Gody Schranz, der Wirt vom Gasthof Löwen Kernenried erinnert sich an eine Steigerung im Berner Dorf, welche die Bauern zu Höchstform habe auflaufen lassen. «Das war an der Steigerung von Haldimann», beginnt Schranz im Erinnerungsschatz zu kramen. Als Wirt habe er damals die Gastronomie des Anlasses unter sich gehabt. Unzählige Besucherinnen und Besucher seien gekommen, um an der Gant dabei zu sein. [IMG 2]
Und noch ein Hunderter mehr … und noch einer… und noch einer
Von jenem Anlass, der im Jahr 1983 stattgefunden habe, ist ihm nicht nur in Erinnerung geblieben, dass er am Abend weitgehend leergekauft war, sondern auch, wie Alois Wyss ein Kalb zu einem Höchstpreis versteigert hatte. «Alois Wyss hat an jener Auktion einem Mädchen ein Kalb verkauft», erzählt Schranz weiter. 4000 Franken habe der gewiefte Gantrufer dem Mädchen, oder besser gesagt, dessen Vater, aus der Tasche entlockt. «Er hat immer auf die andere Seite geblickt und dann wieder zurück zu diesem Mädchen», sagt Schranz. «Und bei jedem Blick ist er 100 Franken rauf. Und das Mädchen hat immer wieder genickt, weil ihm der Vater gesagt hatte, dass der, der zuletzt nickt, das Kalb schliesslich auch bekommt», erzählt Schranz. Das Mädchen habe das Kalb einfach gewollt. Es sei eine hervorragende Steigerung gewesen, erinnert sich der Wirt. Denn nicht nur er habe seinerzeit Geld verdient, «sondern dr Gantrüefer äuä am Vieuschtä», fasst der gebürtige Oberländer im breiten Berndeutsch zusammen.
Ein Grossandrang im Dorf
An dieser Auktion hatte Gody Schranz zwei Helfer an die Kasse gestellt, welche beim Servicepersonal das Geld für das einziehen mussten, was diese vorher in der Festwirtschaft verkauft hatten. Danach gingen die Serviererinnen ans Buffet mit Zetteln, um das Bestellte zu fassen und der Kundschaft zu servieren. «Nach zehn Minuten habe ich diese Übung abgebrochen», erinnert sich der Gody Schranz. Er habe die beiden Männer ans Buffet geschickt und die Serviererinnen geheissen, direkt einzukassieren und zu servieren. «Bringen und Einziehen, das Trinkgeld separat», war der Befehl. Alles andere hätte beim Grossandrang an der Auktion in Kernenried viel zu lange gedauert.
180 kg Suppenfleisch zu Spatz verkocht
Über 400 Kaffee Lutz hat der Löwen an jenem Tag draussen auf dem Platz der Auktion verkauft. «180 kg Suppenfleisch habe ich verkocht - für Suppe und Spatz; 400 Koteletten und 380 Bratwürste auf dem Grill gemacht und am Abend hatten wir nichts mehr. In der Wirtschaft haben zudem 130 Personen Schnitzel und Pommes frites gegessen. Wir hatten nicht nichts, sondern gar nichts mehr am Abend. Es war wahnsinnig», erinnert sich der Wirt, als wäre es gestern gewesen.
Das Richtige gemacht
[IMG 3] Die junge Frau, die der Wirt in seiner Erinnerung als Mädchen bezeichnet, hatte 1983 also das teure Kalb Sandra aus dem RH-Stier Topper gesteigert und ging zufrieden damit nach Hause. Dabei handelt es sich um Ruth Stoll, Bäuerin aus Kernenried, die damals noch ledig den Namen Bütikofer trug. Sie war sicher, sie hatte mit dem teuren Kauf das Richtige gemacht.
Viel geleistet und nichts hinterlassen
Die Jahre vergingen. Aus Fräulein Bütikofer wurde Frau Stoll und aus dem Kalb eine Kuh, die auf dem Betrieb gute Dienste tat. Als die Kuh in die Jahre gekommen war und 1996 dann ihr letzter Gang anstand, ging Ruths Mann Matthias Stoll mit der Topper-Kuh zum Schlachtviehmarkt. Geleistet habe diese Kuh viel, aber züchterisch hinterliess sie im Stall der Familie Stoll leider nichts. Wie es anscheinend bei diesem Stier in Schweizer Ställen nicht selten der Fall war.