AboAuf immer mehr Schafbetrieben kann aufgrund von Resistenzen kaum noch Entwurmungsmittel eingesetzt werden. (Bild Martin Schafer)TierhaltungSchafe entwurmen geht auch andersMittwoch, 29. November 2017Wer Schafe oder Ziegen hält, muss sich früher oder später mit dem Thema Entwurmen befassen. Am Fachtag Schafe und Ziegen, der am 6. Dezember 2022 am Plantahof stattfand, wurde aus diesem Grund der Bekämp­fung von Magendarmwürmern ein Programmpunkt eingeräumt. Die Agronomin Edith Paradis erwähnte die wichtigsten Punkte für das Entwurmungsmanagement. Des Weiteren informierte sie über das Projekt Swiss Tann Feed der Hochschule Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL), das die Wirkung von Tannin im Futter untersucht.

Beim Roten Magenwurm den Tierarzt beiziehen

Edith Paradis startete ihr Referat mit einem kurzen Einführungsteil über die verschiedenen Endoparasiten und deren Lebenszyklen. Gemäss Paradis war der Rote Magenwurm (Haemonchus contortus) dieses Jahr ein grosses Thema. «Das Problem bei diesem blutsaugenden Parasit ist der Massen­befall», so Paradis. Die Würmer leben im Labmagen. Ein weiblicher Wurm kann bis zu 5000 Eier pro Tag produzieren. Kranke Tiere sind bleich, haben einen sogenannte Flaschenhals (Ödem am Unterkiefer) und fallen durch Leistungsabfall auf.

Paradis riet dazu, solche Tiere nicht normal zu entwurmen. «Sie sind meist so stark befallen, dass sie nach einer Kur sterben würden.» In diesem Fall solle man den Tierarzt beiziehen, der dem Tier eine Infusion gibt und es mit einem spezifischen Mittel behandelt. Normalerweise ist die Befallszeit von Mitte Juni bis Mitte September. In der Westschweiz habe man dieses Jahr schon Mitte Mai die ersten Fälle gehabt, berichtete sie.

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Nie die ganze Herde gleichzeitig entwurmen

Bei der Entwurmung sollte man nie alle Schafe oder Ziegen gleichzeitig behandeln, sondern höchstens 80 bis 90 Prozent.

«Wird die ganze Herde behandelt, überleben nur die resistenten Würmer. Das birgt die Gefahr, dass Entwurmungsmittel ihre Wirkung verlieren.»

Edith Paradis zur Entwurmungsstrategie

Wenn man einen Teil der Herde nicht entwurme, habe man hingegen empfindliche wie auch nicht empfindliche Würmer, was die Bekämpfung vereinfache.

Paradis nannte weitere Regeln, die es zu beachten gilt. So sollte eine Behandlung nur erfolgen, wenn die Schafe oder Ziegen Krankheitssymptome zeigen oder noch besser nach einer positiven Kotprobe. Sie wies ausserdem darauf hin, dass kein Weidewechsel stattfinden darf, solange die Tiere behandelt werden.

Prävention durch Weidemanagement

Die Schaf- und Ziegenhalter können aber auch präventiv einiges machen, um den Parasitendruck auf den Weiden tief zu halten. In einem nachhaltigen Parasitenmanagement kommt dem Weidesystem deshalb eine grosse Bedeutung zu. Edith Paradis zählte einige Präventionsmassnahmen auf:

  • Feuchte Stellen auszäunen
  • Tränke wenn möglich auf einem befestigten Platz
  • Weidezyklus von mindestens sechs Wochen einhalten
  • Parzelle nie länger als zwei Wochen am Stück beweiden
  • Nicht zu tief weiden
  • Weide- und Schnittnutzung kombinieren
  • Misch- oder Wechselweiden mit anderen Tiergattungen

Zum letzten Punkt bemerkte Paradis: «Weil Pferde und Rinder die infektiösen Larven zwar aufnehmen, aber zum grössten Teil neutralisieren, sinkt der Wurmdruck für die Schafe und Ziegen.» Bei einer zeitgleichen Beweidung von Kleinwiederkäuern und Rindern sei Vorsicht geboten. Schafe und Ziegen können Träger des Ovinen Herpesvirus sein. Eine Übertragung des Virus auf Rinder endet für letztere meist tödlich, denn die Krankheit kann nicht behandelt werden. 

Positive Effekte durch Alpung

AboAlphirt Andrea Tuena mit den beiden Hütehunden Fiori (vorne) und Jara. Sie haben die Herde stets im Blick.AlpwirtschaftAndrea Tuena ist unterwegs mit 500 Schafen und ZiegenDonnerstag, 13. Oktober 2022Einen positiven Effekt gegen Magendarmwürmer kann die Alpung haben. «Sind die Tiere auf der Alp, sinkt während dieser Zeit der Wurmdruck auf den Heimweiden.» Zugleich können die leeren Stallungen gründlich gewaschen werden. Eine Teilnehmerin wies darauf hin, dass mit den Herdenschutzmassnahmen, konkret viele Tiere im Nachtpferch auf engem Raum, das Problem von Parasitenbefall steige. Sie sprach sich zudem gegen das «permanente Zwangsentwurmen» aus.

Ein Teilnehmer wollte wissen, welche Wirkung Farn hat. «Ob das einen Effekt hat, weiss ich nicht. Die Tiere holen sich, was sie brauchen, wenn sie die Möglichkeit haben», antwortete Edith Paradis. Ein weiterer Teilnehmer ­berichtete von positiven Erfahrungen mit Kalkstickstoff auf den Wiesen zur Dezimierung des Leberegels. Er wollte wissen, ob es wissenschaftliche Studien dazu gibt. Paradis entgegnete:

«Wenn etwas in der Praxis funktioniert, braucht es nicht zwingend Theorie, um das nachzuweisen.»

Edith Paradis zur Düngung von Kalkstickstoff

Tannin hatte kaum Wirkung gegen Würmer

AboKleinwiederkäuer leiden häufig unter Parasiten. Gesucht ist ein natürliches Entwurmungsmittel, das keine Resistenzen bewirkt.HAFLMit SwissTannFeed gegen Parasiten bei KleinwiederkäuernDonnerstag, 15. September 2022 Edith Paradis stellte das Projekt Swiss Tann Feed vor, an dem die HAFL, das Departement Architektur, Holz und Bau und der Futterhersteller Kunz Kunath beteiligt sind. Aus Fichtenrinde wird ein Pulver gemacht, woraus ein Kraftfutter mit 1 Prozent und 2 Prozent Tanningehalt hergestellt wurde.

Beim Versuch machten zwei Ziegenbetriebe und ein Schafbetrieb mit. Anhand der Kotproben wurde untersucht, ob das Tannin eine Reduktion der Anzahl Würmer bewirkt. «Wir konnten keine deutliche Reduktion feststellen», fasste sie zusammen. Sie kündigte an, dass man in einem nächsten Schritt die Tannin-Konzentration erhöhen werde. Geplant ist, das ­Futter als Kur, also intensiv über einen kurzen Zeitraum, einzusetzen. «Wir bleiben dran», versprach Paradis.