Wer Pferde hält, kennt die Problematik bestens: "Häufig muss eine Weide verschiedensten Bedürfnissen gerecht werden. Beispielsweise sollte sie Tummelplatz und Liegewiese sein und gleichzeitig genügend Futter liefern. All dies lässt sich jedoch kaum vereinbaren. Ohne Prioritäten zu setzen geht es nicht", stellte Bettina Ehrbar vom Strickhof fest, die den Pensionspferdetag vom 12. Juni in Lindau mit einem Einführungsreferat eröffnete. Besonders herausfordernd werde es, wo die Weide auch zur Futterproduktion dient. Dort sei es notwendig, die Weiden besonders sorgfältig zu pflegen und portionenweise oder als Wechselweiden zu bewirtschaften.
Darmflora anpassen
Wo hingegen die Weide vor allem als Wellness- und Bewegungsplatz dient, so Bettina Ehrbar, drohe die Gefahr der Übernutzung und der Trittschäden. In diesem Fall ist die Pflege der Grasnarbe nicht vorderstes Ziel, hingegen sollte der Weidehygiene besondere Beachtung geschenkt werden. Herausfordernd ist der Weidegang auch in Bezug auf das Tier. "Pferde, die nicht das ganze Jahr weiden, müssen jeden Frühling sorgfältig angeweidet werden, damit sich die Darmflora auf das neue Futter einstellen kann", erklärte Ehrbar.
Gemäss der ETH-Agronomin sollte die Weidezeit anfangs nicht mehr als 10 Minuten dauern und dann täglich ein wenig gesteigert werden, bis die Umstellung nach etwa zwei Wochen vollzogen und die Darmflora angepasst ist. Die Weidezeit muss auch beim Umstellen von einer abgefressenen auf eine frische Weide verkürzt werden. Wie viel Grünfutter ein Pferd aufnimmt, hängt von Faktoren wie Bewuchs, Weidedauer, Rasse, Klima und übriger Ration ab. Je länger der Weideaufenthalt, desto mehr sinkt die stündliche Fressmenge. Als Faustregel für die Grünfutteraufnahme gilt:
- Bei einem 4-stündigen Aufenthalt: Ø 4 kg Futter/Pferd/h
- Bei einem 24-stündigen Aufenthalt: Ø 1,5 kg Futter/Pferd/h
Drohende Verfettung
Auch Brigitta Wichert vom Institut für Tierernährung der Universität Zürich ging in ihrem Referat der Frage nach, wie viel Weide das Pferd verträgt. "Ursprünglich musste das Pferd als Steppentier über weite Strecken nach kargem Futter suchen. Und auch heute noch kommt das Fressverhalten auf der Weide dem natürlichen Fressverhalten am nächsten", stellte die Tierärztin fest. Dennoch drohen laut Wichert zahlreiche der domestizierten Pferde zu verfetten, weil unsere Weiden energiereicher sind als eine Steppe und grosse Mengen an leicht verdaulichen Kohlenhydraten liefern. Das Risiko der Verfettung hängt unter anderem von Typ und Rasse ab und nimmt generell zu, je weniger ein Pferd leisten muss. Daher ist es für viele Pferde unerlässlich, die Futteraufnahme auf der Weide zu regulieren.
Wichert ging auch auf die weideassoziierte Hufrehe ein, die am häufigsten im Frühling und im Herbst auftritt. Diese kommt besonders bei Pferden oder Ponys mit einem Equinen Metabolischen Syndrom (EMS) vor, welches mit Diabetes beim Menschen vergleichbar ist. Betroffene Tiere sind zu schwer oder fallen durch grosse Fettdepots an bestimmten Stellen auf, beispielsweise am Kamm. Leicht lösliche Kohlenhydrate wie Fruktane stehen besonders im Verdacht, diese Stoffwechselerkrankung zu fördern. "Allerdings sind Fruktane vermutlich nicht derart gefährlich, solange ein Pferd nicht eine entsprechende Stoffwechselveranlagung hat", meinte Wichert.
