Da etwa 80 Prozent aller einheimischen Blüten von der Westlichen Honigbiene (Apis mellifera) bestäubt werden, spielt die Biene unter den Bestäubern die grösste ökologische Rolle. Die restlichen 20 Prozent werden von Hummeln, Wildbienen, Wespen und Schmetterlingen bestäubt, wobei diese im Vergleich zur Biene häufig auf eine Blütenart spezialisiert sind.

Die Honigbiene ist somit hauptverantwortlich für gute Ernten und Artenvielfalt. Umso erschreckender immer wieder von grossen Verlusten von Bienenvölkern zu lesen. Zum einen gehen diese auf das Konto der Varroa-Milbe, zum anderen werden die Verluste dem sogenannten Colony Collapse Disorder (CDD) - auf Deutsch meist als «Bienensterben» bezeichnet - zugeordnet. Vor allem seit 2003 nehmen die Bienenbestände in ganz Europa ab, auch in der Schweiz. Beim CDD verschwinden über die Winterphase die Arbeiterinnen aus bisher ungeklärten Gründen und lassen die Königin, die Brut und auch Nahrung zurück, was in der Folge zum Aussterben dieses Volkes führt.

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Ökologie trifft auf Ökonomie

Das Zentrum für Bienenforschung (ZBF) von Agroscope weist darauf hin, dass der volkswirtschaftliche Nutzen eines Bienenvolkes bei etwa 1500 Franken pro Jahr liege. Würden zudem Feldkulturen wie Ackerbohnen, Raps und Sonnenblumen, Saatgut wie Luzerne oder Rotklee sowie Gemüsekulturen wie Bohnen, Tomaten oder Gurken miteinbezogen, sei der Wert sogar noch höher anzusetzen. Dazu komme der monetär kaum einzuschätzende Wert der Bestäubung von Wildpflanzen.

Das ist die eine Seite – und auch das Hamburger Startup-Unternehmen Beesharing fokussiert zum einen auf diese Bestäubungsleistung der Bienen. «Bee Sharing» bedeutet auf Deutsch «Bienen teilen». «Wir stellen immer wieder fest, dass durch Bienen bestäubte Flächen deutlich ertragsstabiler sind, eine bessere Qualität der Früchte hervorbringen und auch grössere Erntemengen erzielt werden», sagt der Mitgründer von Beesharing und Bestäubungsimker Nils Gerber. Das ist die ökonomische Seite des Ganzen. Die andere sei: «Wir möchten, dass landwirtschaftliche Flächen wieder bienenfreundlicher und artenreicher werden», sagt Gerber.

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Ein Algorithmus im Dienst der Bienen

Und so versuche Beesharing Ökonomie und Ökologie zusammenzubringen. Und zwar auf digitalem Weg, sagt Nils Gerber. Der digitale Bestäubungsrechner sei dabei das zentrale Instrument.

Und das funktioniert so: Stellt der Landwirt fest, dass die Erträge auf gewissen Parzellen sinken oder sich nicht weiter steigern lassen, kann er die wichtigsten Angaben zu seinem Betrieb, seinen Kulturen und der Bienensituation vor Ort eingeben: Art der Kultur, Art der Bewirtschaftung (konventionell oder Bio), Grösse und geografische Lage der Anbaufläche, Einschätzung der Wildbienensituation sowie mögliche Konkurrenztrachten in der Nähe. Eine Konkurrenztracht-Situation ist zum Beispiel dann gegeben, wenn man selber eine Heidelbeerkultur anlegt, die bestäubt werden sollte, der Nachbar jedoch ganz in der Nähe Raps angebaut hat. In diesem Fall ist der Raps für die Bienen so verlockend, dass sie an den Heidelbeersträuchern geradewegs vorbeifliegen und nur auf dem Rapsfeld ihre Bestäubungsleistung vollbringen.

Sind die benötigten Angaben eingegeben worden, beginnt eine komplexe Berechnung aufgrund dieser Angaben, wissenschaftlichen Erkenntnissen sowie Wetterdaten. Mit Hilfe dieses Algorithmus wird die benötigte Anzahl Bienenvölker für die zu bestäubenden Flächen und die zu empfehlende Mischung der Insekten berechnet. Denn auch die Zusammensetzung der Insektenarten scheint in Sachen Bestäubung eine wichtige Rolle zu spielen. Bee Sharing hat Honigbienen für den Acker- und Gartenbau im Angebot, aber auch Wild- und Mauerbienen sowie Hummeln.

Nachdem der Bestäubungsrechner den Bedarf errechnet hat, kann der Landwirt mit einem Klick die Bestellung auslösen und die gewünschten Bestäuber, wie Hummeln und Mauerbienen, werden mit dem Auto des jeweiligen Imkers in praktischen Kartonboxen direkt zur bestäubenden Fläche geliefert.

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Regionalität als Vorteil

Damit die georderten Bienenvölker dabei nicht den langen Weg von Hamburg nach München antreten müssen, werden über ein digitales Netzwerk, das Beesharing aufgebaut hat, Landwirte und Imker aus derselben Region zusammengebracht. Was an gewisse Dating-Apps erinnert, hat grosse Vorteile. «1400 Imker mit einem Angebot von über 30'000 Bienenvölkern werden regional mit Landwirten ‘gematcht’», sagt Nils Gerber. Der Landwirt erhalte so die gewünschte Anzahl Völker von einem einzigen Imker in seiner Region und müsse nicht mühsam die Völker mehreren Imkern zusammensuchen.

Beesharing sei noch immer damit beschäftigt den Algorithmus weiter zu verfeinern, sagt Nils Gerber. Vor allem sei man aktuell daran, über Schnittstellen zusätzlich Daten von anderen Datenbanken miteinfliessen zu lassen. Da es eine Rolle spielt, welche Parzellen (Schläge) mit welchen Kulturen bebaut werden, macht dabei etwa die Anbindung an die Datenbank eines elektronischen Feldkalenders oder einer digitalen Schlagkarte Sinn. «So können mögliche Konkurrenztrachten sofort erkannt und miteingerechnet werden. Eine weitere Rolle könnten dabei auch Satellitenbilder spielen», sagt Gerber.

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