eine mobile Messstation mit einem Nahinfrarotsensor zum Einsatz. Das moderne Gerät erlaubt es, die Zusammensetzung der Gülle in Echtzeit zu analysieren. Thomas Steinsberger, wissenschaftlicher Projektleiter, verspricht sich viel davon: «Das Warten auf Laborwerte entfällt. Pflanzengerecht und parzellenscharf zu düngen ist nur möglich, wenn Daten über die Hofdünger vorhanden sind.»
Wertschöpfung im Kanton halten
Mit an Bord ist der Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverband (LBV), welcher die 26 Betriebe rekrutiert hat. Er stehe hinter dem Projekt, betonte Präsident Markus Kretz. «Der Klimawandel ist eine zentrale Herausforderung für die Landwirtschaftsbetriebe. Als Hauptbetroffene wollen wir unsern Beitrag leisten.» Der häufig erhobenen Forderung nach einer Reduktion der Tierbestände erteilte er freilich eine Absage.
Zum einen argumentiert er wirtschaftlich: Mit 1,1 Milliarden Franken Umsatz sei Luzern einer der bedeutendsten Agrarkantone. 700 Millionen entfallen auf die Tierhaltung. Aus diesem Grund hätten sich viele vor- und nachgelagerte Betriebe hier angesiedelt. Jeder elfte Arbeitsplatz sei direkt oder indirekt mit der Landwirtschaft verbunden. «Ich unterstütze eine nachhaltige Landwirtschaft, aber es darf nicht sein, dass der Fussabdruck ins Ausland oder in andere Kantone verlegt wird.»
«Fussabdruck darf nicht ins Ausland verlagert werden.»
LBV-Präsident Markus Kretz will keine Reduktion der Tierbestände.
Im Übrigen hätten die Tierbestände 1980 den Höhepunkt erreicht. Seither seien sie, gemessen in GVE, um 20 Prozent gesunken. Er berief sich ausserdem auf den Klimabericht des Kantons. Dieser sehe nicht vor, die Tierbestände zwingend zu senken, sondern der Nachfrage anzupassen.
Es gibt Zielkonflikte in der Tierhaltung
Bezüglich der Emissionen verwies Kretz einerseits auf die bekannten Zielkonflikte zwischen Tierwohl und Umweltschutz. Anderseits erwähnte er die bereits laufenden Massnahmenpläne und Ressourcenprogramme zur Emissionsreduktion. «Wir wollen den Tierbestand halten, dafür stehe ich ein. Aber wir wollen besser werden, wollen ein Vorzeigekanton sein in Sachen Tierhaltung.» Er schloss mit einem Appell an die Politik, die Umweltverbände, die Medien sowie an Konsumentinnen und Konsumenten: «Respektieren und anerkennen Sie, was wir bereits heute für die Umweltzielerreichung leisten.»
Die in Sursee angesiedelte Versuchsstation Nährstoffflüsse (VSLU) ist breit abgestützt. Nebst Agroscope sind der Kanton Luzern, Agridea, LBV, ZMP und Suisseporcs beteiligt. Im Zentrum stehen 26 über den ganzen Kanton verteilte Bauernbetriebe, auf denen die Daten erhoben werden. Sie bilden bezüglich Grösse, Bewirtschaftungsart (intensiv/extensiv) und Höhenlage die ganze strukturelle Vielfalt ab. «Wir wollen verstehen, wieso welche Betriebe diese oder jene Stoffflüsse haben», sagte Projektleiter Thomas Steinsberger. «Deshalb brauchen wir einerseits unterschiedliche, anderseits auch ähnliche Betriebe, damit wir Strukturen untereinander und gegeneinander vergleichen können.»
Weil in der VSLU Forschung, Praxis und Beratung eng zusammenarbeiten, erwarten die Beteiligten praxistaugliche Lösungen. Der Wissenstransfer erfolgt laut Steinsberger nicht einfach vertikal, sondern ebenso horizontal: «In diesem Betriebsnetzwerk können auch Landwirte von Landwirten lernen.» Das Projekt ist auf acht Jahre ausgelegt. In Regionen mit einer hohen Tierdichte sei das Erreichen der Klimaziele besonders herausfordernd, räumte Regierungsrat Fabian Peter ein. «Deshalb ist der Kanton Luzern der richtige Standort für dieses Projekt.» Den Schlüssel zum Erfolg für tragfähige Lösungen sieht er in technischem Fortschritt, Innovation und Forschung.