Um Verfettung und in der Folge davon Hufrehe vorzubeugen, ist es nötig, den Weidegang einzuschränken und Futter mit leicht löslichen Kohlehydraten zu vermeiden. Dies gilt auch für die Heufütterung: So enthält Heu kurz vor oder bis in der Blüte und im zweiten Schnitt einen eher höheren Fruktangehalt. Bodentrocknung ist eine Möglichkeit, den Gehalt zu senken. Auch hilfreich ist es, wenn das Heu vor der Fütterung gewaschen wird, da Fruktane teilweise gut wasserlöslich sind und sich ihr Gehalt auf diese Weise reduzieren lässt.
Selektives Entwurmen
Wo Pferde auf der Weide gehalten werden, ist auch mit Wurmbefall zu rechnen. Dies stelle jedoch für ein gesundes Pferd keine Bedrohung dar, wie Hubertus Hertzberg vom Institut für Parasitologie an der Universität Zürich betonte. Dennoch: "Über 50 Jahre lang wurde empfohlen, Pferde ungeachtet ihrer Haltungsbedingungen und ihres tatsächlichen Parasitenbefalls zu entwurmen", stellte der Tierarzt fest. In der Folge hätten sich mit der Zeit resistente Wurmpopulationen gebildet, denen mit den gängigen Entwurmungsmitteln nicht mehr beizukommen ist. Da die behandelten Pferde nicht klinisch krank waren, fiel dieser Wirkungsverlust nicht weiter auf. "Wenig bekannt ist auch, dass die mit den herkömmlichen Mitteln behandelten Pferde nicht hundertprozentig parasitenfrei sind", sagte Hertzberg. Mit ihren Empfehlungen für ein selektives Behandlungskonzept hatten die beiden Vetsuisse-Tierspitäler Zürich und Bern laut Hertzberg vor einigen Jahren einen neuen Weg eingeschlagen. Darauf basierend wird ein erwachsenes Pferd ab vier Jahren zunächst viermal jährlich auf Parasiten kontrolliert. Beim Nachweis auf eines konstant tiefen Infektionsniveaus können die Untersuchungsintervalle reduziert werden. Die in der Schweiz zwischen 2013 und 2018 durchgeführten Untersuchungen zeigten, dass nur bei 8,5% der Kotanalysen der Schwellenwert überschritten wurde und eine Entwurmung erfolgte. In vielen Fällen konnten therapieresistente Parasitenpopulationen erkannt und eliminiert werden.
Übersaat lohnt sich
"Mit einer Übersaat auf einer Pferdeweide können Lücken und lichte Stellen gefüllt werden. Jedoch sollte man damit nicht warten, bis sich bereits Unkraut ausgebreitet hat", sagte Ramona Ammann von der Höheren Fachschule am Strickhof. Gemeinsam mit Carmen Weinberg stellte sie die Ergebnisse eines Übersaat-Versuchs direkt auf einer Pferdeweide am Strickhof in Lindau vor. Dabei wurden verschiedene Übersaaten-Mischungen (OH 485, UFA 485, Pavo Pferdeweide, Agro BS) sowie eine Kontrollgruppe ohne Übersaat miteinander verglichen. Wie sich heraus stellte, lag der Jahresertrag bei allen Übersaat-Versuchen deutlich höher als bei der Kontrollwiese. Auch der Rohproteingehalt lag bei allen Übersaatvarianten höher, während der Zuckergehalt tiefer lag. Eindrücklich, wie deutlich erkennbar sich die Pferdeweide in den verschiedenen Übersaatflächen verbessert hatte.
Wahl der Maschine
Stephan Berger vom Fachbereich Landtechnik am Strickhof empfahl, die Weide vor dem Übersäen intensiv zu striegeln. Es sei wichtig, Moos und Unkraut zu entfernen und trocknen zu lassen. Anschliessend könne gesät werden. Dazu gebe es verschiedene Verfahren, von Hand oder maschinell. Ideal ist eine Saattiefe von 1 bis 2 cm und anschliessendes Anwalzen. "Nach dem Säen soll die Wiese in den ersten zwei Wochen weder beweidet noch befahren werden", mahnte Berger.
Danach sei es aber empfehlenswert, zu weiden, damit der Altbestand nicht zur Konkurrenz zum noch jungen Gras wird. Zur Sprache kam auch die Wahl der richtigen Maschine. Striegel für den Getreidebau sind häufig sehr breit, es gibt jedoch auch Varianten für den Reitplatzplaner. Berger: "Wer sich nicht sicher ist, könnte auch mal einen Striegel ausleihen, beispielsweise beim Biobauer aus der Nachbarschaft."